Archiv für den Monat: August 2014

Verbesserungsfähiges Informationssystem an den Stationen und in den Zügen

Erst neulich habe ich es wieder einmal erlebt, dass die Anzeigetafeln an den Stationen die Realität nicht abbilden:

7.8.2014, Stuttgart Hauptbahnhof tief 19:45, Gleis 102. Ich warte auf die S3 nach Waiblingen. Nun kommt die Anzeige S4 Marbach und der Zug fährt ein. Ich ärgere mich, denn ich nehme an, dass die S3 wieder einmal so viel Verspätung hat, dass ich den letzten Bus direkt zu mir nach Hause wohl nicht erreiche. Ich habe der Anzeige vertraut und bin natürlich nicht in die Bahn eingestiegen. Das war ein Fehler, denn es war entgegen der Anzeige und Ansage doch die S3. Auch der nachfolgend einfahrende Zug wurde falsch angezeigt. Ich habe den Bahnmitarbeiter im auf dem Bahnsteig stehenden Häuschen namens Fahrgastinformation darüber informiert. Er hatte es noch gar nicht bemerkt und war nicht in der Lage, die Fahrgäste über die Diskrepanz zu informieren, sondern hat lediglich zum Telefonhörer gegriffen.

Als zweites Beispiel zeigt das unten stehende Bild aus Bad Cannstatt, dass die Anzeigen teilweise auch schwer verständlich sind. Hoffentlich haben die auf die S2 wartenden Fahrgäste in Stuttgart-Bad Cannstatt auch die etwas schwierig zu lesende Laufschrift auf der Anzeigetafel gelesen, sonst hätten sie nämlich umsonst gewartet.

Anzeigetafel in Bad Cannstatt

Anzeigetafel in Bad Cannstatt

Ist es so schwierig, für solche Fälle eine gut lesbare und verständliche Anzeige einzuprogrammieren?

Beispiel Nr. 3: Im Bahnhof Waiblingen ist mir schon mehrfach aufgefallen, dass die Uhr für das Informationssystem nachgeht, d.h. an der Sammelanzeigetafel am Abgang zur Bahnsteigunterführung waren Züge aufgeführt, die schon vor ein paar Minuten abgefahren waren oder gleich einfahren. Dumm, wenn jemand meint, er könne vor der Abfahrt seines Zuges noch schnell eine Zeitung kaufen.

Monitore in den Zügen

Auf den Monitoren in den S-Bahn-Zügen der neuen Baureihe 430 (und bereits umgerüsteten Zügen der Baureihe 423) werden die nächsten Stationen und gegebenenfalls die Anschlussinformationen zu anderen S-Bahnen, Zügen, Straßenbahnen und Bussen angezeigt.

Monitor mit nächsten Halten

Monitor mit nächsten Halten

Im Prinzip eine feine Sache. Doch leider ist nur die Uhrzeit oben rechts aktuell, die Ankunftszeiten in den weiteren Stationen geben lediglich den Fahrplan wieder. Hat ein Zug Verspätung, treffen die planmäßigen Ankunftszeiten natürlich nicht mehr zu und die angezeigten Anschlüsse werden häufig nicht mehr erreicht.

Der Leser Morgenbummler twitterte von der Anzeige in der S4 kurz vor dem Haltepunkt Favoritepark in Richtung Ludwigsburg-Stuttgart. Um 8:02 wird angezeigt, dass der Zug fahrplanmäßig um 7:55 in Favoritepark ankomme und um 7:58 in Ludwigsburg abfahre. Dummerweise gibt es zu dieser Zeit fahrplanmäßig gar keine S4, da sie erst um 8:01 in Freiberg und um 8:06 in Ludwigsburg abfährt. Morgenbummler twitterte weiter, dass der falsche Fahrplan schon seit einem halben Jahr so angezeigt würde. Klar, Fehler kommen immer vor, Wenn sie aber wie in diesem Fall leicht korrigiert werden können, ist es ein untragbarer Zustand, sie nicht kurzfristig zu beseitigen. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Bahn im Rahmen eines größeren Updates, bei dem Sonderwünsche des VRS einfließen sollen, auch gleich eigene Fehler beseitigen will, die dann ebenfalls vom VRS bezahlt werden.

