Die S-Bahn-Zugfolge im Innenstadttunnel

Seit dem Start der S-Bahn im Jahre 1978 erfordern ständig wachsende Fahrgastzahlen eine kontinuierlich steigende Zugfolge auf der Stammstrecke, dem unterirdischen innerstädtischen Teil der S-Bahn zwischen Stuttgart Hauptbahnhof tief und Schwabstraße. Aktuell fahren dort die Linien S1 bis S6. Seit der Einführung des 15-Minuten Taktes im Berufsverkehr beträgt die fahrplanmäßige Zugfolge auf der Stammstrecke 2,5 min, das bedeutet, dass 24 S-Bahnen pro Stunde und Richtung den Innenstadttunnel passieren. Kürzere Zugfolgen sind nicht mehr fahrbar. Geringste Störungen, bspw. von den Außenstrecken mitgebrachte Verspätungen und längere als die fahrplanmäßig geplanten Haltezeiten in den Stationen (bspw. durch sich gegenseitig behindernde Aus- und Einsteiger oder blockierten Türen) wirken sich drastisch aus.

In diesem Beitrag werden die bereits ergriffenen Maßnahmen beschrieben, die diese dichte Zugfolge überhaupt erst ermöglichen.

Allgemeines

Die Züge der S-Bahn können generell je nach Zugtyp mit maximal 120-140 km/h fahren, Anfahren und Bremsen ist zwar mit bis zu 1 m/s² möglich, wegen der Steigungen wurde jedoch im Folgenden nur mit 0,5 m/s² gerechnet.

Der normale Blockabstand auf der Strecke beträgt 1000m. Bei einer konstanten Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h ergäbe das unter Berücksichtigung der Block- und Sicherheitsabstände und einer Zuglänge von 200m eine theoretische Zugfolge von 77 Sekunden. Theoretisch deshalb, weil jedes Abbremsen oder gar Anhalten und jeder längere Blockabschnitt die Zugfolge verlängert.

Bei dichter Zugfolge hat man deshalb den Halbregelabstand eingeführt. Dort ist der Blockabstand nur noch 500m, der Vorsignalabstand (d.h. der Bremsweg) bleibt aber bei 1000m. Vor einem Haltsignal wird das Signal, das mitten im Bremsweg steht, betrieblich abgeschaltet und zeigt dann nur ein Kennlicht.

Die theoretische Zugfolge bei konstanter Geschwindigkeit verkürzt sich damit auf 61 Sekunden, weil alle 500m ein Blockabschnitt frei wird. Diese Technik ist auf den Vorortgleisen vor Stuttgart Hbf eingebaut. Man kann das am Ausfahrsignal in Feuerbach oder Nordbahnhof in Richtung Hbf beobachten.

Nun ist die S-Bahn wegen der Steigungen bis zu 38‰ auf der Stammstrecke definitionsgemäß eine „Gebirgsbahn“ mit einer Streckengeschwindigkeit von nur noch 60km/h, die obigen Zeiten würden sich etwa verdoppeln. Außerdem passt der Haltestellenabstand auf der Stammstrecke nicht zu den oben diskutierten Blockteilungen und mehr als 60km/h wären gar nicht erreichbar.

Maßnahmen auf der Stammstrecke

Deshalb wurde auf der Stammstrecke der Blockabstand auf bis zu 300m verkleinert. Mit der in den Anfangszeiten der S-Bahn angenommenen Haltezeit von 30 Sekunden ist so eine theoretische Zugfolge von 126 sec möglich. Bei der fahrplanmäßigen Zugfolge von 150 sec im Berufsverkehr verbleiben somit nur 24 Sekunden Puffer für einen verlängerten Fahrgastwechsel und Ausgleich von Verspätungen. Die durchschnittlichen, gemessenen Haltezeiten im Berufsverkehr zwischen 7:30 und 8:30 betragen jedoch heute in Hbf tief bei den alten Zügen der Baureihe BR 420 bereits 0:49 min und bei den jüngeren Zügen der BR 423 wegen des automatischen Abfertigungsverfahrens  mit Lichtschranken an den Türen bereits 1:05 min. Für die neue BR 430 liegen noch keine Messwerte vor, es ist aber davon auszugehen, dass der zeitliche Mehrbedarf gegenüber den Zeiten für die BR 423 mindestens zusätzliche 5 Sekunden pro Halt beträgt.  Die Folge ist, dass es hier sehr schnell gewaltig klemmt. Verspätungen werden sofort den Folgezügen vererbt.

