Nun haben es endlich (fast) alle erkannt. Die S-Bahn Stuttgart braucht noch mehr Züge, um den wachsenden Fahrgastzahlen gerecht zu werden. Sogar der Verband Region Stuttgart überlegt nun, 20 neue S-Bahnen zu bestellen. Sogar auf Kredit, wenn kein Geld da ist.
Dass das bitter nötig ist, zeigt, dass man selbst jetzt schon in der Hauptverkehrszeit nicht alle Züge mit drei Wagen (Langzug) fahren kann, weil Züge fehlen. Wenn ab 2021 dann der durchgehende 15-Minuten-Takt auf allen Linien gelten soll, ist zu erwarten, dass noch mehr Fahrgäste die S-Bahn nutzen werden. Auch die Tarifreform, die in April 2019 die Zonenanzahl erheblich senken wird, wird die Fahrgastzahlen eher steigern.
Doch die aktuelle Baureihe (BR) 430 wird nicht mehr produziert. Auch der Zulassungszeitraum ist überschritten und es ist fraglich, ob der Hersteller Bombardier bereit ist, eine neue „Kleinserie“ von ca. 20 Zügen zu produzieren, ganz davon abgesehen, dass der Preis dann natürlich höher wäre, als bei einem Serienfahrzeug. Und die ältere BR423 wird ebenfalls in näherer Zukunft nirgends ausrangiert werden, sodass sie nach Stuttgart kommen könnte.
Nun kann man sich natürlich fragen, warum die DB-Regio nicht für alle deutschen S-Bahn-Netze ein neues Zugmodell beschafft, wie sie es bei der BR423 getan hat, von der immerhin 462 Züge für 4 S-Bahn-Netze bestellt wurden. Diese Wagen kommen derzeit in München, Stuttgart, Frankfurt (S-Bahn Rhein-Main) und Köln (S-Bahn Rhein-Ruhr) zum Einsatz. Auch in Berlin waren sie für kurze Zeit als Aushilfe stationiert.
Sicherlich wäre eine neue Anschaffung von Zügen in dieser Größenordnung billiger und vom Wartungsaufwand auch besser, da man nicht für dutzende Kleinserien verschiedene Ersatzteile bräuchte. Doch welche S-Bahn außer der Stuttgarter bräuchte derzeit überhaupt noch Züge mit der Einstiegshöhe von 96 cm?
Für München werden jetzt alle 238 Züge der Baureihe 423 general umgebaut. Dabei wird die Sitzanordnung verändert, es werden weniger Sitze eingebaut und der Fahrgastfluss verbessert. Außerdem bekommen die Züge ein neues Innenraumdesign, bessere Fahrgastinformation und neues Innenraumlicht – es ist also ein deutlich größerer Umbau als in Stuttgart und Frankfurt.
München bekommt zusätzlich ca. 40 Züge bei uns ausgemusterten BR420 aus Stuttgart, die umgerüstet werden und bis ca. 2026 eingesetzt werden sollen…
Ab den 2030er Jahren wird voraussichtlich mit Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke wird das Münchner S-Bahn-Netz in viele Teile geteilt und öffentlich ausgeschrieben. Das bedeutet, dass viele Unternehmen, zum Beispiel die DB, aber auch private Unternehmen, wie Transdev, ein Angebot abgeben und der billigste, der alle Kriterien erfüllt, den Zuschlag bekommt und das Teilnetz für eine gewisse Zeit, meist 10-15 Jahre betreiben darf. Bei dieser Ausschreibung sollen ausschließlich Neufahrzeuge gefordert werden. Ob die DB dann viele Lose der Ausschreibung gewinnt, ist fraglich. Ebenso ist nicht sicher, ob bei dieser Ausschreibung die Züge bereitgestellt werden, oder ob der Gewinner selbst Züge beschaffen muss.
Für München wird es also keine neue Bestellung vor Bekanntgabe der Ausschreibung geben, die wohl nicht vor 2028 zu erwarten ist, wenn der Tunnel frühestens 2026 fertiggestellt wird.