Gelegentlich stimmt auch die Angabe der Seite des Ausstiegs nicht, nämlich dann, wenn der Zug nicht am fahrplanmäßig vorgesehenen Bahnsteig, sondern an einem anderen hält. Dann muss der Triebwagenführer die automatische Anzeige und Ansage durch eine nachfolgende Ansage korrigieren. Das kann man derzeit auf dem Weg von Fellbach nach Stuttgart im Überfluss erleben. Die automatische Ansage und Anzeige lautet: Nächster Halt Fellbach, Ausstieg in Fahrtrichtung links, der Triebwagenführer korrigiert: Ausstieg rechts. Nächste Ansage: Nächster Halt Sommerrain. Stimmt auch nicht, denn im Moment kann die S2/S3 wegen Erneuerung der S-Bahn-Gleise in Sommerrain und Nürnberger Straße überhaupt nicht halten. Korrektur: Nächster Halt: Bad Cannstatt. Nächste Ansage: Nächster Halt Nürnberger Straße, Korrektur: Nächster Halt Bad Cannstatt. Nun muss jemand einen Reset ausgelöst haben, denn die nächste Ansage lautete: Nächster Halt Stuttgart Hauptbahnhof. Korrektur: Nächster Halt Bad Cannstatt.

Anschlussinformationen in den Zügen

Informationssystem in den Zügen der BR 430

Informationssystem in den Zügen der BR 430

Leider werden im obigen Beispiel Anschlüsse angezeigt, die selbst bei pünktlicher Ankunft nicht erreichbar sind: Bei Ankunft im Hauptbahnhof tief um 18:45 Uhr schafft es kaum jemand, die Stadtbahn um 18:48 nach Stammheim oder den Bus um 18:48 zum Killesberg zu erreichen. Dass auch noch Informationen ausgerechnet für eine Fahrt zurück (18:45 Uhr zurück zum Flughafen oder 18:48 zurück zur Schwabstraße) angezeigt werden, ist eigentlich Platzverschwendung auf dem Monitor. Von all den angezeigten Anschlüssen ist allenfalls die S-Bahn nach Weil der Stadt um 18:48 für den Fahrgast verwertbar.

Unglücklicherweise werden auch bei Verspätung des S-Bahnzuges nur die fahrplanmäßigen Anschlüsse angezeigt und leider nicht durch die tatsächlich erreichbaren ersetzt. Im obigen Beispiel wird bei einer Verspätung von 2 min kein einziger dieser Anschlüsse erreicht.

Ganz unverständlich für den Fahrgast sind die betrieblich-technischen Abkürzungen der Züge, Stadtbahnen und Busse auf dem Monitor. Wie soll er denn  wissen, dass sich hinter S7379 die S-Bahn-Linie S3, hinter S7660 die Linie S6, hinter STB6536 ein Stadtbahnzug der Linie U5 und hinter BUS38845 ein SSB-Bus der Linie 44 verbirgt? Viel wichtiger zu wissen wäre doch, auf welchen Bahn- oder Bussteig sich der Fahrgast begeben sollte.

Dazu twitterte die DB Bahn am 20. August 2014:

Die Problematik ist vor Ort bekannt. Änderung ist bereits beauftragt, Softwareumstellung erfolgt bis Ende 2014.

Man darf gespannt sein.

Nochmals: Die Anzeigen vor allem in den neuen S-Bahntriebwagen sind sehr zu begrüßen. Aber für die tägliche Praxis gibt es reichlich und dringend Verbesserungsbedarf!

Rede von Christoph Ozasek bei der 234. Montagsdemo am 18.8.2014 zum S-Bahn-Chaos

Der Regionalrat Christoph Ozasek (DIE LINKE) ist Mitglied des Regionalparlaments der Region Stuttgart, Mitglied im Planungsausschuss und Stv. Mitglied im Verkehrsausschuss. Die direkte Veröffentlichung seines Redemanuskripts auf dieser Seite erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Christoph Ozasek.

Liebe Freundinnen und Freunde schöner Kopfbahnhöfe und einer zuverlässigen S-Bahn,

täglich nutzen fast 400.000 Menschen in der Region die feuerroten Nahverkehrszüge. Auf 6 durchgebundenen Linien verbindet die S-Bahn mit 215 Kilometern Schienenstrecke sternförmig Stuttgart und die Städte und Gemeinden in den vier umliegenden Landkreisen. Für viele Gemeinden ist die S-Bahn die Lebensader ihrer Zukunft.