Als leichte Entlastung wurde an allen Einfahrsignalen der Stammstrecke das Nachrücken eingeführt: während der Vorauszug anfährt, kann der Folgezug bereits folgen.

Zum Nachrücken gelten folgende Bedingungen:

  • Ein Zug nähert sich oder steht vor dem Einfahrsignal,
  • Die Einfahrt ist gestellt und verschlossen (d.h. der Fahrweg wurde im Stellwerk gestellt und für diesen Zug verriegelt),
  • Der vorausfahrende Zug hat bereits die hintere Hälfte des Bahnsteiggleises geräumt
  • Der vorausfahrende Zug hat sein Ausfahrsignal bereits überfahren, danach wurde das Signal für den nachfolgenden Zug in Halt gestellt.
Vorsichtssignal Zs7

Vorsichtssignal Zs7

Dann zeigt das Einfahrsignal des nachfolgenden Zuges das Vorsichtssignal Zs7. (Bild: ©Wikipedia Commons)

Es bedeutet für die nun nachfolgende S-Bahn Langsamfahrt auf Sicht, mit max. 40 bzw. 30 km/h (siehe Kommentar).

Wenn vor der Vorbeifahrt am Einfahrsignal das gesamte Bahnsteiggleis und der Durchrutschweg frei werden, wird das Einfahrsignal auf GRÜN (Normale Fahrt = Hp1) bzw. GRÜN/GELB (Langsamfahrt = Hp2) gestellt (näheres ist  bei H/V-Signalsystem zu finden). Wenn die Zeit nicht drängt, warten jedoch viele Lokführer diesen Zeitpunkt ab, denn das Nachrücken bringt nicht viel und das Fahren auf Sicht kostet auch Zeit.

Dadurch dass sich das Fahrgastaufkommen seit der Inbetriebnahme der S-Bahn stark erhöht hat und wie oben beschrieben somit auch der Zeitbedarf für den Fahrgastwechsel ist das Nachrücken im Berufsverkehr allerdings unverzichtbar geworden!

Wenn das Nachrücken nur an einem Signal ausfällt, entstehen massive Probleme. 2010 wurde bei den vorbereitenden Maßnahmen für Stuttgart 21 voreilig und ungenehmigt ein vor der Einfahrt in den Innenstadttunnel stehendes Signal abgebaut. Schon damals kam der Takt der S-Bahnen völlig durcheinander.

Hans Jörg Knapp

9 Gedanken zu „Die S-Bahn-Zugfolge im Innenstadttunnel

  1. Christopher Straub

    Guten Tag,

    dieser Beitrag ist wirklich sehr schön und ausführlich geschrieben, top! Allerdings ist mir ein kleiner Fehler aufgefallen, nämlich ist die Geschwindigkeit im S-Bahn-Tunnel bei Fahren auf Sicht/Nachrücken auf 30km/h beschränkt, was auch eine Ausnahme darstellt. Gäbe es diese Ausnahme nicht, so wären es 15km/h. Desweiteren gilt genau dieses Signal am Einfahrsignal noch zusätzlich 400m bis hinter das nächste Hauptsignal. Eventuell können Sie dies im Beitrag noch ändern/hinzufügen.

    Freundliche Grüße
    Christopher Straub

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    1. Sylvia Keller

      Per sondergenehmigung durften die auf Sicht fahren. Aber die lief aus und wurde keien Verlängerung beantragt.