Im Frankfurt wurden erst vor kurzem viele Züge der BR430 (ohne Schiebetritte und mit anderer Ausstattung) bestellt – 2026 soll auch dieses Netz neu ausgeschrieben werden. Also wird die DB auch da jetzt keine Neufahrzeuge kaufen.
Im Rhein-Ruhr / Kölner S-Bahn-Netz haben hauptsächlich private Unternehmen Aufträge für die S-Bahn bekommen, die dort mit Regionaltriebwagen (Stadler-Flirt 3XL und Talent 2) fahren sollen. Die DB betreibt dort nur noch 2 Linien, die mit Zügen der BR422 betrieben werden. Voraussichtlich ab 2032 werden auch diese Linien ausgeschrieben und es ist angesichts des Verlustes fast aller Regionalzug Linien in Nordrhein-Westfahlen davon auszugehen, dass die DB diese Linien nicht automatisch weiter betreiben wird. Also werden für Rhein-Ruhr auch wohl keine neuen Züge bestellt, denn die überzähligen BR422, die jetzt noch auf anderen Linien eingesetzt werden, können dann auf den verbleibenden 2 Linien fahren.
In letzter Zeit gingen viele S-Bahn Netze an private Betreiber, wohl auch, weil man mit der DB schlechte Erfahrungen gemacht hat. Nur ist damit keineswegs gesagt, dass es danach besser wird. Oft wird es sogar noch schlechter, weil man eben vor allem am Personal und an den Zügen sparen kann.
Auch wenn die Deutsche Bahn ja durch die Ausschreibungspolitik nur noch begrenzt Züge selbst kaufen und fahren darf, weil die Auftraggeber oftmals die Beschaffung neuer Züge übernehmen, wird man jetzt trotzdem keinen Millionenauftrag für neue Züge vergeben, ohne zu wissen, wo man sie einsetzen kann.
Eigentlich ist die Politik gefordert, nun einheitliche Regelungen für alle S-Bahn-Netze mit dieser Technik und Bahnsteighöhe zu machen und selbst neue Züge zu kaufen. Denn man kann gewinnorientierte Unternehmen, wie die DB AG es ja ist, nicht dazu zwingen, etwas zu tun, was ihren Gewinn senkt.
Unverständlich für mich, wieso man alle 420 er Triebwagen nach München abgegeben hat. Diese Fahrzeuge hätten im Berufsverkehr und auch bei Großveranstaltungen gute Dienste getan. Die fehlende Klimaanlage hätte man im Gegenzug für mehr Plätze gut verschmerzen können.
Die 420er waren am Schluss sehr störanfällig, mangels Wartung und Ersatzteilversorgung.
Zudem ist es nicht praktikabel, in einem S-Bahn-Netz mit drei unterschiedlichen Baureihen zu fahren.
Nun wurde die Anschaffung von 56+2 Zügen der Baureihe 430 beschlossen (kann man die irgendwie noch zulassen?). 56 von VRS und 2 von DB Regio. Insgesamt 155x ET430 und 60x ET423 wird die Flotte umfassen, welche komplett mit ETCS ausgestattet werden soll. Was kann man mit so viel Wagenmaterial anfangen außer Züge zu verlängern? Möglichkeiten:
A. Flotte komplett auf 430 umstellen, durch die einheitliche Baureihe im Netz braucht es womöglich ein paar Züge weniger, weil sie zwischen dem Nordnetz „S4560“ und dem Durchmessernetz „S123“ flexibel einsetzbar sind. Die 423 an München und Frankfurt abgeben, um dort die 420 auszumustern und in Frankfurt mehr 423 zu haben. (Utopie weil es dann nicht mehr Züge gibt als jetzt)
B. Eine der Nordlinien von 423 auf 430 umstellen.
C. Züge für Streckenverlängerungen vorhalten. (sehr wahrscheinlich denke ich)
D. Vielleicht soll es in Verbindung mit ETCS und 155x ET430 auf der S123 in ferner Zukunft doch einen 10-Minuten-Takt geben? (unwahrscheinlich wegen schwer erweiterbarer Streckenkapazität)