Und ohne diese leistungsfähigen Bahnen würde die Landeshauptstadt Stuttgart längst im Blechstau und Feinstaub ersticken. Würden die hunderttausenden Pendler auf das Auto umsteigen – es ginge nichts mehr auf den Straßen. Eine ökologische und wirtschaftliche Katastrophe wäre die Folge, wenn die S-Bahn für die Pendler dauerhaft nicht mehr die notwendige Verlässlichkeit bietet.

Doch genau dieses Szenario ist nicht ausgeschlossen. Der zentrale S-Bahn-Tunnel ist längst ein betriebliches Nadelöhr, denn er war nie für diese Betriebslast ausgelegt. In der Hauptverkehrszeit reiht sich heute im S-Bahn-Stammast zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße im 2,5 Minuten-Takt eine S-Bahn an die nächste. Die S-Bahn ist betrieblich an der absoluten Auslastungsgrenze angelangt.

Hier zeigt sich seit vielen Jahren die Schwäche eines tunnelgeführten Schienenverkehrs: Wer öffentlichen Personenverkehr in Tunnels verlagert, der will politisch den öffentlichen Transport begrenzen, abschnüren und Ausbauoptionen zunichte machen. Diese Leistungsbegrenzer sind wesentliche Bestandteile von S21 und dienen nur einem Zweck: Der Verkehrslenkung auf die Straße.

Eine zweite Schwäche der S-Bahn ist der Mischverkehr auf 80 % aller Streckenabschnitte mit dem Regional-, Fern- und Güterverkehr. In Störungssituationen erhält der Fernverkehr Vorrang, schlicht aufgrund der Entschädigungsmodalitäten gegenüber den Fahrgästen. Auch dieses Betriebserschwernis ist in der Infrastruktur von S21, insbesondere auf den Fildern, eingeplant worden.

Der wirkliche Skandal und die Ursache für das S-Bahn-Chaos aber ist, dass die Schienen-Infrastruktur auf den S-Bahnstrecken marode und veraltet ist. Leit- und Sicherungstechnik, Weichen, Relais wurden verschlissen, halten dem Hitzestress im Sommer nicht mehr stand.

Die Schienen sind – genauso wie bundesweit die vielen Bahnbrücken und Bahnhöfe – als Betriebsinfrastruktur der Kannibalisierung zum Opfer gefallen. Die notwendige Wartung wurde unterlassen und die Bahn hat jahrzehntelang erst dann Komponenten ausgetauscht als diese unter der Betriebslast versagten, anstatt notwendige Vorsorge zu betreiben!

Und natürlich fehlt es am Personal, insb. hier vor Ort. So sitzt die Betriebszentrale und damit auch das Entstörungsmanagement für die S-Bahn Stuttgart in Karlsruhe. Bei Störungen blättern dort die Beschäftigten in dicken Leitz-Ordnern. Eine automatisierte Heilung durch computergesteuerte Prozesse gibt es nicht, obwohl wir uns nicht erst seit gestern im 21. Jahrhundert befinden.

Das S-Bahn-Chaos ist also keine Naturkatastrophe, sondern Kalkül! Chaos und Stillstand ist kalkuliertes Betriebsprogramm der Deutschen Bahn!

Zuständig für die S-Bahn ist das Regionalparlament, dem ich nun seit 5 Jahren angehöre und auch in der kommenden Amtszeit angehören werde. Es ist als Aufgabenträger politisch verantwortlich für den reibungslosen Betrieb und die Vertragsbeziehungen zur Deutschen Bahn. 2013 wurde der Betrieb mit dem neuen S-Bahn-Vertrag für weitere 15 Jahre – bis 2028 – an die DB Regio vergeben. Die Details dieses 700-seitigen S-Bahn-Vertrags sind indes geheime Verschlusssache.

Und die Bahn weigert sich, – trotz S-Bahn-Chaos und massivem Vertrauensverlust bei den abertausenden betroffenen VVS-Kunden — diesen Vertrag endlich offen zu legen!