      Stadt München? Die haben ein anderes System. Es entsprechend gesteuert, daß mehre Züge durch einen Tunnel fahren können. Wie genau habe ich vergessen.

      Ich frag mich, wozu gibts automatische Signale und Weichen, die nicht funktionieren? So oft wie die in den letzten Monaten defekt sind, kann es nicht sein!

      Türen, die kaputt sind. Die nette Lichtschranke. Man steht und wartet, bis endlich nach Minuten die Erlösung kommt: „Bitte aus den Lichtschranken treten!“. Da blinkt nichts, es hupt nicht wie in der Stadtbahn, nichts. Die Tür ist zu und man wartet, und wartet, und wartet … Warum fährt der oder die nicht??

      Wer möchte unter diesen Bedinungen Lokführer werden? Keiner! Riesige Verantwortung, doch nur der D*** Schichtdienst. Sehr lange Strecken. Einen Fahrplan hinterherhecheln, den man nicht mehr halten kann. Zu bestimmten Zeit recht ungemütliche Fahrgäste. Manche meinen plötzlich auf den Schienen aufzuhalten. Wind und Wetter.

      Das gehört viel dazu! Diese Menschen haben meinen höchsten Respekt!

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  2. Warbeast

    Soweit ich weiß wurden im Zuge der Rampensperrung und Umbaus für S21 das Nachfahren abgeschafft. Seitdem kommt es immer wieder zu größeren Staus.

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    1. Jörg Conrad

      Das kann ich so nicht stehenlassen. Das Nachfahren an der Rampe war eine EBA-Genehmigung ,die mit dem Umbau auslief. Ersetzt wurde dies durch ein ganz normales Hauptsignal/Vorsignal-Verfahren mit Geschwindigkeitsprüfabschnitten an verschiedenen Punkten. Im Endeffekt wird damit kontrolliert ,daß kein Zug ,selbst nach einer etwaigen Überfahrung des Zwischensignales vor dem Bahnsteig ,den Durchrutschweg überschreitet. Der D-Weg ist der Gefahrpunktabstand ,der eingehalten werden muß ,damit salopp gesagt ,nicht ein Zug auf den anderen fährt. Zum Zeitpunkt des Stammstreckenbaus der Stuttgarter S-Bahn gab es die 400 -Meter-Regel noch nicht ,nach der ein Zug ,der dieses Vorsichtssignal erhält,auch nach dem nächsten Hauptsignal noch diese Strecke auf Sicht befährt. Der Sicherheitsstandard ist gewährleistet .Und jetzt mal im Ernst : Im EBA sitzen fachlich fundierte Leute , die nicht die schwäbische Hausfrau ärgern wollen. Die Probleme mit dem Stau vor der Tunnelröhre gab es schon immer ,selbst im 20-Minuten-Takt der frühen 90-er Jahre. Mit der Einführung des 15-Minuten-Taktes in der HVZ diskutierten wir in Kollegenkreisen schon ,ob das wohl gut geht, oder ob bestimmte Zwischentakte Hbf (oben) wenden sollten. Damals waren nur 420 unterwegs ,die S-Bahn-Tunnelaufsichten kümmerten sich um die Abfertigung der Züge. Alles Vergangenheit. Die Aufsichten verloren ihren Status als Betriebsbeamte ,verkamen zu Servieskräften ,die Tf übernahmen mit den Zugbegleitern die Abfertigung. Dann kamen die 423. Lichtschranken ,wunderbar. Kann man letztere einsparen .Aber schon hatten wir Haltezeitüberschreitungen. Man steht sowieso nur vorn oder hinten ,jeder hält dem anderen die Tür noch auf und der Lokführer ist sowieso der kundenunfreundlichste Mensch in der Kette. Selbiger kommt eben dann auch nach Esslingen /Waiblingen /Winnenden etc. ,wo ihm die Leute berechtigterweise einen Vogel zeigen ,da ihr Bus weg ist und sie eine halbe Stunde warten müsen. S-Bahn ist eben nicht Stadtbahn ,wo der der Führer noch mal schnell die Türen aufmacht .U-Bahn -Züge sind kürzer ,lassen sich schneller abfertigen,da im Spiegel alles erkennbar ist. Das geht nun mal bei einem 210-Meter-Langzug nicht, der auf Gleis 102 im Hbf Tief noch in einer leichten Kurve steht. Was ist ,wenn der TF die Seite kurzzeitig die Seite freigibt und hinten ,im nicht sichtbaren Bereich ,kommt jemand zu Schaden? Klar ist es manchmal grenzwertig ,wenn jemand noch angerannt kommt und man ist froh ,wenn die Türen zu sind. Und das eben ,bei einem Zugabstand von zweieinhalb Minuten .Aber wer ist dann egoistischer ? Der Lokführer ,der die Türen schließt oder der Fahrgast ,der von Uni bis Hbf aller 5 Minuten fahren kann oder der Fahrgast ,der nach getaner Arbeit von Leonberg nach Renningen will. Vielleicht sollte manch einer darüber nachdenken .Und das sagt einer ,der auch immermal vorn sitzt.

