Bericht/Kommentar zur VRS-Verkehrsausschuss-Sitzung am 27.4.2016

Entgegen der Ankündigung war die gegenüber dem eigentlichen Hauptthema vorgezogene Besprechung zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) doch öffentlich, wodurch wir Gelegenheit hatten, einem Teil der Besprechung beizuwohnen.

BVWP

Der VRS moniert zu Recht, dass die Region Stuttgart mit ihrer Einwohnerzahl und Wirtschaftsleistung (25% bzw. 28% bezogen auf ganz Baden-Württemberg) im BVWP benachteiligt wird: die für die Region vorgesehenen Mittel belaufen sich nur auf 13 – 16% . Die Verteilung der Mittel zu 50% auf Straßenprojekte und nur zu 41% auf Schienenprojekte wären eigentlich auch deutlich zu kritisieren. Das tut der VRS allerdings nicht, sondern schaut weiterhin vorrangig auf die Straßen.

Straßenprojekte im BVWP

Mit Blick auf die Feinstaubbelastung in Stuttgart will die Region die Filderauffahrt zur Entlastung von B14/B27 durch die Stadt und den Nord-Ost-Ring zur Entlastung von B27/B10/B14 in den vordringlichen Bedarf aufnehmen lassen. Diese Projekte, die auf Grund des großen Widerstands der Anliegergemeinden schon totgeglaubt waren, erscheinen genau aus diesem Grund auch in Zukunft nicht durchsetzbar. Dazu soll die B10 von Geislingen bis fast nach Pforzheim ausgebaut werden, um die A8 zu entlasten. Es bleibt allerdings ungeklärt, wie man mit dem Nadelöhr der B10/B27 in Feuerbach zurecht kommen will. Der im Bau befindliche Rosensteintunnel wird hier überhaupt nicht helfen.

Schienenprojekte im BVWP

Die Ausbauten der Gäubahn zwischen Rohr und Herrenberg sowie der Remsbahn zwischen Waiblingen und Schorndorf jeweils mit einem durchgängigen dritten Gleis sind nicht im BVWP enthalten, weil der Bund den Nahverkehr als Auslöser dieser Maßnahme sieht und sich somit nicht zuständig fühlt. Diese überaus einseitige Betrachtung von sogenannten Mischverkehrsstrecken kritisiert der Verband zu Recht und will die Aufnahme dieser Projekte in den BVWP verlangen.

Es wird von vielen Seiten betont, dass man das Augenmerk vermehrt auf tangentiale ÖPNV-Verbindungen richten müsse. In diesem Zusammenhang haben die Regionalräte beschlossen, die Panoramastrecke der Gäubahn und deren Erhalt in den vordringlichen Bedarf aufnehmen zu lassen. Im Übrigen ist tangential noch nicht viel passiert: es gibt den bereits stündlich bzw. während der HVZ  halbstündlich verkehrenden Direktbus Waiblingen – Remseck – Ludwigsburg, eine Direktbuslinie Esslingen – Waiblingen soll 2017 ihren Betrieb aufnehmen, ebenso eine Busdirektverbindung Leonberg – Flughafen.

An weitere leistungsfähige Tangenten auf der Schiene scheint man (noch) nicht zu denken. Dabei bieten sich schon auf Grund der bestehenden Schienenstrecken die Verbindungen Kornwestheim – Untertürkheim (Schusterbahn) und Waiblingen – Esslingen an, die es ja beide schon gibt, aber die zu „ertüchtigen“ wären. Wenn man diese bestehenden Verbindungen weiterdenkt, käme auch eine Kurvenverbindung von der Schusterbahn in Richtung Fellbach/Waiblingen ins Blickfeld, die auch aus dem Aspekt des Güterverkehrs in West-Ost-Richtung schon vor Jahren ins Gespräch gebracht wurde. Neben einer Tangentialverbindung für den Raum Stuttgart wäre dies gleichzeitig eine Dreiecksverbindung der Kreise Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr, die man von ihrer Einwohner- und Beschäftigtenzahl zusammen gut und gerne als eine eigene „kleine Großstadt“ ansehen kann.

Im Moment richtet sich der Blick noch immer zu sehr auf die Straße. Deren Ausbau für rush-hour und Gigaliner scheint wichtiger zu sein als umweltfreundlicher Verkehr auf der Schiene.

Einer der Regionalräte meinte, dass man den BVWP sowieso nicht ernst nehmen müsse, da er dem Weihnachts-Wunschzettel eines 5-jährigen Kindes gleiche. Nein! Bitte doch ernst nehmen, denn was nicht im BVWP drin steht, kommt auch bestimmt nie. Was drin steht, könnte irgendwann vielleicht kommen.

VVS-Tarife

Beim Vergleich zwischen den Tarifverbünden liegt der VVS preislich bei manchen Tarifen im Mittelfeld, bei vielen aber in der teuren Spitzengruppe. Des weiteren wird bemängelt, dass die Fahrgäste in den äußeren Bezirken des Verbundgebiets benachteiligt seien, da sie ein erheblich geringeres Verkehrsangebot hätten als in den Kernzonen 10 und 20. Darüber hinaus sei der Tarif für den Fahrgast viel zu kompliziert und schwierig, wenn er am Automat seine Fahrkarte lösen will. Man will zwar etwas tun, nur weiß man noch nicht was.

Wie überall im Nahverkehr gibt es grundsätzlich zwei Alternativen:

  • Streckenabhängige Tarifierung
  • Beibehaltung des Zonentarifs, Abschaffung der Segmente in den Zonenringen, evtl. Reduzierung der Außenringe, im Grenzfall bis auf eine Kernzone und einen einzigen Außenring

Es wurde deutlich gemacht, dass die bisherige Kostendeckung von ca. 50-60% durch Fahrtentgelte erhalten bleiben muss, d.h. macht man etwas billiger, muss etwas anderes teurer werden. An dieser Stelle wurde beispielhaft das Senioren-Ticket genannt, das eigentlich zu billig sei. Die Erlöse aus Fahrtentgelten sind dank der Steigerung der Fahrgastzahlen gegenüber den Kosten allerdings prozentual mehr angestiegen, d.h es gibt einen gewissen Spielraum!

Man muss sich aber eines klar machen: Sowohl eine markante tarifliche Begünstigung der Außenzonen, als auch eine drastische Reduzierung der Anzahl der Zonen ist zwangsläufig mit einer geringeren Kostendeckung verbunden! Eine Verbilligung wäre den Fahrgästen in den Außenzonen ja durchaus zu gönnen. Aber dürfen etwa die Zonen 10 und 20 teurer werden, wenn sie vielen ohnehin als zu teuer vorkommen und die Feinstaubbelastung Konzessionen an die Fahrgäste im Stadtgebiet fordert?  

Erhaltung der Kostendeckung und Tarifvergünstigungen ohne Erhöhungen anderswo befinden sich in einem nicht auflösbaren Zielkonflikt. Und etwa mit einer Erhöhung der Entgelte für die Senioren ist per saldo nicht einmal „ein Blumentopf“ zu gewinnen. Daher wird uns die Frage nach einer Senkung der Kostendeckung und damit einer höheren Subventionierung des Nahverkehrs immer wieder gestellt werden.

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