Nur wenigen Nutzerinnen und Nutzern der S-Bahnen ist bekannt, dass die Verantwortlichkeit für das Angebot beim Verband Region Stuttgart (VRS) liegt. Der VRS ist einer von zwölf Regionalverbänden in Baden-Württemberg, die als Körperschaften des Öffentlichen Rechts dazu geschaffen wurden, die Regionalplanung gemäß dem Landesplanungsgesetz umzusetzen. Üblicherweise sind Regionalverbände somit kaum in der täglichen Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Doch anders als andere Regionalverbände zeichnet sich der VRS eben dadurch aus, dass er der sogenannte Aufgabenträger für die S-Bahn in der Region Stuttgart ist und damit auch Sie als Fahrgäste direkt tangiert.
Doch wem fällt schon das unscheinbare Logo aus hell- und dunkelblauen Balken an den Seiten der S-Bahnen auf?
Aufgabenträger sind diejenigen Institutionen, die dafür zuständig sind, den Öffentlichen Personennahverkehr als eine Leistung der Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Aus diesem Grund wird der Teil, der nicht durch Fahrgeldeinnahmen für das Angebot abgedeckt ist, durch Steuergelder ausgeglichen. Es handelt sich dabei um die sogenannten Regionalisierungsmittel. Die Verteilung dieser vom Bund stammenden Mittel auf die Bundesländer erfolgt nach dem Regionalisierungsgesetz, welches seit 1996 gültig ist und dafür sorgte, dass erstmalig die Bundesländer selber über das Angebot im Nahverkehr eigenverantwortlich bestimmen und entscheiden konnten. Diese benannten hierfür Behörden und Institutionen, wie z.B. die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW), die für den 3-Löwen-Takt verantwortlich zeichnet.
In Baden-Württemberg wurde die Aufgabenträgerschaft im Schienenpersonen-Nahverkehr (SPNV) wie folgt aufgeteilt:
- S-Bahn Stuttgart: Verband Region Stuttgart
- Nahverkehrszüge: Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI), vertreten durch die NVBW
Damit ist die direkt verantwortliche Instanz für die S-Bahn der VRS und nicht der Verkehrsverbund VVS und ebenso wenig das Land Baden-Württemberg mit dem MVI.
Sicherlich stellen auch Sie sich die Frage, was man konkret auch politisch tun kann, wenn es mal wieder bei der S-Bahn klemmt. Eine weitere Besonderheit des VRS macht es möglich: Im Gegensatz zu anderen Regionalverbänden in Baden-Württemberg ist die Regionalversammlung beim VRS nicht mit politischen Vertretern bestückt, die in diese Gremien aus den Land- und Stadtkreisen entsandt werden, sondern sie werden direkt durch die Bevölkerung gewählt. Damit haben Sie als Fahrgäste direkt die Möglichkeit durch Ihre Stimme bei den kommenden Wahlen der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart am 25. Mai 2014 Einfluss auf Ihr S-Bahn-System zu nehmen, denn die Abgeordneten der jeweiligen Parteien, die in der Regionalversammlung sitzen, sind Ihre Repräsentanten.
Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen beginnen, zu dokumentieren, wie sich die Parteien und Abgeordneten in der aktuellen Regionalversammlung in Bezug auf die S-Bahn verhalten.
Dazu werden wir Verweise auf die Sitzungsprotokolle, auf Pressemitteilungen und Reden in der Regionalversammlung anbieten und auch Kurzfassungen der Sitzungen verfassen, wenn die S-Bahn auf der Tagesordnung ist. Durch die Verweise auf die Reden soll gewährleistet bleiben, dass die Begründung für politische Entscheidungen transparent bleiben und die Beurteilung und Wertung einer solchen Entscheidung durch Sie als Wählerinnen und Wähler auf dieser Basis geschehen kann.