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      1. Ulli Fetzer Beitragsautor

        Hallo Herr Conrad,
        vielen Dank für den Kommentar von einem, der vorne sitzt. Ich halte es für untragbar, dass der TF bezichtigt wird, an einer Verspätung schuld zu sein. Die Schuldigen am Chaos, wozu auch Personalabbau, Wartung, Krisenmanagement und Fahrgastinformation gehören, sitzen ganz woanders.

        Klar, gab es auch schon früher auf Grund verschiedener Ursachen gelegentlich Verspätungen, das ist ganz normal. Allerdings finde ich schon, dass die Verspätungsanfälligkeit in der HVZ seit dem Beginn des Umbaus des Gleisvorfelds höher ist, obwohl die Fahrgastzahlen seit einiger Zeit stagnieren – wobei mir natürlich klar ist, dass die Zugfolge von 2,5 min eigentlich keine höhere Fahrgastwechselzeiten als 45 sec erlauben und diese Zeit wird in der HVZ gerade in Stuttgart Hbf tief insbes. von Zügen der BR 423 fast schon regelmäßig überschritten, wie auch die Eisenbahn-Revue International gemessen hat.

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        1. Jörg Conrad

          Guten Morgen Herr Fetzer.
          Vor dem Umbau des Gleisvorfeldes gab es auch Trassenkonflikte ,beispielsweise mit der Tübinger RE-Linie. Diese fährt mit Minute 22 oder 52 ab Hbf von Gleis 2 ab und benutzt bis Cannstatt die S-Bahn-Gleise. Bei einer verspäteten Abfahrt der Tübinger Züge hat die S1 Richtung Plochingen/Kirchheim ,die mit Minute 25 oder 55 abfährt ,das Nachsehen. Ein echter Nachteil ist beim bestehenden Zustand ,daß die Abzeigweiche nach Nord aus der Rampe rausverlegt wurde, d.h. bei einer wegen Zugfolge wartendenden S 1, konnte die nachfolgende S 5 daran vorbeifahren. Umgekehrterweise konnte eine Richtung Nord fahrende S-Bahn auch mal wegen eines verspätet ausfahrenden Regionalzuges nach Heilbronn ,der zeitweise auch die S-Bahn-Gleise bis Ludwigsburg benutzt, warten ,ohne das der Streckenast nach Cannstatt betroffen war. Warum das so geplant wurde ,entzieht sich leider auch meiner Kenntnis.
          Was die Fahrgastzahlen anbelangt : Ich war 2006 letztmalig als Tf im S-Bahn-Dienst eingesetzt und fahre nun zeitweise als Aushilfe. Die Fahrgastzahlen haben m.E. zugenommen. Gut ,ich kenne jetzt keine Statisik ,aber man sieht ja ,wieviele Leute auf dem Bahnsteigen stehen. Der Verband hat mit der S-Bahn auch reagiert ,Vollzüge am WE bis ca. 22.00 Uhr ,die Einführung des Nachtverkehrs ,Viertelstundentakt ausgedehnt. Nochmalige Verbesserungen sind angedacht. Es gibt auch keine Alternative zum Ballungsraum Stuttgart. Externe Einflüsse sind natürlich nie kalkulierbar. So zum Beispiel die in den letzten Wochen arg gebeutelte Schorndorfer Linie. Von PU’s ,über die Geschichte von Weiler ,als ein Baukran ,der nun wirklich nichts mit der DB zu tun hatte ,in Weiler die Fahrleitung beschädigte.
          Die Ursachen sind m.E. im Bau der Tunnelstationen von 1978 bis 1985 zu suchen. Es wurde halt von weniger Fahrgästen ausgegangen. Andererseits war vielleicht das Vorbild der Stuttgarter S-Bahn die bayrische Landeshauptstadt München.Aber da war eben Geld da, was Ba-Wü allein stemmen mußte.

