Symbolbild mit einer auf dem Flughafengleis 2 wendenden S3. Zum Vergrößern auf das Bild klicken.
Eine kurze Zeit später ankommende S-Bahn zum Flughafen fuhr dann statt dem gewohnten Gleis 2 notgedrungen auf dem für die Richtung Innenstadt vorgesehenen Gleis 3.
Uns erreichte folgendes Anschreiben eines Lesers unseres Portals:
Mittwoch, 25. April, Feierabendverkehr im Vaihinger Bahnhof: Bahnsteig 2 ist mit Reisenden gut gefüllt. Direkt davor eine leere S-Bahn, die auf die Abstellung wartet. Ein Blick auf den VVS-Störungsmelder offenbart den Grund des Wartens: „Nach einer Stellwerkstörung zwischen Waiblingen und Schorndorf, kommt es noch auf der S-Bahn Linie S2 (Filderstadt – Schorndorf) zu Verspätungen und möglichen Fahrplanabweichungen. Bitte achten Sie auf die Lautsprecheransagen und Anzeigen an den Bahnsteigen.“
Schon wieder eine Störung. Als der S-Bahn-Zug das Gleis 2 räumt, wird der Blick auf Gleis 1 frei, auf der recht zügig eine ersehnte Flughafen-S-Bahn einfährt. Doch keine Durchsage, kein Hinweis an Bahnsteig 2. Etwa 50 Personen stürmen in die Unterführung, um den Zug auf Gleis 1 zu erreichen. Unten bereits tönt ihnen Frust entgegen. Der Lokführer hat schlicht die Türen geschlossen und ist der herbeiströmenden Menge davongefahren. Wieder keine Durchsage. Nach weiteren 5 Minuten trifft die nächste S-Bahn zum Flughafen ein. Der auf das Chaos angesprochene Lokführer meint nur barsch, man möge doch still sein und schnell einsteigen. Sonst könne er nicht pünktlich abfahren…
und direkt an den Geschäftsführer der S-Bahn-Stuttgart gerichtet:
… hier passiert erneut ein Kunden-GAU für Ihr Unternehmen – und Ihre werten Mitarbeiter bemerken dies nicht. Mit Verlaub: Schämen Sie sich für Ihr Unternehmen, für die ständigen Störungen, für die miserable Kundenorientierung, für Ihre unprofessionellen Mitarbeiter. Erlauben Sie mir zudem einen Tipp: Beenden Sie bitte Ihre anmaßende Werbeaktion „Deine S-Bahn“. Angesichts der sich in den letzten Wochen häufenden Störungen kann ein solcher Slogan nur als Verhöhnung Ihrer Stammkunden verstanden werden.
Wir haben das Anliegen an den Geschäftsführer weitergeleitet.
Er antwortete darauf folgendermaßen und hat uns die Veröffentlichung seiner Antwort erlaubt:
Sehr geehrter Herr …,
über die Internetplattform www.s-bahn-chaos.de hat uns Ihr Kommentar zum Betriebsgeschehen der S-Bahn Stuttgart im Feierabendverkehr des 25. Aprils erreicht. Ihren Unmut über die Abläufe in Stuttgart-Vaihingen können wir gut nachempfinden.
Wegen Fahrplanabweichungen nach einer Stellwerksstörung hat sich an Gleis 2 die Abstellung einer S2 in Stuttgart-Vaihingen verzögert. Deshalb entschied sich der Fahrdienstleiter spontan, eine unmittelbar nachfolgende S2 an Gleis 1 halten zu lassen. Der Entschluss war dabei so kurzfristig, dass die Gleisänderung in den Fahrgastinformationsanzeigern am Bahnsteig nicht mehr rechtzeitig abgebildet und auch eine Lautsprecheransage nicht mehr wirkungsvoll angesteuert werden konnte. Dieser Umstand, sehr geehrter Herr …, stellt uns in diesem speziellen Fall auch nicht zufrieden und wir werden uns das noch einmal genau anschauen, wie sich der nachvollziehbare Ärger der Fahrgäste vermeiden lässt.
