Zugverspätungen und -ausfälle sind ein leidiges Thema. Gründe dafür gibt es viele und noch nie war die Deutsche Bahn und auch die S-Bahn Stuttgart so unzuverlässig und unpünktlich wie im letzten Jahr. Eine pauschale Entschädigung, wie teilweise in den letzten Jahren gewährt, gibt es derzeit dafür aber nicht. Man kann nur – abhängig vom verwendetem Ticket – eine individuelle Entschädigung beantragen und hoffen, dass sich der Aufwand am Ende lohnt und man die Entschädigungskriterien tatsächlich erfüllt.
Einen einfacheren Weg eine Entschädigung zu erhalten hat die DB Regio Anfang 2024 offenbar still und heimlich in ihre Zugportal App integriert. In dieser App kann man bei einer Verspätung von mehr als 5 Minuten mit etwas Glück einen Gutschein für ein kostenloses Heißgetränk oder 2 Brezeln zum Preis von 2 € erhalten, den man dann innerhalb von 72 Stunden einlösen kann.
Bei meinen Tests hat mir die App nach ein paar Tagen dann tatsächlich einen Brezel-Gutschein geschenkt, merkwürdig war nur, dass ich an dem Tag gar nicht Zug gefahren bin. Mein Versuch, den Gutschein bei der Ditsch-Filiale in Böblingen einzulösen war leider nicht erfolgreich, denn er wurde dort nicht akzeptiert. Beim Bäcker gegenüber kostet die Brezel übrigens nur 1 Euro.
Diese Erfahrungen haben mich aber angespornt, in Richtung Verspätungsentschädigungen weiter zu recherchieren. Hierbei bin ich auf Hinweise gestoßen, dass dies wohl nur ein erster Testballon ist. Zukünftig soll es nämlich die Möglichkeit geben, für erlittene Verspätungen total unkompliziert und auch gerecht (da ganz individuell) Prämienpunkte zu erhalten, diese zu sammeln und später gegen Prämien einzulösen.
Hat man die ZugPortal App auf dem Smartphone installiert und ist es mit dem Zug-WLAN verbunden, dann ermittelt die App automatisch die Daten der aktuellen Fahrt und zeigt sie in der App dauerhaft am oberen Bildschirmrand an. Auch Benachrichtigungen zum Um- und Ausstieg kann man so erhalten. Alternativ und ohne Verbindung zum Zug-WLAN kann man die geplante Fahrt auch unter „Reise“ in der App suchen, merken und anheften. In beiden Fällen kennt die App nun die aktuelle Fahrt und über deren Echtzeitdaten auch eventuelle Verspätungen.
Anfang April wird zunächst die Zugportal App in „Regio Guide“ umbenannt. Danach ist geplant eine neue Art der Verspätungsentschädigung in die App einzubauen. Um diese Funktion nutzen zu können, muss man sich beim bereits länger existierenden BahnBonus-Programm der DB angemeldet haben. Hierbei erhält man eine Bahnbonus Card, deren Nummer man für die Teilnahme an der Verspätungsentschädigung in der Regio Guide App hinterlegen muss.
Wer beim BahnBonus Vorteils-Programm der DB mitmacht, kann bislang schon durch den Kauf von Tickets sowohl Prämien- als auch Statuspunkte sammeln. Zusätzlich ist das Punktesammeln bei BahnBonus Partner-Firmen wie z. B. bei Hotelketten oder Autovermietern möglich. Pro Euro Umsatz erhält man einen Prämien- und einen Statuspunkt gutgeschrieben. Jeder Prämienpunkt hat ungefähr den Gegenwert eines Euro-Cents. Die gesammelten Prämienpunkte können dann anschließend über die BahnBonus App in eine Fülle unterschiedlichster Prämien eingelöst werden.
Bald soll man nun auch Verspätungsminuten über die Regio Guide App in Prämienpunkte umwandeln können. Der Knackpunkt bei der Sache dürfte sein, wie hierbei verpasste Anschlüsse und Zugausfälle behandelt werden. Zumindest wenn man in der App zu Beginn der Fahrt eine Reise aussucht und anheftet, könnte die App während der Reise solche verpassten Anschlüsse und auch Zugausfälle registrieren. Diese könnten dann bei der Berechnung der Gesamtverspätung und der daraus resultierenden Prämienpunkte berücksichtigt werden. Man kann nur hoffen, dass dies im Sinne der Fahrgäste entsprechend realisiert wird und dass nicht, wie bei der Berechnung der offiziellen Pünktlichkeitsstatistik der Bahn, die ausgefallenen Züge einfach unter den Tisch fallen.
Auch ist noch unklar, wie die Bahn sicherstellen will, dass man tatsächlich den verspäteten Zug nutzt und auch ein gültiges Ticket für diese Fahrt besitzt. Für ersteres kann sicher die Standort-Freigabe in der App genutzt werden, die Prüfung auf ein gültiges Ticket ist aber alles andere als trivial. Es gibt nämlich nicht nur die über die DB gekauften Online-Tickets, sondern auch Tickets anderer Anbieter und Papiertickets von Ticketautomaten.
Wir bleiben jedenfalls an diesem spannenden Thema dran und sind auch gespannt, was ihr davon haltet. Werdet ihr das Feature nutzen, sobald es verfügbar ist oder habt ihr Bedenken? Schreibt uns eure Meinung gerne in die Kommentare.
Ergänzung vom 9.4.2024:
Auch gut eine Woche nach der Veröffentlichung dieses Textes am 1. April 2024, hat ihn noch niemand kommentiert. Entweder dieser April-Scherz war zu schlecht, oder zu gut, oder zu schön um wahr zu sein. Jedenfalls braucht niemand mehr nach der neuen App-Version Ausschau zu halten. So wie ich die DB einschätze, wird diese Art der Entschädigung für Verspätungen und Ausfälle wohl leider niemals Realität werden.