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  3. Sylvia Keller

    Es scheint, das System funktioniert nur, wenn alles reibungslos läuft.

    Kaum sind die Türen zu, fährt die S-Bahn ab. Nicht jeder Fahrgast ist so schnell. Leider habe ich mir angewöhnt, noch reinzudrucken. Nciht erst abwarten, bis alle ausgestiegen sind. Wenn die Türen sich schließen. Schnell rein!

    Mir ist schon passiert, daß die S-Bahn hielt und ich bei offenen Türen normal und zügig durchlief. Kaum war ich drin, gingen die Türen zu und mein Rucksack oder Tasche steckte dazwischen. Das ist kein Einzelfall. Ich hab schon einen älteren Mann getroffen, dessen Stock irgendwo zwischen S-Bahn-Tür steckte und kreiste. Die Frau ist hinterher und wartete, bis endlich die Tür sich öffnet. Ob die noch kreisen, weiß ich nicht.

    Wenn ich den Bericht lese, weiß ich warum. Es ist fast keine Zeit, zum Ein- und Aussteigen.

    Man meckert auch, daß alle im Türbereich stehen bleiben. Warum wohl? Im Gang ist kein Platz. Steht da einer, kann keiner von den Sitzen aufstehen und rausgehen. Für keinen gibts eine Chance, irgendwie rauszukommen.

    Dann habe ich das glücklich geschafft. Manche Bahnhöfe haben nur ein Durchgang. Da müssen alle durch! Wie dicht ist der Anschluß getaktet? Das reicht mit ach und krach, wenn ich mit zügigen Schritt durchsause.

    Hat die S-Bahn Verspätung, ist viel unterwegs, bin ich nicht gut zu Fuß oder habe Kinder oder Gepäck, muß ich noch gucken wohin, etwas überqueren, keine Chance.

    Okay, der nächste kommt. 10 Min. ist überlebbar, aber selten. Meist sind es 20 Min. 30 oder 60 Min. Auch zu den Stoßzeiten. Man steht doof herum, dreckig und stinkig, zugig. Als Frau fühlt man sich als Freiwild und unwohl.

    Wenn ich das so betrachte: der Fahrgast ist ein Störungsfaktor! Gäbe es ihn nicht, gäbe keine Verzögerungen und reibungsloser S-Bahn-Ablauf! Schaffen wir ihn ab! *Ironie*

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  4. Vielreisender

    Sehr interessanter und gut geschriebener Artikel. Was müsste denn getan werden, um den Takt zu stabilisieren? Gerade die neuen S-Bahnen scheinen alles andere als förderlich für eine Beschleunigung zu sein. Ein durchgängiger 15 Minuten Takt vom Morgen bis in den frühen Abend, wäre ja unter diesen Prämissen absolut unvorstellbar.

