Mitte April dieses Jahres fand der nunmehr 6. sogenannte S-Bahngipfel statt. Bei dieser jährlichen Veranstaltung stellt die S-Bahn Stuttgart dem Verband Region Stuttgart (VRS) die im Vorjahr erreichte Pünktlichkeit, die durchgeführten, sowie die fürs aktuelle Jahr geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Betriebsqualität vor. Ein Thema des Vortrags war die Ausrüstung von bislang 139 der insgesamt 989 Weichen mit einem Weichendiagnosesystem. Dieses soll drohende Probleme frühzeitig erkennen und melden, bevor es durch den Ausfall einer Weiche zu einer gravierenden Störung kommt.
Schon 2016 hatte die Bahn zugesagt, die Überwachung aller 620 Weichen bei der S-Bahn Stuttgart bis Anfang 2017 abgeschlossen zu haben. Dieser offensichtliche Widerspruch beim Zeitraum der Umsetzung war Anlass für den VRS, bei der Bahn nachzufragen und um Aufklärung zu bitten. In einem Antwortschreiben gibt die Bahn nun zu, dass sich die geplante Ausrüstung der Weichen erheblich verzögert hat.
Demzufolge wurden die bereits begonnenen Arbeiten gestoppt, neu ausgeschrieben, verhandelt und neue Verträge abgeschlossen. Die Wahl fiel nun auf ein anderes, angeblich gleichwertiges Weichendiagnosesystem. Hierdurch kam er zu massiven Verzögerungen, sodass wohl erst für das kommende Jahr 2019 mit einer weiteren Ausrüstung von Weichen mit dem neuen Diagnosesystem zu rechnen ist.
Aber auch diese Planung könnte bald Makulatur sein, denn Bahn-Chef Richard Lutz hat sich Anfang September in einem Brandbrief an alle Führungskräfte gewandt und darüber geklagt, dass sich im aktuellen Jahr nicht nur die Pünktlichkeit weiter verschlechtert hat, sondern dass auch das operative Ergebnis deutlich unter dem Vorjahr und weit weg von der Zielsetzung liege. Diese Zielsetzung war zuvor bereits in zwei Gewinnwarnungen herabgesetzt worden. Aus diesem Grunde verhängte Lutz eine Ausgabensteuerung, welche mit einem Sparprogramm gleichzusetzen ist.
Wer in diesem Zusammenhang auf eine Finanzspritze des Bundes, dem alleinigen Eigentümer der Deutschen Bahn, hofft, wurde ebenfalls Anfang September enttäuscht. Bundesfinanzminister Scholz plant laut einer Ausgabenaufstellung des Finanzministeriums die staatliche Unterstützung der Bahn bis ins Jahr 2022 ziemlich konstant zu halten. Dem Spardiktat könnte nicht nur die Weichendiagnose erneut zum Opfer fallen, sondern auch die Ausrüstung der S-Bahn Stuttgart mit der modernen Zugsteuerung ETCS. Auf ETCS ruhen nämlich alle Hoffnungen des VRS, ohne den Bau einer 2. Stammstrecke die Kapazität der vorhandenen Stammstrecke, auch Nadelöhr genannt, zumindest etwas zu erhöhen.