Spätestens seit 2010, als die DB die S-Bahn-Rampe am HBF lahmlegte, strahlt Stuttgart 21 für die Öffentlichkeit negativ auf die S-Bahn aus. Und der hochgeheime S-Bahn-Vertrag bindet dem Regionalparlament die Hände. Er immunisiert die DB gegenüber Regressansprüchen durch schlechte Leistung. Die Region hat bewusst jede Möglichkeit aus der Hand gegeben, die DB durch Vertragsstrafen zu sanktionieren. Angesichts der chaotischen Störungsfälle beim S-Bahn-Betrieb ein unhaltbarer Zustand!

Mit Rücksicht auf „Betriebserschwernisse“ im Zuge des Baus von Stuttgart 21 wurde die jährliche „Höchststrafe“ für Verspätungen auf 62.500 Euro gedeckelt. Das ist ein Skandal! Dieses bescheidene Nasenwasser zahlt die DB aus der Portokasse!

Es gibt für die DB keinen finanziellen Anreiz einen stabilen Betrieb sicherzustellen. Da verwundert es nicht, dass die Pünktlichkeit der S-Bahn vier Jahre nach den chaotischen Zuständen an der S-Bahn-Rampe noch immer deutlich unter den Sollwerten liegt und täglich neue Störungsmeldungen den Zeitungen zu entnehmen sind.

Darüber hinaus fehlt es im neuen S-Bahn-Vertrag an Qualitätsstandards, z.B. zur Ausstattung von Bahnhöfen, der Fahrgastinformation oder beim Störungsmanagement. Und die Region verzichtet auf eine eigenständige Qualitätssicherung beim S-Bahn-Betrieb, überlässt also einseitig der Bahn die Kontrolle der Vertragsbestandteile. Das unterstreicht die Machtlosigkeit der politischen Entscheider! Die Region hat als Aufgabenträger auf Blindflug-Modus geschalten!

So jagt ein „S-Bahn-Gipfel“ im regionalen Verkehrsausschuss den nächsten, bei dem die Vertreter der DB mit treuherzigem Augenaufschlag „Besserung“ geloben, während die Regionalräte, die sich selbst mit dem schlechten Vertrag entmachtet haben, in langatmigen Predigten mahnende Worte zum besten geben.

In dieses Bild der Selbstentmachtung passt auch, dass Preiserhöhungen der DB Station und Service für die Nutzung der Schienen Eins zu Eins der Region in Rechnung gestellt werden, ohne dass die Region die Angemessenheit dieser Preissteigerungen prüfen darf. Die Bahn bedient sich also großzügig bei der Region.

Die große Mehrheit des Regionalparlaments hat diese Umstände längst geschluckt. Wir LINKEN waren in den letzten Jahren die einzige Kraft, die in aller Härte diese Missstände angeprangert haben! Alle anderen Fraktionen haben es sich längst auf dem Kuschelsofa der DB bequem gemacht.

Da verwundert es überhaupt nicht, dass quasi alle Initiativen zur Verbesserung der S-Bahn: z.B. die Beseitigung des skandalösen Umstands, dass bis heute nur 1/3 aller S-Bahnhaltepunkte den ohnehin ärmlichen Standards der Barrierefreiheit entsprechen, von übergroßen Mehrheiten abgelehnt wurden!

Und es verwundert auch nicht, dass die jahrelangen Beteuerungen, mit der Neubaustrecke wäre endlich die S-Bahn ins Filstal realisierbar, nun plötzlich wie eine Seifenblase geplatzt sind. Die Göppinger und Geislinger glotzen nun genauso in die Röhre wie die Oberschwaben weitere Jahrzehnte Fürbitten zur Elektrifizierung der Südbahn sprechen müssen.

Liebe Freundinnen und Freude,

leider kann ich euch nicht vermelden, dass es mit der S-Bahn besser wird. Die zehntausenden Pendler, die ihre Anschlüsse verpassen oder zu spät auf der Arbeit ankommen und deswegen Abmahnungen riskieren, sind weiterhin den Versprechungen der Bahn ausgeliefert und müssen sich mit deren Beruhigungsdrops begnügen, z.B. mit prekär beschäftigten Niedriglöhnern die an den Haltestellen Ein- und Aussteigevorgänge optimieren sollen.

