Was tun bei defektem Ticketautomat oder Entwerter?

DB-Ticketautomat und VVS-Entwerter

DB-Ticketautomat und VVS-Entwerter

Wer stand noch nie vor einem defekten Fahrkartenautomaten oder Entwerter? Und das nicht selten, wenn die S-Bahn schon einfährt, so dass man keine Chance mehr hat, einen alternativen Automaten oder Entwerter zu finden, bevor die Bahn abfährt.

Bis vor kurzem wurde man zumindest bei den DB-Automaten gebeten, in diesem Fall doch bitte eine gebührenpflichtige 0180er-Nummer anzurufen, um die Störung mitzuteilen. Inzwischen hat man – auch nach Protesten von diesem Portal – hierfür wenigstens eine gebührenfreie 0800er-Nummer geschaltet und wirbt mit 0800-2886644 – die beste Wahl bei defekten Fahrkartenautomaten….

Bei den Schienenfahrzeugen der WEG, der Stadtbahn und den meisten Bussen innerhalb des VVS befinden sich Entwerter im Fahrzeug, nicht aber in den Fahrzeugen der DB und damit auch nicht in der S-Bahn. Dort gibt sie es nur auf dem Bahnsteig oder eventuell am Zugang.

Der Einstieg in die S-Bahn ist bekanntlich nur mit einem für diese Fahrt gültigen Fahrausweis gestattet. In anderen Schienenfahrzeugen, in denen sich Entwerter befinden, muss der Entwerter sofort nach dem Einstieg und noch vor dem Platznehmen bedient werden, da das Kontrollpersonal sofort nach dem Losfahren mit der Kontrolle beginnt. Ich erinnere mich an einen Vorfall in der Stadtbahn, bei dem eine junge Mutter mit Kind zuerst den Kinderwagen am Kinderwagenplatz vor dem Wegrollen sicherte und sich erst dann Richtung Entwerter bewegte. Zu spät, das Kontrollpersonal kannte keine Gnade. Die SSB hat sich allerdings im Nachhinein dafür entschuldigt.

Die Entwerter sind einfache, mechanische Stempeluhren, die bei jedem Minutenwechsel ihr Stempelwerk aktualisieren und hierbei einen mehrere Sekunden dauernden Lärm veranstalten. Sie sind schlichtweg nicht mehr zeitgemäß, zumal häufig auch noch die Stempelfarbe verbraucht ist und man den Abdruck nur mit viel Mühe oder gar nicht mehr erkennen kann. Bei frisch nachgefüllter Stempelfarbe macht man sich die Finger, die Tasche oder den Geldbeutel schmutzig. Die Politiker reden fast pausenlos von der erforderlichen Digitalisierung, aber an so einfache Dinge wie eine elektronische Fahrkarte, die beim Einsteigen automatisch kontrolliert und entwertet wird, denkt man nicht.


Was gibt es nun für Regeln, falls der Entwerter defekt ist?

Der VVS gab uns auf Anfrage folgende Antwort (gekürzt):

Die korrekte Vorgehensweise ist [..] bei den VVS-FAQ beschrieben:

Falls kein anderer funktionstüchtiger Entwerter vorhanden ist, kann die Fahrt ohne Entwertung angetreten und beim Umstieg/am Ende der Fahrt nachgeholt werden.
Werden Fahrgäste in solchen Fällen während der Fahrt von einem Fahrausweisprüfer angetroffen, ist der Prüfer auf den defekten Entwerter hinzuweisen. Die Fahrgäste werden dann aufgefordert Namen und Adresse zu nennen und erhalten für die Fortsetzung der Fahrt einen Beleg. Nach Prüfung der gemeldeten Störung wird dann eine Zahlungsaufforderung über den für die Fahrt erforderlichen Fahrpreis zugestellt. Fahrgäste, bei denen sich nachträglich herausstellt, dass die Angaben bzgl. des defekten Entwerters falsch waren, müssten dann nachträglich ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 60 € bezahlen.

Eine handschriftliche Entwertung ist zur Verhinderung von Missbrauch generell im VVS unzulässig. Wenn wir eine handschriftliche Entwertung zuließen, würden bestimmte Fahrgäste so lange mit der Entwertung warten, bis Fahrausweisprüfer auftauchen.