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  5. Gero Treuner

    Zum Technischen
    * Gebirgsbahn: Ich bezweifle, dass dies betrieblich eine Rolle spielt. Zwischen Schwabstr. und Universität betragen die Höchstgeschwindigkeiten 80km/h abwärts und 100km/h aufwärts. Auch zwischen Hbf und Schwabstr. dürfte die max. Geschwindikgeit größer als 60km/h sein, was bei den kurzen Haltestellenabständen sicherlich nur kurzzeitig erreicht wird.
    * 15-Min.-Takt: Auch beim alten 20-Min.-Takt betrug die Zugfolge 150s, da die Linien S1 und S6 im 10-Min.-Takt fuhren. Jedoch war die Dauer der 24 Züge/h-Phase der HVZ kürzer.
    * Fahren auf Sicht: Die Genehmigung lief mit den S21-Umbauten ja definitiv aus. Die aktuelle Nachrückregelung beruht damit vollkommen auf Signalisierung. In der Presse ist von einer Geschwindigkeitsprüfung die Rede. Vermutlich hat man mit PZB-Magneten getrickst, um ohne die sonst erforderlichen Durchrutschwege sicher zum Halten zu kommen.
    * Verzicht auf Vorsignale: An den Tunnelhaltestellen wurde teilweise auf Vorsignale verzichtet, um PZB-Beeinflussungen zu vermeiden, die im Fahrtverlauf zu Geschwindigkeitsreduktionen führen, auch wenn der folgende Blockabschnitt wieder frei ist. Um die Durchrutschwege einhalten zu können, muss am Bahnsteig gehalten werden, ansonsten gilt eine sehr niedrige Durchfahrtsgeschwindigkeit.
    * Ursprünglich wurden die Züge durch das Stationspersonal abgefertigt. Da von diesen kameratechnisch nicht jeder Winkel eingesehen werden konnte, wurde auf Abfertigung durch das Fahrpersonal umgestellt (wie auch an den Außenstationen). Hier wären möglicherweise wieder ein paar Sekunden zu gewinnen. Die heutige Videotechnik ist gut und kostengünstig genug.
    * Die Münchner Lösung zu kurzen Zugfolgeabständen LZB ist veraltet und rechnet sich für eine Neueinführung nicht. Für ein solches System käme ETRMS in Frage, das für eine solche Anwendung noch nicht hinreichend standardisiert und erprobt scheint, zumal die Fahrzeugausrüstung tatsächlich teuer ist.

    Mich überrascht die längere Fahrgastwechselzeit der moderneren Züge überhaupt nicht. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass die S-Bahn unpünktlicher wird, je weniger die Baureihe 420 zum Einsatz kommt (Ausmusterung ist geplant).

    Betrachtet man eine konkrete S-Bahnfahrt mit BR 423/430, so kommt es im Durchschnitt zu mindestens einer Verzögerung durch geschlossene Türen, aber unterbrochene Lichtschranken. Mit der BR 420 könnte man abfahren (zu ist zu), neuere Züge bekommen dadurch regelmäßig Verspätungen von 1-3 Min. in der HVZ. Diese werden meist dadurch kompensiert, dass Staus vor den Stammstrecken ohnehin zu solchen Verzögerungen führen.

    Das lässt wiederum den Schluss zu, dass ein wirklich pünktlicher Verkehr mit dichter Zugfolge mit den neueren Baureihen überhaupt nicht bzw. nur mit einer geringen zu erwartenden Wahrscheinlichkeit möglich ist. Man muss sich vorstellen, dass sich in einem Zug typisch 600 bis über 1000 Fahrgäste befinden, jeder davon kann potentiell an dutzenden Haltestellen Lichtschranken unterbrechen.
    Eine optional mögliche visuelle Abfertigung durch den Fahrer tut not.

    Wer da glaubt, für Schiebetritte seien nur Zehntelsekunden übrig, verkennt die Situation. Daher verstehe ich auch nicht, weshalb die BR 430 nachgebessert werden soll. Zwischen Hbf und Schwabstraße können sie ohnehin nicht zum Einsatz kommen, ohne den Fahrplan auszudünnen oder ETRMS einzuführen.

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