Tendenziell wird es für die VVS-Kunden eher schlechter. Der neue „Meilenstein“, die Sperrung des S-Bahn-Abgangs am Hauptbahnhof, beschert den Umsteigern zwischen S-Bahn und dem Regional- und Fernverkehr seit dem 12. August deutliche Erschwernisse. Besonders für Menschen mit schwerem Gepäck, Kinderwagen oder Menschen mit Handicap ist dieser Missstand eine deutliche Zusatzbelastung.

Alle Umsteiger müssen längere Wege zurücklegen und sind mit drangvoller Enge konfrontiert. Das bedeutet Stress und längere Umsteigezeiten denn nur in der großen Schalterhalle sind Rolltreppen vorhanden. Sofern sie denn nicht, wie häufig, durch Störungen ausgefallen sind. Im Extremfall steigt die Umsteigezeit dadurch von 7 auf 13 Minuten, um die um 120 Meter verlegten Bahnsteige zu erreichen.

Liebe Freundinnen und Freunde,

bitte unterstützt und verbreitet unsere Forderung nach einer Nachverhandlung und Offenlegung des S-Bahn-Vertrags, damit die Region endlich mittels Vertragsstrafen die DB Regio zum Handeln verpflichten kann!

Und selbstverständlich gilt: Eine leistungsfähige und verlässliche S-Bahn, ein Ende des S-Bahn-Chaos, gibt es nur mit dem Ende von Stuttgart 21, deshalb – Oben bleiben!

Güterzug-Entgleisung bei Burgstall (Murr) am 8. August 2014

Nutzer der S-Bahnlinie S4 zwischen Marbach am Neckar und Backnang werden sich noch lange an den 8. August 2014 erinnern. Um 0:15 entgleiste kurz nach der Durchfahrt durch den Bahnhof Burgstall an der Murr die hintere Achse des letzten Waggons eines Güterzugs. Der Zug fuhr trotz entgleistem Waggon noch gut 2 km weiter, bevor er aufgrund der durch den Unfall beschädigten Oberleitung zum Stehen kam.

Der Güterzug kam aus Nürnberg und hatte das Ziel Kornwestheim. Er bestand insgesamt aus 9 Waggons, von denen 8 Kohle und Stahl geladen hatten. Der letzte, entgleiste Waggon war leer. Durch den Unfall wurden eine Weiche, zwei Oberleitungsmasten, die Oberleitung sowie ca. 2000 Stahlschwellen beschädigt. Die Reparaturen werden voraussichtlich bis Ende August dauern. Solange fährt die S4 aus Marbach nur bis Kirchberg (Murr) und wendet dort. Zwischen Kirchberg (Murr) und Backnang ist ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.

Mögliche Unfallursache

Die Ermittlungen zur Unfallursache hat die Bundespolizeiinspektion Stuttgart übernommen und solche Untersuchungen dauern oft sehr lange. Deshalb kann derzeit über die Ursache der Entgleisung nur spekuliert werden.

Im Forum von Drehscheibe online beklagen Lokführer den schlechten Zustand der Strecke. Ein uns bekannter Lokführer, der die Strecke ebenfalls befährt, bestätigt diese Einschätzung. Die von Backnang aus zunächst eingleisige, kurvenreiche Strecke durch das Murrtal bis Kirchberg (Murr) wurde im Personenverkehr früher von Regionalzügen zwischen Backnang und Ludwigsburg bedient und vor ca. 2 Jahren für den S-Bahn Betrieb zwischen Marbach und Backnang ertüchtigt. Seit Ende 2012 ist die S4-Verlängerung von Marbach bis Backnang in Betrieb. Ob sich der Zustand in diesen knapp zwei Jahren verschlechtert hat ist mir nicht bekannt.

In einem Artikel der Backnanger Kreiszeitung vermuten Anwohner überhöhte Geschwindigkeit als mögliche Unfallursache. Laut Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der DB, wird der Ort Burgstall an der Murr und somit auch die Unfallstelle von Güterzügen mit 80 km/h durchfahren. Weiter unten im Artikel behauptet ein Bahnsprecher, auf diesem Streckenabschnitt wären bis zu 100 km/h erlaubt. Dies Aussage bezieht sich entweder auf einen längeren Streckenabschnitt (z.B. zwischen Marbach am Nackar und Backnang) oder sie ist schlechtweg falsch. In Burgstall an der Murr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h, vor dem Ort sind in beiden Richtungen maximal 90 km/h erlaubt.