Wird man durch einen defekten Entwerter am Entwerten des 4er-Tickets gehindert ist es somit extrem wichtig gut zu dokumentieren, welcher Entwerter defekt war. Normalerweise sind die Entwerter nummeriert und ein mit dem Smartphone gemachtes Foto oder Video ist im Streitfall sicher hilfreich.

Wer eh schon ein Smartphone dabei hat, sollte vielleicht auch den Umstieg vom 4er-Ticket auf das Handy-Ticket in Erwägung ziehen, um dem Stress mit defekten Entwertern aus dem Weg zu gehen. Einzeltickets bekommt man per Handy ebenfalls zum Preis eines 4er-Ticket-Abschnitts, man spart also ebenfalls rund 5 % gegenüber dem normalen Einzelticket.


„Falls kein anderer funktionstüchtiger Entwerter vorhanden ist …“

Dieser Satz klingt zunächst mal sehr unfreundlich. Wird tatsächlich vom zahlungswilligen Fahrgast in jedem Fall erwartet, dass er den ganzen Bahnhof nach einem alternativen funktionierenden Entwerter absucht, auch wenn seine S-Bahn gerade einfährt oder gleich abfährt und die nächste erst in einer halben Stunde kommt? Ich halte es für etwas gewagt, sich dann einfach in den Zug zu setzen und am Umstiegs- oder Zielort zu stempeln. Denn so könnte es passieren, dass im Falle einer Kontrolle der ehrliche Fahrgast mit dem bewusst handelnden Schwarzfahrer gleichgesetzt wird und das halten wir für unverhältnismäßig, denn es ist ja schließlich nicht die Schuld des (ehrlichen) Fahrgastes, wenn der Entwerter nicht funktioniert, sondern die Schuld des Entwerter-Betreibers.

Schließlich könnte es sich um eine kurzzeitige Störung des Entwerters (z.B. Stromausfall) gehandelt haben, die bei einer nachträglichen Überprüfung nicht mehr erkennbar ist. Ob die Ausfälle der Entwerter entsprechend dokumentiert werden, muss bezweifelt werden. Daher kann ich nicht recht nachvollziehen, wieso eine präzise handschriftliche Entwertung (mit Datum, Uhrzeit, Einstiegsort) eines Abschnitts einer Mehrfahrtenkarte generell unzulässig sein soll. In den Tarifbedingungen ist schließlich zu lesen: „Eine handschriftliche Entwertung ist grundsätzlich untersagt.“ Der Begriff „grundsätzlich“ lässt juristisch gesehen durchaus Ausnahmen zu.

Es ist sicher richtig, dass einige Fahrgäste erst dann handschriftlich entwerten würden, wenn das Kontrollpersonal in Sicht ist. Das gilt aber auch in dem Fall, wenn der Entwerter am Zustiegsort zwar defekt war, aber bis zum Ziel kein Fahrausweisprüfer auftauchte. Es werden nicht allzu viele Leute sein, die dann noch pflichtbewusst ihre Mehrfahrtenkarte nachträglich abstempeln. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass den Fahrausweisprüfern allerlei Märchen aufgetischt werden, insofern ist eine gewisse Skepsis gegenüber dem fahrscheinlosen Fahrgast sicher angebracht. Aber etwas freundlicher als bisher zuweilen üblich könnte das Kontrollpersonal schon werden.

Schwarzfahrer gibt es bestimmt zuhauf, denn eigentlich werden nach meiner Beobachtung bei jeder Kontrolle welche gefunden. Die Gefahr erwischt zu werden, ist gar nicht so groß, weil die Kontrollen einfach relativ selten stattfinden. Und während das Kontrollpersonal gerade die Personalien eines fahrausweislosen Fahrgast aufnimmt oder die Kontrolle lange dauert, was auch den lahmen Lesegeräten für die polygo-Card oder einem Handyfahrschein geschuldet ist, haben andere Schwarzfahrer die Chance, an der nächsten Station unerkannt auszusteigen.

