Bereits am 9.10.2013 erreichte uns folgende Zuschrift eines Lesers, die sich zwar nicht nur mit der S-Bahn befasst, aber einen interessanter Beitrag zu den chaotischen Verhältnissen am Hauptbahnhof und des Bahnhofs Bad Cannstatt bei Großveranstaltungen darstellt, einige Fragen aufwirft und deswegen sehr beachtenswert ist.
Hallo …,
Im Sommer war ich kurz in Berlin. Wo gibt es in Berlin Hbf und Berlin Potsdamer Platz (beides Tunnelbahnhöfe) eigentlich einen Brandschutz bzw. Rauchschleusen? Da ist alles nach oben offen; in Berlin Hbf sind es 5 Etagen, der Ausgang befindet sich in der mittleren Etage.
Und als am Potsdamer Platz ein ICE durchfuhr, war an der Oberleitung (Stromschiene) ständiger Funkenflug zu beobachten. Man bedenke, dass letztes Jahr eine Lok der BR 143 im Ostbahnhof brannte mit ziemlich viel Rauch!
Dazu hat Berlin Hbf 14 Gleise (+ 2 S-Bahn-Gleise) für nur einmal 26 Züge (lt. Fahrplan)!?
Letztes Wochenende in Stuttgart Hbf (mit 3.Okt.):
OK, es ist gerade Volksfest in Bad Cannstatt, dazu kam noch das Bürgerfest am 3. Oktober bzw. das VfB-Heimspiel und ein Konzert am Samstag.
Die RE-Züge sind maßlos überfüllt, entsprechend auch viele Leute im Bahnhof. Und am Abend warten viele auf dem Bahnsteig, da ist kaum ein Durchkommen. Ohnehin beobachte ich immer jedes Jahr am 3. Okt., das ist immer ein Ausnahmezustand im Bahnhof! Nicht nur das hohe Fahrgastaufkommen, die Züge und der Bahnhof sind total vermüllt, ein Aufräumen kaum möglich. Dazu wird das Rauchverbot in dieser Situation ignoriert. Die DB-Sicherheitsleute haben es ohnehin nicht im Griff und sind konzeptlos, stehen auch nur herum, selbst die S-Bahn wird nur schwer abgefertigt. Abends kommt man in Bad Cannstatt nicht mehr aus dem Zug, da wird nur noch gedrückt.
Die S-Bahn fuhr im Schnitt mit 5-10 Minuten Verspätung, RE-Züge sogar bis 30 Minuten.
Wurde für solche Situationen ein Stresstest und eine Personenstromanalyse gemacht? Bestimmt nicht, denn hier gibt es ja schon im Kopfbahnhof Probleme. Besonders jetzt:
Gleis 13/14 wird gerade umgebaut, dazu muß man über eine Brücke auf Gleis 11/12. Hier ist der Durchgang an der Treppe am Verbindungstunnel nur auf einer Seite möglich, also 2 Bahnsteige konnten nur über einen ca. 3 m breiten Durchgang verlassen werden! Als ob das nicht schon genug fahrlässig wäre, wurde plötzlich bei Ankunft eines Zuges (RE aus Aalen) die Brücke gesperrt, bis 5 min später ein weiterer Zug (IRE aus Aulendorf) kam; die Leute waren am Bahnsteig eingesperrt und liefen über die Gleise!!!
Bad Cannstatt
Mit S21 entfallen etliche RE-Halte in Bad Cannstatt, so dass viel mehr über den S21-Hbf läuft und sich damit die Situation noch verschärfen wird. Dann werden noch mehr Leute mit der S-Bahn fahren müssen. Den Halt in Mittnachtstrasse kann man dann vergessen, das System wird dann zusammenbrechen. Dann müssten Verstärkerzüge ständig im Ringsystem kreisen.
