Da rollt was auf uns zu …

Wenn es nach Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geht, sollen schon in Kürze Elektrokleinstfahrzeuge (eKFV) – landläufig als E-Tretroller oder E-Scooter bekannt – unsere Städte erobern. Was in manchen ausländischen Städten schon seit geraumer Zeit das Stadtbild prägt und auch in Deutschland immer häufiger gesichtet wird, soll nun endlich gesetzlich geregelt werden.

Elektrische Roller mit unklarer Zukunftsperspektive stehen bereits in den Läden und warten auf Käufer

Elektrische Roller mit unklarer Zukunftsperspektive stehen bereits in den Läden und warten auf Käufer

Zwar kann man bereits seit einiger Zeit solche elektrisch angetriebenen Roller kaufen, ihr Betrieb ist aber bislang nicht gesetzlich geregelt und somit nicht zulässig. Dies soll nun die „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr und zur Änderung weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ (Entwurf) ändern. Wer nicht den gesamten Entwurf im Wortlaut lesen möchte, findet hier eine aktuelle, kurze Zusammenfassung.

Aktuell liegt ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Verabschiedung bei der Europäischen Kommission und dem Bundesrat vor. Parallel hierzu wird teils heftig darüber debattiert, wo diese Roller fahren sollen (Gehwege, Radwege oder Straße) und ob eine Helm- oder Versicherungspflicht sinnvoll ist. Ein anderes wichtiges Thema in diesem Zusammenhang kommt nach unserer Ansicht aber zu kurz:

Wie soll die Mitnahme der E-Tretroller in öffentlichen Verkehrsmitteln geregelt werden?

Es drängt sich geradezu auf, diese Roller in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzunehmen, denn Sie dienen primär der schnellen Überbrückung der sogenannten „letzten Meile“ zwischen Wohnung und Haltestelle bzw. zwischen Haltestelle und Arbeitsplatz, Schule oder Uni. Was aber, wenn dieser Trend zum Hype wird und bald jeder zweite Fahrgast mit einem solchen Roller ankommt. Sind die Busse und Bahnen des ÖPNV aktuell dafür ausgelegt? Ich fürchte nein. Es gibt zu wenig geeigneten Stauraum für die Roller und so könnte es zu gefährlichen Situationen, Streitereien und Unfällen kommen.

Konkret gibt es bei der S-Bahn pro Triebwagen nur zwei Mehrzweckbereiche. Selbst in der Hauptverkehrszeit sind das dann maximal sechs, oftmals aber nur weniger, da nicht alle Züge als Langzüge verkehren. Diese Bereiche sind gerade nachmittags schon jetzt durch Fahrradfahrer und Kinderwägen belegt, sodass Fahrradfahrer immer wieder entweder draußen stehen bleiben müssen oder sich in einen engen Türbereich drängen müssen, was wiederum oft zu Verzögerungen beim Ein- und Ausstieg führt. Wie da Platz für neue E-Roller bleiben soll, ist unklar.

Deshalb werden Verkehrsunternehmen versuchen den zu erwartenden Ansturm zu bändigen. Eine Strategie wird wohl sein, ähnlich wie bei Fahrrädern zu Stoßzeiten die Mitnahme zu untersagen oder nur mit einem zusätzlichen Ticket zu gestatten. Manche Verkehrsunternehmen schließen in ihren Beförderungsbedingungen die Mitnahme von versicherungspflichtigen Fahrzeugen sogar komplett aus. Beides wäre kontraproduktiv und würde diesen E-Tretrollern zumindest teilweise die Daseinsberechtigung entziehen.

Es ist mir schleierhaft, wie ein solches Gesetz ohne ausreichende Einbindung von Verkehrsverbänden und großen Verkehrsunternehmen entworfen werden konnte. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Deutsche Bahn prüfen den Entwurf aktuell und wollen das weitere Vorgehen erst entscheiden, wenn der endgültige Gesetzestext vorliegt. Ob dann noch was zu retten ist? Eine Vielzahl unterschiedlichere Regelungen bei den einzelnen Verkehrsverbünden und Verkehrsunternehmen sollte aus Kundensicht auf jeden Fall vermieden werden, sonst ist Chaos vorprogrammiert.

4 Gedanken zu „Da rollt was auf uns zu …

  1. Klaus Wößner

    Da rollt in der Tat etwas auf uns zu.
    Zulässig mögen die E-Scooter vielleicht noch sein, aber ihre Benutzung findet in einer unübersichtlichen rechtlichen Grauzone statt. Nach neuester Information will der Bundesverkehrsminister die E-Scooter nun doch nicht auf den Gehwegen sehen, was die Menge dieser Vehikel vielleicht geringfügig einschränken wird.

    Der Druck, diese Roller in den Bussen und Bahnen mitführen zu dürfen, wird mit Sicherheit kommen und noch stärker sein als bei Fahrrädern. In den Stadt- und S-Bahnen und erst recht in den Bussen ist schon heute der Platz für Fahrräder und Kinderwagen nicht ausreichend. Wo also hin mit den zusätzlichen Rollern? Schulkinder und Jugendliche nehmen bereits heute nicht elektrifizierte Roller bis in die Sitzbereiche der Wagen und schaffen dort häufig unangenehme Hindernisse und Stolperstellen für durchgehende Fahrgäste.