Dass eine schlechte Strecke in Verbindung mit einer hohen Geschwindigkeit das Risiko einer Entgleisung erhöht klingt zumindest plausibel.

Wir von S-Bahn-Chaos.de überwachen mit Hilfe des Live-Fahrplans der DB Regio nicht nur die Pünktlichkeit der S-Bahn Stuttgart, sondern protokollieren im Fall von größeren Verspätungen auch deren Ursache. Hierbei war die Linie S4 bisher immer recht unauffällig. Ausgerechnet in dieser Nacht kam es aber bei der letzten Fahrt der S4 von Backnang nach Stuttgart Schwabstraße zu einer störungsbedingten Verspätung:

Verspätung S4 bei Erdmannhausen

Verspätung S4 bei Erdmannhausen

Die Ursache für diese Verspätung war laut RIS (ReisendenInformationsSystem) eine Stellwerksstörung bzw. ein Stellwerksausfall:

Stellwerksstörung bzw. -ausfall

Stellwerksstörung bzw. -ausfall

Hier noch einmal die Daten der Fahrt der letzten Fahrt der Linie S4 Richtung Stuttgart, sowie mit dem Stern markiert der von der Entgleisung betroffene Streckenabschnitt:

Letzte S4 nach Schwabstraße

Daten der letzten S4 nach Schwabstraße (Stern markiert Unfallstrecke)

Da die Informationen im Live-Fahrplan der Realität immer etwas hinterherhinken, spricht viel dafür, dass diese Stellwerksstörung im Bereich Burgstall (Murr) auftrat. Die ZVW Redaktion ging diesem Hinweis nach und fragte bei der Bahn nach, ob es vielleicht einen Zusammenhang zwischen der Stellwerksstörung und der Entgleisung knapp eine Stunde später geben könnte. Die Bahn bestritt dies umgehend:

Laut Bahn besteht kein Zusammenhang zwischen der Stellwerksstörung und der Entgleisung

Laut Bahn besteht kein Zusammenhang zwischen der Stellwerksstörung und der Entgleisung

Diese Aussage der Bahn ist insofern verwunderlich, weil sie sich bei Unfällen normalerweise mit Aussagen hinsichtlich möglicher Ursachen sehr zurückhält und stattdessen auf die ermittelnde Behörde verweist. Ob die mit der Untersuchung der Unfallursache betraute Bundespolizeiinspektion Stuttgart diesem Aspekt bei ihren Ermittlungen nachgeht ist uns nicht bekannt.

Schließung des S-Bahn Zugangs im Hauptbahnhof Stuttgart

Als die Bahn am 5. August offiziell mit dem Ausbaggern der 1. Baugrube für den neuen Tiefbahnhof begann, waren die Meinungen dazu gespalten. Die einen freuten sich über den Baubeginn, die anderen protestierten lauthals dagegen.

Eine Woche später, am Dienstag 12. August steht nun ein weiterer „Meilenstein“ an, bei dem es aber selbst eingefleischten Projektbefürwortern sehr schwer fallen dürfe, ihm etwas positives abzugewinnen.

An diesem Dienstag wird nämlich der Zugang zur S-Bahn zwischen dem ehemaligen Gleis 3 und 4 im Stuttgarter Hauptbahnhof (oben) für immer geschlossen, weil er dem Trogbauwerk des S21-Tiefbahnhofs im Wege steht. Dieses Treppenhaus mit Freitreppe und zwei Rolltreppen wird jeden Tag von vielen Tausend Pendlern und Reisenden genutzt, um schnell von den im Hauptbahnhof (oben) verkehrenden Fern- und Nahverkehrszügen auf die S-Bahn umzusteigen sowie umgekehrt. Aber auch Pendler, die nur die S-Bahn nutzen, haben das Treppenhaus oft genutzt, weil bei größeren S-Bahnstörungen auf der Stammstrecke der Hauptbahnhof (oben) von manchen S-Bahnen mitverwendet wurde, um wenigstens einen Notbetrieb aufrecht erhalten zu können.