Ohnehin sollte man auch mal daran denken, den Bahnhof Cannstatt für solche Großveranstaltungen zu verbessern: Man hat zwar mit der S-Bahn einen 2. Zugang über den Wilhelmsplatz geschaffen, aber zum Wasen hin fehlt ein Zu-/Abgang Richtung Elwert- bzw. Daimlerstrasse, um den Personenstrom zu entzerren. RE-Züge haben auch keinen genauen Haltepunkt, und die verbremsen sich öfters und die Leute rennen dem Zug hinterher.
Noch etwas:
In den 90er Jahren hat die Bahn das Ausbesserungswerk in Cannstatt aufgegeben und an Daimler verkauft. Der mußte aufwendig den verseuchten Boden abtragen. Jetzt steht da das Motorenwerk. Blöd für die Bahn: die Fläche wäre heute geeigneter für den Servicebahnhof, praktisch zwischen 2 Bahndämmen abgeschirmt und mit optimaler Zufahrt nach Cannstatt und Untertürkheim; da bräuchte man jetzt keine Brücke an der Deckerstrasse. Blöd, was?!
…
Netter Artikel. 30 Minuten RE Verspätung? Und nur 10 Minuten S-Bahn Verspätung? Da wird´s eigentlich mal Zeit für eine Website ala http://www.re-chaos.de und http://www.rb-chaos.de oder wie wär´s mit http://www.ire-chaos.de?
Zum ehemaligen Aw Cannstatt. Dies war damals politisch so gewollt, dass „der Daimler“ als einer der größten Wirtschaftsunternehmen dort bauen kann. Ist nun eben so und man sollte auch die seinerzeitige politische und wirtschaftliche Situation und das Umfeld betrachten. Ohne den Gesamtzusammenhang zu kennen, ist es für den unbedarften Leser schwer dies objektiv einordnen zu können.
Ein Unterschied zu Leserbriefen in der Zeitung und dieser Seite: In der Zeitung wird bei Leserbriefen der Name und ggf. Ort des Autors angegeben. Hier nicht, dies erinnert mich sehr stark an den ERI Artikel „Implodiert die Stuttgarter S-Bahn“: Kein Autor, kein Ort.
Sehr geehrter Herr Robold,
Ihr Kommentar wirkt sichtbar geringschätzend gegenüber dem Autor. Wollen Sie das? Die Ironie in Ihrem Kommentar ist zwar erkennbar, doch frage ich mich, was Sie damit bezwecken wollen. Und warum nennen Sie im gleichen Atemzug, mit der Kritik an diesem anonymen Kommentar, den ERI-Artikel?
Leider muss ich Sie korrigieren: Es ist durchaus nicht unüblich, dass Redaktionen in Zeitungen auch Kommentare anonym veröffentlichen und dann kennzeichnen, dass der Name der Redaktion bekannt ist.
Dies gilt ebenso für eine Fachredaktion. Es liegt in deren Ermessen, wenn ein Quellenschutz gewünscht ist. Das Wichtigste für die Redakteure ist doch wohl der fachlich korrekte Inhalt. Durch Ihre subtile Formulierung klingt auch hier eine Geringschätzung gegenüber diesem Verfasser und sogar dem Verlag durch, ungeachtet des Inhalts des Artikels. Das halte ich für unangemessen, denn welchen Unterschied würde es für Sie machen, wenn Sie den Klarnamen kennen würden?
Was Ihre Aussagen zu Daimler betreffen, so ist das in der Tat richtig. Aber es darf auch dem Kommentator erlaubt sein, dies zur Diskussion zu stellen.
Gerne steht Ihnen weiterhin die Möglichkeit offen, mit sachlichen und fundierten Beiträgen sich mit zu beteiligen, Verständnis für die komplexen Zusammenhänge in der Öffentlichkeit zu schaffen.