Wenn der VVS das handschriftliche Entwerten auch im Ausnahmefall komplett ablehnt, müsste dafür gesorgt werden, dass in den Entwertern temporäre Ausfälle gespeichert und erkennbar gemacht werden. Einen gewissen Charme hätte es  auch, wie in den meisten anderen Fahrzeugen innerhalb des VVS, Entwerter auch bei der S-Bahn Stuttgart innen anzubringen, auch wenn nicht verkannt werden soll, dass die Züge dann noch komplizierter und störungsanfälliger werden als sie es ohnehin schon sind.

Warum ist es eigentlich nicht möglich, dass das Kontrollpersonal die Mehrfahrtenkarte entwertet, wenn die Aussagen des Fahrgastes plausibel klingen? Die Personalien können im Zweifel ja trotzdem aufgenommen werden und wenn sich herausstellt, dass die Aussagen richtig waren oder nicht eindeutig widerlegt werden können, spart sich der VVS jede Menge Verwaltungsaufwand.

6 Gedanken zu „Was tun bei defektem Ticketautomat oder Entwerter?

  1. Thomas

    “ 0800-2886644 – die beste Wahl bei defekten Fahrkartenautomaten….“
    Die reinste Comedy: Ich rufe an und melde, dass an keinem Fahrkartenautomaten im Bahnhof die Kartenzahlung funktioniert. Die nette Dame lacht und sagt, das könne sie sich nicht vorstellen, wie viele ich den durchprobiert hätte. Antwort: Fünf. Betretenes Schweigen am anderen Ende, es gibt tatsächlich nur fünf Automaten, ich möge doch bitte bar zahlen. 120 Euro für ein Fernticket in Scheinen nicht größer als 20 Euro, das hat man nach Auffassung der Bahn wohl immer dabei. Nachlösen im Zug sei definitv ausgeschlossen….

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  2. Wolf

    Bei der S-Bahn Stuttgart sind ja nicht einmal bei allen Zugängen zu den Bahnsteigen Entwerter angebracht.
    Zum Beispiel in Stuttgart-Vaihingen kann man am Gleis 1 lange suchen, wenn man von der „falschen“ Seite kommt (also aus Richtung Scharrstrasse auf den Bahnsteig kommt), denn da gibt es keinen!
    (Laut VVS „aus wirtschaftlichen Aspekten“) Offensichtlich ist es dem VVS also egal, dass Fahrgäste zur Entwertung entweder den ganzen Bahnsteig ablaufen müssen, oder auf den anderen Bahnsteig wechseln müssen. Wohl nicht gerade die kundenfreundlichste Lösung!

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  3. Fassbinder

    Also ich finde es eine Unverschämtheit, wegen eines kaputten Automaten 60 Euro zu bezahlen, der die EC-Karte und das Münzgeld nicht annimmt!!
    In manchen Fällen fehlt einfach die Zeit, noch andere Automaten zu testen, da man unter Zeitdruck steht. Warum ist das so schwierig, öfters Wartungen an den Automaten durchzuführen?
    Was ist in diesem Fall der richtige Weg, damit man nicht 60 Euro Strafe für etwas bezahlen muss bei dem man nicht schuld ist?

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    1. Hosea Winter

      Erstmal ist das Fahren ohne Fahrausweis natürlich nicht erlaubt und muss von den Fahrausweisprüfern mit dem erhöhten Beförderungsentgelt von 60€ „bestraft“ werden.
      Wenn man mit der Fahrpreisnacherhebung nicht einverstanden ist, kann man hier Beschwerde einlegen. Allerdings kann man meiner Meinung nach von einem Fahrgast erwarten, dass er bei mehreren Automaten an einer Station bei der Störung eines Gerätes zumindest versucht, an den anderen einen Fahrschein zu lösen.
      Ob die Automaten zu selten gewartet werden, kann ich nicht beurteilen. Fraglich ist aber, ob bei einer öfteren Überprüfung mehr Ausfälle vermieden werden könnten. Insgesamt arbeiteten die Automaten der DB bei meinen Stichproben zuverlässig.

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  4. Dorothea Haller

    Die Touchscreen des Ticketautomaten in Grunbach (Remshalden) ist fast immer so ekelerregend verschmutzt, dass es gesundheitsgefährdend ist, sie zu bedienen. Die aktuelle Beschmierung hat sich seit einer Woche nicht verändert.

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