    Die Verkehrsunternehmen werden sich wohl zunächst alleine mit dem Ansturm auseinandersetzen müssen und könnten aus Gründen der Sicherheit und Kapazität zu Einschränkungen und Verboten genötigt sein. Wenn es überhaupt gelingt, wird es noch sehr viele Jahre dauern, bis geeignete Fahrzeuge mit ausreichendem Platz zur Verfügung stehen.
    So wird zwangsläufig und kurzfristig die Frage entstehen, ob nicht übergreifende Regelungen oder Verordnungen zu Gebote stehen. Es darf nicht dazu kommen, dass das Fahr- und Kontrollpersonal damit allein gelassen wird, in den Wagen halbwegs verträgliche Zustände herbeizuführen oder durchzusetzen. Dafür braucht es eine möglichst einheitliche und belastbare rechtliche Grundlage, über die die Nutzer von E-Scootern am besten schon bei deren Kauf verbindlich informiert werden.

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  2. Earl Y. Bird Beitragsautor

    Kaum hat der Bundesrat den Weg für die E-Scooter freigemacht (https://www.tagesschau.de/inland/e-roller-111.html), schon meldet sich die Deutsche Bahn in der Sache zu Wort (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.deutsche-bahn-zu-e-scootern-fahrgaeste-duerfen-e-tretroller-kostenlos-mitnehmen.a1f01337-818c-470c-b5fe-d7340a022762.html). Fahrgäste sollen Elektro-Tretroller ab sofort (!) kostenlos in allen Fernverkehrszügen mitnehmen dürfen. Laut Bahn ließen sich die Roller zusammengeklappt problemlos unter oder über dem Sitz verstauen.

    Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Bahn ausreichend mit dem Thema beschäftigt hatte, bevor sie diese pauschale Zusage traf. Wir reden hier nicht von den zierlichen, unmotorisierten Minirollern der letzten Jahre. Künftig zugelassene E-Tretroller dürfen laut Verordnung bis zu 2 Meter lang und bis zu 70 cm breit sein. Das Gewicht darf 55 kg nicht überschreiten. Flächenmäßig konkurrieren solche Monster mit Pedelecs und wären gut doppelt so schwer.

    Zur Mitnahme in Nahverkehrszügen und S-Bahnen gibt es von der Bahn bislang keine offizielle Aussage. Natürlich wäre es ein ausgemachter Blödsinn, wenn die Mitnahme von E-Tretrollern nur im Fernverkehrszügen erlaubt wäre. Laut Zeitschrift c’t strebt die Bahn eine einheitliche Regelung für Nah- und Fernverkehr an. Dies kann nach der Zusage zum Fernverkehr eigentlich nur bedeuten, dass die Mitnahme auch im Nahverkehr erlaubt wird.

    Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Branchenverband der über 600 ÖPNV- und Eisenbahnunternehmen in Deutschland, hat seinen Mitgliedern unlängst empfohlen, elektrische Tretroller zur Mitnahme in Bussen und Bahnen zuzulassen, wenn sie nicht zu schwer und zusammenklappbar sind (https://www.vdv.de/presse.aspx?id=fb27889e-eb44-4a14-aa5d-9c260bff2305&mode=detail&coriander=V3_b692e675-2873-b73d-bde6-494a902b2fe3). In der Presse wird der VDV-Sprecher Lars Wagner dazu mit folgenden Worten zitiert (https://www.swp.de/auto/was-beim-kauf-von-e-tretrollern-zu-beachten-ist-31051051.html):
    „Sie sollten nicht mehr als 15 Kilo wiegen und nicht länger als 1,15 Meter sein. Doch letztendlich müssen die einzelnen Mitgliedsunternehmen und Verbünde entscheiden, ob und in welcher Form sie die Mitnahme gestatten.“

    Deshalb mein Rat: Wer aktuell mit dem Kauf eines E-Tretrollers liebäugelt, sollte mit einem Kauf noch so lange warten, bis die gesetzlichen Vorschriften und die Regelungen der lokalen Verkehrsunternehmen feststehen. Nach diesen Vorgaben (Maße, Gewicht, Eigenschaften) sollte man sich dann einen geeigneten Tretroller auswählen. Trotzdem besteht auch dann noch ein gewisses Restrisiko, dass Vorschriften bzw. Regelungen nachträglich angepasst werden und der eben erst gekaufte Roller für den gedachten Zweck dann nicht mehr infrage kommt.

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  3. Klaudia

    Bis zu zwei Meter lang und 55 Kilo schwer?

    Na das kann ja was werden!

    Dabei sind die Fahrradbereiche in den S-Bahnen inzwischen nach meinen Beobachtungen sogar schon bei den ersten S-Bahnen am frühen Morgen schon oft rappelvoll.

    Wie soll das gehen, wenn dann auch noch die E-Monsterrollerwelle anrollt?

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  4. Earl Y. Bird Beitragsautor

    Es gibt nun vom VVS auf der Seite „Mitnahme von Fahrrädern“ eine Aussage zur Mitnahme von Elektro-Tretrollern:
    http://www.vvs.de/fahrradmitnahme/#c13075

    Hier der Wortlaut:
    Zusammengeklappte E-Tretroller gelten als Sache und können wie eine Sache grundsätzlich zu jeder Zeit kostenfrei mitgenommen werden.
    Nicht zusammengeklappte bzw. nicht zusammenklappbare E-Tretroller gelten als Fahrrad im Sinne der VVS-Tarifbestimmungen. Für die Mitnahme in Bus und Bahn gelten dann die Bestimmungen der Fahrradmitnahme, wie z. B. max. Länge 2 Meter, max. Gewicht 40 kg, zeitweise Ausschlusszeiten oder die zeitweise kostenpflichtige Mitnahme in der S-Bahn und den Zügen des Nahverkehrs (Details s. oben).

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