Abgang zur S-Bahn

Abgang zur S-Bahn

Ab Dienstag sind diese Umsteigenden dann gezwungen das Gebäude des Hauptbahnhofs über einen der Ausgänge zu verlassen, um über die in Stoßzeiten stark frequentierte Klett-Passage und eines der drei noch verbleibenden Treppenhäuser über die große, die kleine Schalterhalle, den Mittelausgang und außerdem den Nordausgang zur Klett-Passage und von dort zur unterirdischen S-Bahn Station zu gelangen. Nur der Ausgang über die große Schalterhalle ist komplett mit Rolltreppen ausgerüstet, der Mittelausgang erst ab Straßenniveau. Der Zugang über den Nordausgang geht ohne entsprechenden Wetterschutz ins Freie und von dort über eine im Freien liegende Treppenanlage direkt in die Klett-Passage. Fahrgäste, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, müssen entweder den total unterdimensionierten Aufzug von der Kopfsteighalle direkt zum S-Bahnsteig oder den weiten Weg vom Nordausgang um das neue Technikgebäude herum und dann entlang des Arnulf-Klett-Platzes zur Klett-Passage gehen. Das hat sogar den als glühenden S21-Befürworter bekannten Stadtrat A. Kotz (derzeit CDU-Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Gemeinderat) zu Protesten gegenüber der Bahn veranlasst. Nach der Verlegung der Bahnsteige um rund 120 m weg vom Bahnhofsgebäude und der Schließung des unterirdischen Querbahnsteigs wird dies nun ein zusätzlicher Umweg, der das Umsteigen weiter erschwert und im Extremfall von 7 auf 13 Minuten verlängert. Verpasste Anschlüsse werden dadurch zunehmen.

Wer von Zügen des Fernverkehrs auf die S-Bahn umsteigt und umgekehrt ist von der Schließung massiv betroffen, da er meist keine Alternative hat und im Hauptbahnhof umsteigen muss.

Pendler die von Nahverkehrszügen auf die S-Bahn umsteigen können teilweise an einem anderen Bahnhof (z.B. in Bad Cannstatt) aussteigen, um dann schon dort auf die S-Bahn oder U-Bahn umzusteigen.

Nutzer der S-Bahn erfahren leider oft zu spät von größeren Störungen und den damit verbundenen S-Bahnzügen die dann oft im Hauptbahnhof (oben) verkehren. Schon jetzt bleibt für den Weg von oben nach unten bzw. umgekehrt zu wenig Zeit und diese Situation wird sich durch die Schließung des Treppenhauses und den damit verbundenen längeren Wegen weiter verschlechtern.

Aufgang zum Hauptbahnhof

Aufgang zum Hauptbahnhof

Sicher ist, dass es auf den verbleibenden Treppen und Rolltreppen zukünftig noch enger zugehen wird. Speziell in der Hauptverkehrszeit wird die Infrastruktur an ihre Grenzen stoßen.

Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert, wenn es in der S-Bahn Station Hauptbahnhof (tief) zur Hauptverkehrszeit zu einem Brand kommt und der Bahnsteig über diese verbleibenden schmalen Treppen schnell geräumt werden muss, ganz abgesehen davon, dass die Treppen-Einhausungen nicht gerade für eine ungehinderte Flucht geeignet sind. Es kann bezweifelt werden, ob die vorgegebene Entfluchtungszeit bei der festgesetzten Personenzahl auch noch über die verbleibenden Treppen erreicht wird. Nicht zuletzt deswegen werde ich persönlich diese S-Bahn Station zukünftig meiden.

Weitere Informationen zur Schließung sind beim VVS zu finden.

Offizielle Pünktlichkeitswerte der DB Regio für Juli 2014

Mittlerweile hat auch die DB Regio ihre offiziellen monatlichen Pünktlichkeitswerte mit den Werten für Juli 2014 ergänzt.

Aus besagten Gründen liegen die Werte der DB und die unsrigen zwar etwas auseinander, tendenziell sind sie aber gleich.

Leider werden von der DB Regio die Statistiken der einzelnen Linien und eine Unterscheidung zwischen nur HVZ und dem ganzen Tag immer noch nicht veröffentlicht.

