Es darf darüber spekuliert werden, warum die DB Regio ihre offiziellen monatlichen Pünktlichkeitswerte für den August 2014 erst am 29.9. und nicht wie versprochen in der Mitte des Folgemonats also bereits vor ca. 14 Tagen veröffentlicht hat.
Ist es die Angst der Projektpartner vor der Erörterungsverhandlung des Planfestellungsabschnitts PFA1.3 (Filderbereich mit Flughafenanbindung) für Stuttgart 21 und der damit verbundenen Diskussion um einen Kollaps der S-Bahn auf den Fildern, wie ein bisher unter Verschluss gehaltenes, aber mittlerweile auch öffentlich verfügbares Gutachten der TU Dresden prophezeit?
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gutachten-zur-fildertrasse-s-bahn-nur-noch-drei-sekunden-puffer.446d3c14-1bde-4a04-baac-9339f1feb1cc.html
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fildertrasse-fuer-stuttgart-21-gutachter-befuerchten-massive-verspaetungen.765f4d99-f6d0-4104-b54b-07768276c368.html
Denn Frohlocken über die Erholung im August 2014 ist bestimmt nicht angesagt! Das dicke Ende kommt noch! Im Interesse der Fahrgäste können wir nur hoffen, dass es nicht noch schlimmer kommt!
Auf jeden Fall zeichnet sich für den September 2014 ein weiterer Tiefpunkt in der Pünktlichkeitsgeschichte der Stuttgarter S-Bahn ab. Wie von uns prognostiziert war die Erholung im August wie in jedem Jahr offensichtlich lediglich den Sommerferien bzw. der Urlaubszeit geschuldet.
Auf den nachfolgenden Diagrammen ist der bisherige Jahresverlauf 2014 der 3- und 6-Minuten-Pünktlichkeiten der einzelnen S-Bahnlinien bis einschließlich Sonntag, 28.09.2014 um 07:00 abzulesen. Bitte beachten Sie, dass sich die dargestellten Werte bzw. Kurven auf die Gesamt-Verkehrszeit (0-24 Uhr) beziehen. Die Pünktlichkeitswerte zu den Hauptverkehrszeiten sind noch einmal spürbar schlechter.
So ist die 3-Minuten-Pünktlichkeit der S3 im Monatsmittel für September bereits auf 75% gesunken und auch die Werte der übrigen Durchmesserlinien S1 und S2 liegen deutlich unter 80%. Wohlgemerkt bei einem Sollwert von 94,5%!
Die S2 und S3 liegen demzufolge bei der 6-Minuten-Pünktlichkeit bei ca. 91%, die S1 bei gut 92%. Zur Erinnerung: der Sollwert liegt bei 98%!
Ein Grund für die Verschlechterung der Pünktlichkeit bei diesen Linien scheint die Umstellung auf die neuen Züge der Baureihe 430 (BR430) zu sein. Die Türen dieser Züge öffnen mit mehreren Sekunden Verzögerung und haben trotz deaktivierter Schiebetritte immer noch mit häufigen Türstörungen zu kämpfen.
Die Linie S1 wurde von Dezember 2013 bis April 2014 schrittweise umgestellt. Bei der Linie S3 erfolgte die Umstellung an einem Wochenende Mitte August 2014. Bei der Linie S2 soll die Umstellung schrittweise bis Ende 2014 erfolgen.
Die Pünktlichkeitskurven oben untermauern die These, dass die neuen Züge einen negativen Einfluss auf die Pünktlichkeit haben. Mit der bis zum Jahr 2017 geplanten Reaktivierung der Schiebetritte in den Zügen steht jetzt schon fest, dass sich die realen Haltezeiten weiter verlängern werden, „beste Voraussetzungen“ für eine chronische Unpünktlichkeit.
Das oben erwähnte Gutachten der TU Dresden kommt zu dem Schluss, dass ausgerechnet die auf den Fildern verkehrenden S-Bahnlinien S2 und S3, die eh schon die Schlusslichter bei der Pünktlichkeit sind, unter dem bei Stuttgart 21 geplanten Mischverkehr zwischen der Rohrer Kurve und dem Flughafenbahnhof leiden werden. Langsame S-Bahnen die mehrfach anhalten müssen und schnelle ICEs die durchfahren sollen, passen einfach nicht zusammen auf eine Strecke. Pufferzeiten von teilweise nur wenigen Sekunden zwischen diesen Zuggattungen im störungsfreien Betrieb zeugen von einem Fahrplan, der in der Realität nicht funktionieren kann. Der Gutachter empfiehlt zumindest eine Neuplanung der Rohrer Kurve und die zweigleisige S-Bahn-Station im Flughafen-Terminalbahnhof beizubehalten. Ansonsten seien die erwünschten Taktverdichtungen für die S-Bahnen und auch die Verlängerung der S2 nach Neuhausen/Filder nicht fahrbar. Das passt irgendwie nicht zu einem Jahrhundertprojekt.
Bei der Erörterungsverhandlung zum PFA 1.3 beim Thema Leistungsfähigkeit am Montag und Dienstag (29.9. und 30.9.2014) in der Messehalle 4 der Landesmesse (Beginn jeweils 9:00, Einlass ab 8:30) wird auch dieses Gutachten ein Thema sein.