Update 20.9.: Gegen die Stimmen der Fraktionen der Grünen und Die Linke wurde gestern, Do. 19.9.13 vom Regionalparlament mehrheitlich eine Erhöhung der VVS-Tarife um durschnittlich 2,8 Prozent beschlossen. Mehr als tröstende Worte für die strapazierten S-Bahn Kunden waren von den Mehrheits-Parteien nicht zu erwarten. Lesen Sie selbst, speziell Teil 2 der Pressemitteilung mit den Zitaten der Partei-Vertreter ist interessant!
Erhöhung des VVS-Tarifs um 2,8 Prozent Die Verbesserungen und guten Angebote „trösten aber nur schwer darüber hinweg, dass Fahrgäste im kommenden Jahr wieder mehr fürs VVS-Ticket bezahlen müssen“, führte Dr. Jürgen Wurmthaler aus. Der von den Verkehrsunternehmen im VVS festgesetzten Tariferhöhung von 2,8 Prozent stimmten die Regionalpolitiker mehrheitlich zu. Der Grünen-Antrag, wonach die DB Regio AG angesichts der Probleme bei der S-Bahn auf ihren Anteil an der Tariferhöhung 2014 verzichten solle, fand keine Mehrheit.
hier geht’s weiter: Pressemitteilung Verband Region Stuttgart, 19.9.2013
Michael Gauderon
Sehr schöner Artikel! Hervorragend recherchiert und dargestellt. Auch das Angebot, die öffentlichen Dokumente der Sitzungen UND eigene Zusammenfassungen anzubieten… wow!
Ich schlage vor, das Thema der Fahrpreise aber nicht zu sehr mit dem Chaos zu vermischen. Gerade die jährliche Tariferhöhung ist ein formaler Akt. Das Prozedere misfällt vielen, auch der Politik (welche die Erhöhung lediglich abnicken). Aber die Erhöhung zu verhindern, selbst vor dem Hintergrund, damit eine Kompensation für Chaos und Unpünktlichkeiten zu erreichen, ist nicht ohne weiteres möglich. Stimmt die öffentliche Hand der jährlichen Tarifanpassung NICHT zu, müssen die das nämlich selber ausgleichen!
Darum halte ich eine Verquickung für nicht so glücklich. ABER die Politik sollte definitiv nach Wegen suchen und darauf drängen, die Fahrgäste in irgendeiner Form zu entschädigen. Bloß über die jährliche Tarifanpassung, auf die der letzte Abschnitt Bezug nimmt, ist dafür nicht unbedingt geeignet.
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Ihre Anmerkungen teile ich durchaus und Sie brauchen keine Sorge haben, dass wir dies bewusst vermischen wollen.
Dennoch hatten wir uns entschieden, das Thema Fahrpreiserhöhung insofern an diesen Artikel anzuhängen, als dass es ein Thema in der Regionalversammlung war. Wenn schon über dieses Gremium hier berichtet wird, wollten wir die Pressemeldung des VRS nutzen, um damit Leserinnen und Lesern gleich einen aktuellen Bezug zu diesem Artikel zu geben. Denn er erklärt ja auch, was die Regionalversammlung ist.
Da aber das Thema Fahrpreiserhöhung so eminent wichtig ist, haben wir bereits einen Artikel in Vorbereitung, der erklären wird, wo genau die Fahrpreiserhöhungen entschieden werden, was es mit dem VVS auf sich hat und wie diese Entscheidungsebenen zusammengesetzt sind.
Mit besten Grüßen
M. Gauderon
Im Antrag der Grünen ging es darum, einen moralischen Druck auf die Bahn aufzubauen. Natürlich könnte die Bahn in anbetracht der schlechten Leistung auf ihren Anteil an der Tariferhöhung verzichten. Nur das wurde gefordert. Mir ist völlig unverständlich, warum die anderen Fraktionen das abgelehnt haben. Sich hinter Formalitäten zu verstecken die es gar nicht giibt, finde ich eigenartig.