Im Juli 2014 haben sich die Werte für die 3-Minuten-Pünktlichkeit gegenüber dem Vormonat ganz minimal verbessert. Diese Tendenz hält jetzt schon seit April 2014 an. Trotz den verschiedenen vorgenommenen Verbesserungsmaßnahmen liegt die Pünktlichkeit im Juli 2014 trotzdem nur auf Vorjahresniveau und weiterhin deutlich unter dem Sollwert.

Werte der DB Regio für die 3-min-Pünktlichkeit

Werte der DB Regio für die 3-min-Pünktlichkeit

Die Werte für die 6-Minuten-Pünktlichkeit haben sich gegenüber dem Vormonat um fast einen Prozentpunkt verbessert und liegen im Juli 2014 knapp über dem Vorjahresniveau.

Werte der DB Regio für die 6-min-Pünktlichkeit

Werte der DB Regio für die 6-min-Pünktlichkeit

Wegen der Urlaubszeit ist zu erwarten, dass sich die Werte im August wie im Vorjahr verbessern.

Pünktlichkeitsstatistik Juli 2014

Unsere – aus dem Live-Fahrplan der DB Regio ermittelten – Pünktlichkeitswerte der Stuttgarter S-Bahn-Linien haben sich insgesamt betrachtet im Juli 2014 bei der 6-Minuten-Pünktlichkeit gegenüber dem Vormonat etwas verbessert und sind bei der 3-Minuten-Pünktlichkeit praktisch gleich geblieben.

Pünktlichkeit aller Linien im bisherigen Jahresverlauf 2014

Pünktlichkeit aller Linien im bisherigen Jahresverlauf 2014

Hier die Juli-Werte der einzelnen S-Bahnlinien im Balkendiagramm:

Pünktlichkeitswerte Juli 2014

Pünktlichkeitswerte Juli 2014

Die obigen Werte zusätzlich als Tabelle:

Linien 3-Minuten
(ganzer Tag)
6-Minuten
(ganzer Tag)
3-Minuten
(nur HVZ)
6-Minuten
(nur HVZ)
Gesamt 84,1 % 95,1 % 75,3 % 93,7 %
S1 79,9 % 95,1 % 70,2 % 92,0 %
S2 80,8 % 94,4 % 71,0 % 91,8 %
S3 83,0 % 95,9 % 70,2 % 93,1 %
S4 89,7 % 97,4 % 83,5 % 96,2 %
S5 84,9 % 97,3 % 77,5 % 95,8 %
S6 89,7 % 97,0 % 81,8 % 95,0 %
S60 88,8 % 96,7 % 82,9 % 95,1 %

HVZ = Hauptverkehrszeit (Mo.-Fr. 6:00-9:00 und 15:30-19:00, außer an Feiertagen)

Die leichte Verbesserung der 6-Minuten-Pünktlichkeit und die gleichbleibende 3-Minuten-Pünktlichkeit ist zwar erfreulich, darf jedoch nicht darüber wegtäuschen, dass insbesondere die für Anschlusserreichung wichtige 3-Minuten-Pünktlichkeit immer noch sehr deutlich unter dem Sollwert liegt. Allmählich muss man leider die Hoffnung aufgeben, dass hier eine wesentliche Verbesserung eintritt.

  • Die S1 hat sich gegenüber dem Vormonat erneut verbessert und hat jetzt in etwa das Niveau der S2 erreicht.
  • Die S2 ist weiter auf dem absteigenden Ast, eventuell wegen des teilweisen Einsatzes von Zügen der BR (Baureihe) 430 und konkurriert jetzt bereits mit der S1 um den Titel ‚Unpünktlichste Linie‘
  • Die S3 ist bei der 3-Minuten-Pünktlichkeit schlechter geworden
  • Bei der S4-S6 sind die Werte etwas besser geworden
  • Bei der S60 sind die Werte im Mittel praktisch unverändert geblieben

Dazu der bisherige Pünktlichkeitsverlauf 2014 aller Linien zusammen und der einzelnen S-Bahn-Linien: Alle | S1 | S2 | S3 | S4 | S5 | S6 | S60
Alle Verlaufsdiagramme auf einer Seite