Auch im Zusammenhang mit den von Ihnen angesprochenen Einschränkungen bei der störungsfreien Verfügbarkeit der Infrastruktur geben wir Ihnen Recht. Wir haben das auch auf dem sogenannten S-Bahn-Gipfel beim Verband Region Stuttgart so angesprochen. Die Infrastruktursparte der DB muss die Investitionen in die Instandhaltung und Wartung der Leit- und Sicherungstechnik weiter ausweiten. So wie auf der Tunnelstammstrecke zwischen den Stationen Hauptbahnhof (tief) und Schwabstraße, wo wir nach entsprechenden Arbeiten ein zwischenzeitlich geringes Störungsniveau haben, muss die Situation im Gesamtnetz der S-Bahn werden. Diese Sicht der Dinge teilen wir mit unserem Besteller.
Unser geschnürtes Gesamtpaket zur Stabilisierung der Betriebsqualität der S-Bahn Stuttgart zeigt weiterhin Wirkung. Mit 127,8 Millionen Fahrgästen haben wir im vergangenen Jahr einen neuen Fahrgastrekord eingefahren. Das bedeutet, das rund 20.000 Fahrgäste am Tag mehr mit uns fahren als noch in den Jahren davor. Das stellt uns bei der Betriebsqualität – und hier insbesondere bei der Einhaltung der kurzen Haltezeiten – vor immer größere Herausforderungen. Dennoch haben wir unser Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres stabil halten können. Die Gesamtheit der Fahrgäste scheint dies auch wahrzunehmen, weil uns die Kunden bezogen auf ihre Zufriedenheit zum ersten Mal seit 2012 wieder bessere Noten gegeben haben.
Für die Ihnen während des Feierabendverkehrs in der vergangenen Woche entstandenen Unannehmlichkeiten bitte ich Sie herzlich um Entschuldigung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
…
Vorsitzender S-Bahn Stuttgart
Auch wir von S-Bahn-Chaos.de haben losgelöst von dem oben beschriebenen Fall den Geschäftsführer von DB Regio S-Bahn Stuttgart auf die nicht selten falschen Anzeigen und fehlenden Durchsagen am Bahnsteig angesprochen. Er versicherte uns, dass dieses Thema Gegenstand der regelmäßigen Besprechungen mit DB Station & Service ist, die für Anzeigen und Durchsagen am Bahnsteig verantwortlich ist. Aber wir wissen alle, dass das Problem etwas tiefer liegt. Dazu ein leider sehr zutreffender Satz von ihm: „Leider ist es uns aufgrund der Vielzahl an personellen und technischen Schnittstellen und der damit einhergehenden Komplexität bis heute nicht gelungen, in diesem wichtigen Bereich signifikant besser zu werden.“
Unser Kommentar zur Situation in Stuttgart-Vaihingen:
Bekanntlich fahren normalerweise die Züge der Linie S1 in Richtung Böblingen/Herrenberg auf Gleis 1 (Hausbahnsteig oder „Gäubahngleis“), die Züge von S2 und S3 in Richtung Flughafen/Messe auf Gleis 2 und alle 3 Linien S1-S3 in Richtung Stuttgart auf Gleis 3. Die Zufahrt zur Abstellanlage ist nur von Gleis 2 und 3 aus gegeben.
DDie Zwischentaktzüge der S2 und S3 starten und enden in Vaihingen. Im Normalfall kommen sie auf Gleis 2 an, wenden über die Gleise der Abstellanlage und fahren über Gleis 3 wieder zurück. Bei starken Verspätungen von der Schwabstraße her ankommender Zwischentaktzüge der S2 und S3 versuchen die Fahrdienstleiter dann zu verhindern, dass als Folge davon weitere Störungen auftreten: Die Züge wenden bereits auf Gleis 2 und fahren nicht aufs Abstellgleis, damit sie ihre mitgebrachte Verspätung nicht auf den Rückweg mitnehmen. Rein technisch stehen dann den Zügen zur Durchfahrt zum Flughafen alternativ Gleis 1 oder Gleis 3 zur Verfügung.
Alternative 1: Gleis 3 wäre für die Reisenden zum Flughafen natürlich am angenehmsten, denn sie müssten nur auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnsteigs in ihren Zug steigen. Aber dieses Gleis 3 wird im Hauptverkehr von den S-Bahnlinien S1 – S3 zusammen in Richtung Stuttgart im 5-Minutentakt befahren, bietet also wirklich nur im Idealfall eine Lücke für die S-Bahn zum Flughafen, ohne bei anderen Zügen Folgeverspätungen zu erzeugen.