Mit freundlichen Grüssen
Michael Gauderon
An manchen Verspätungen sind auch die Fahrgäste Schuld. Denn immer wieder lässt sich beobachten, das Leute bwei den neuen Fahrzeugen in der Lichschranke stehen und sich gar nicht angesprochen fühlen, mal ein Stück auf die Seite zu gehen. Und dann gibt es ja noch die Spezialisten. Die einen die dann mit der Tür „spielen“, weil sie aus Dummheit oder Langeweile immer wieder in die Lichtschranke greifen, die anderen wollen sozial sein und sehen jemanden auf eine S-Bahn zurennen, da wird dann auch in die Lichtschranke gegriffen, damit der zu spät kommenden Fahrgast noch seine S-Bahn erreicht. Und gerade letzteres führt immer wieder im Berufsverkehr zu Verspätungen. Wer zu spät kommt, solle den nächsten Zug nehmen oder früher zu Hause losgehen. Also sucht auch mal den Fehler mal bei euch und nicht immer bei den anderen! Also zügig einsteigen und Türbereich freimachen, damit die Züge gelich weiterfahren können. Aber das werden viele Fahrgäste sowieso nicht kapieren.
Sehr geehrter ‚Bahnfahrer‘,
Sie haben vollkommen recht, dass an manchen Verspätungen (manche) Fahrgäste schuld sind. Ein- und Aussteigen muss nämlich auch gelernt werden und außerdem ist eine gewisse Rücksichtnahme erforderlich (AUSSTEIGA LASSE!), was heutzutage für manche ein Fremdwort darzustellen erscheint. Auf der anderen Seite ist auch die Reisendenlenkung an den S-Bahn-Stationen mit hohem Fahrgastandrang (z.B. in Hauptbahnof tief) stark verbesserungswürdig. So ist nicht unbedingt Jedem klar, wo ein Zug nach dem Halt anfängt und wo er aufhört, die gleichmäßige Verteilung der Zusteigenden auf alle Türen bereits vor dem Zughalt wird nicht unterstützt, usw. Das sind Dinge, die der VCD in seinem 15-Punkte Gesundungsprogramm u.a. vorgeschlagen hat. Beim sog. S-Bahn-Gipfel wurden einige Schwachstellen identifiziert und Besserung versprochen. Ganz wichtig erscheint mir hierbei, dass die Zugabfertigung (Türschließung) auch bei den neueren Zügen wie bei den alten vom Triebwagenführer vorgenommen werden soll.
Der Fahrgast ist sicherlich ein wesentlicher Mosaikstein, der selbst zu mehr Pünktlichkeit beitragen könnte, wie dies in den vorherigen Beiträgen schon dargestellt wurde.
Das derzeit eingesetzte Abfertigungsverfahren TAV ist hinsichtlich der Abwicklung mit den entsprechenden Schließzeiten ein vom EBA vorgegebenes und abgenommenes Verfahren, welches in erster Linie der Sicherheit geschuldet ist und damit in Konkurrenz zu einer pünktlichen Abfertigung steht. Sicherheit geht aber vor Pünktlichkeit.
Insofern verspreche auch ich mir vom zentralen Schließen bei der BR 430 und BR 423 an den Stationen Hauptbahnhof und Stadtmitte künftig die entscheidenden Sekunden Zeitgewinn, um die derzeit üblichen 5 Minuten Verspätung wieder in den Griff zu bekommen. Ohne eine gewisse „Härte“ bei der Abfertigung ist ein pünktliches Fahren in einem Schnellbahnsystem nicht möglich. Ein zentrales Öffnen wird man bei der BR 423 jedoch nicht hinbekommen, da es in die Zulassung des Fahrzeuges eingreift und ich bin mir nicht sicher, ob eine Zulassung dann überhaupt noch möglich ist, da die Türsteuerung konstruktiv anders aufgebaut ist, wie bei der BR 430.
Ggf. müssen für das in den letzten 10 Jahren stark gestiegene Fahrgastaufkommen auch noch weitere Maßnahmen ergriffen werden, wie beispielsweise die Beschaffung weiterer S-Bahn Fahrzeuge, damit einzelne Vollzüge, die überlastet sind, zu Langzügen verstärkt werden können, um auch den Fahrgastwechsel zu beschleunigen. Derzeit sind bekanntlich alle verfügbaren Fahrzeuge in der HVZ in Einsatz und keine Reserve mehr vorhanden. Die Pönale für die zu späte Ablieferung der BR 430 wäre hierzu eine geeignete Ressource bzw. Geldquelle.