Alternative 2: Gleis 1 ist betriebstechnisch am vorteilhaftetesten, weil das am wenigsten Zeit benötigt und auch keinen Konflikt mit dem Gegenverkehr erzeugt. Für die Fahrgäste ist diese Alternative aber sehr unangenehm, denn sie warten zunächst ja an Gleis 2 und müssen den Bahnsteig entlang zur Treppe, durch die Unterführung und wieder eine Treppe hinauf eilen. Wenn vorher auf Gleis 2 nicht rechtzeitig ein Anzeige oder Durchsage gekommen ist, ist der Zug natürlich weg. Alternative 2 wird teilweise sogar fahrplanmäßig genutzt, was das Problem für die Fahrgäste nur ein wenig kleiner werden lässt. Wir haben darüber in zwei Kommentaren bereits im Februar 2017 berichtet (Kommentare vom 15. und 24.02.2017). Der Weg vom Bahnsteig von Gleis 2 und 3 zum Gleis 1 ist insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen oder Fahrgäste mit Kinderwagen, Fahrrädern oder schwerem Gepäck recht unkomfortabel und für einen Bahnhof dieser Bedeutung eigentlich nicht hinnehmbar. Der Aufzug zu Gleis 2 und 3 ist viel zu eng (die nutzbare Länge ist ca. 1,45 m, ein normales Fahrrad ist ca. 1,85 m lang) und zu Gleis 1 gibt es weder Aufzug noch Fahrtreppe. Barrierefrei zu Gleis 1 geht es nur mit einem weiten Umweg über eine Rampe am Bahnhofsvorplatz.
Da das Abstellen von Zügen im Bahnhof Vaihingen im Gegensatz zur Schwabstraße relativ lange dauert und dadurch Gleis 2 blockiert ist, haben wir dort ein grundsätzliches Problem. Uns wurde Anfang 2017 gesagt, dass man versucht, eine Sondergenehmigung vergleichbar zur Schwabstraße zu bekommen, und auch mit DB Netz in Verhandlung sei, die nördliche Einfahrt nach Vaihingen hinsichtlich Signale und Weichen effizienter und dadurch zeitsparender zu gestalten. Wir werden nachfassen.
Hinweis:
Als kritisches Internetportal mit dem Schwerpunkt S-Bahn Stuttgart sind wir natürlich an der Kenntnis von solchen vermeidbaren Unzulänglichkeiten, denen die Fahrgäste fast täglich ausgesetzt werden, sehr interessiert, wir sind aber nicht die Beschwerdestelle der S-Bahn-Stuttgart bzw. der Deutschen Bahn. Nehmen Sie bitte in solchen Fällen direkt Kontakt zur S-Bahn Stuttgart über Telefon oder Email auf. Sie dürfen uns natürlich gerne eine Kopie des Vorgangs per Email an unsere Emailadresse siehe SERVICE | KONTAKT schicken.
Nur zu Dokumentationszwecken:
Aufgrund der gestrigen Signalstörung am Hbf verzögerten sich die S-Bahnen Richtung Rohr. Um 19 Uhr sollte planmäßig eine S3 zum Flughafen abfahren – von Gleis 1. Auf dem dortigen Fahrgastinformationsanzeiger wurde im Vorfeld in der Laufschrift noch angezeigt, dass die Abfahrt planmäßig von Gleis 1 erfolgt.
Dann wurde es kurios oder alltäglich, je nach dem ob man Pendler ist oder nicht: Es folgte eine Durchsage an Gleis 2(!), dass die S3 kurzfristig an Gleis 2 abfährt. Naja, dort hatte sich bestimmt niemand dafür interessiert, da die Fahrgäste an Gleis 1 standen.
Dann passierten vier Dinge nahezu zeitgleich: Die Aktualisierung des Fahrgastinformationsanzeigers, eine Ansage an Gleis 1, die auf Gleis 2 bereits einfahrende S3 und die Menschenmassen, die sich nun via Unterführung zu Gleis 2 bewegten.
Gehört und gesehen:
– „Jeden Tag das gleiche.“
– Ein Mann schüttete seinen Kaffee weg, damit er sich beim Rennen nicht verkleckert.
– Ein Lokführer, der tatsächlich drei Minuten gewartet hat, bis alle Reisenden zugestiegen waren.
Umdisponierung 1 min vor Einfahrt – Chaos – Immerhin ein gutes Ende.
Und warum? Der Grund hat sich mir nicht erschlossen. Die nachfolgende S1 an Gleis 1 kam erst zwei bis drei Minuten später an.