Markus O. Robold
Sehr geehrter Herr Robold,
Sie haben Recht, dass der Fahrgast zur Haltezeitverkürzung bei der S-Bahn beitragen kann. Allerdings vermute ich bei der überwiegenden Zahl der Reisenden hier nicht sehr hohe Fähigkeiten, denn ich sehe sehr oft mit Erstaunen, wie wenig ausgeprägt das Verständnis und die Disziplin vieler Bahnbenutzer schon für einfachste Belange ist. Da helfen in der rush-hour die bediensteten Einstiegshelfer auf dem Bahnsteig sicher weiter.
Ebenso mit Recht sprechen sie an, dass man durch Langzüge statt Vollzüge den Fahrgastwechsel wirksam beschleunigen kann. Es müsste nur flächendeckend auf allen Linien sein, damit sich die Fahrgäste daran gewöhnen können, und nicht (aus Fahrgastsicht) mal so, mal so. Hier fehlt es in der Tat an Fahrzeugen. Und ob dies mit den hoffentlich bald einsatzfähigen Zügen der BR 430 besser wird, ist für mich noch nicht ganz sicher. Denn wie ich meine, von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württ. gehört zu haben, möchte die Bahn mit Einsatz der BR430 die Züge der BR 420 von Stuttgart abziehen, damit in Stuttgart nicht drei verschiedene S-Bahnbaureihen zu warten sind. Und dass die Zahl der bestellten bzw. geplanten neuen 430-er höher ist als der Bestand an 420-ern, habe ich bisher nicht mitbekommen.
Verschiedentlich wurde schon angesprochen, dass die einfahrenden S-Bahnzüge bei Stillstand automatisch alle Türen öffnen sollten. Dies hielt ich bisher auch für eine wirksame beschleunigende Maßnahme, denn auch hier werden vielfach wertvolle Sekunden vertan. Da macht mich Ihr Hinweis, dass bei der BR 423 ein vom Führerstand gesteuertes Öffnen aller Türen auf konstruktive Restriktionen bei der Türsteuerung stoßen könnte, schon etwas nachdenklich. Zulassungsrelevant ist die Türsteuerung allemal, aber das EBA gibt nach meinem bisherigen Wissen die Türsteuerung nicht vor und es verbietet auch kein automatisches Öffnen aller Türen, sondern es prüft schlicht die eingereichten Pläne auf Einhaltung der bestehenden Standards und Richtlinien, verlangt evtl. weitere Informationen oder Änderungen und gibt sie bei positivem Ausgang frei. So erscheint mir eine Änderung auf automatisches Öffnen durchaus denkbar, die natürlich vom EBA zu prüfen und zu genehmigen wäre. Dass ein automatisches Öffnen aller Türen — wohlgemerkt erst bei Stillstand — ein höheres Sicherheitsrisiko als das zentrale Schließen vor Abfahrt darstellen könnte, würde mir zumindest auf Anhieb nicht einleuchten. Und das automatische Schließen scheint ja weitgehend beschlossene Sache zu sein.
Mit dem zentralenen Schließen die entscheidenden Sekunden zu gewinnen, würde ich mir zwar durchaus wünschen. Aber zumindest die „Störgrößen“ auf den Außen- und Mischverkehrsstreckenstrecken und die Verlängerung der Stammstrecke bis Mittnachtstraße, werden aus meiner Sicht weitere Maßnahmen bis hin zum Einbau von Fahrzeitpuffern erfordern, um die Anzahl der Verspätungen nachhaltig zu reduzieren bzw. entstandene Verspätungen wieder abbauen zu können. 15-Minutentakt mit 6 Linien fordert hier einen nicht geringen Preis.