Wer speichert was auf der PolygoCard?

In unserem 1. Beitrag über die polygoCard haben wir beschrieben, welche Daten wir auf den uns zur Verfügung stehenden polygoCards gefunden haben und wie einfach diese auszulesen sind.

polygoCard (Name/Bild ausgegraut)

polygoCard (Name/Bild ausgegraut)

Wir haben aufgezeigt, dass diese aufgezeichneten Daten im Widerspruch zu den Aussagen des VVS stehen und haben Fragen gestellt, die aus unserer Sicht vom VVS beantwortet werden sollten. Dieser Beitrag soll unsere bisherigen Erkenntnisse zusammenfassen.

Die polygoCard wird derzeit in zwei Fällen gelesen und kann bei diesen Lesevorgängen prinzipiell auch beschrieben werden:

  1. Beim Einstieg in einen Bus vorne beim Busfahrer
  2. Bei der Fahrkartenkontrolle durch einen Kontrolleur

Beim Einstieg in einen Bus vorne beim Busfahrer

Seit dem 27. Februar 2011 gilt auf allen Buslinien im gesamten VVS-Gebiet die klare Regel: Vorne einsteigen, hinten aussteigen. Die Tickets werden beim Einsteigen vom Busfahrer kontrolliert. Hierbei muss man hierbei entweder einen gültigen Fahrschein vorweisen oder einen kaufen. Inhaber einer polygoCard sollen diese nicht vorzeigen, sondern an das hierfür vorgesehene Kontrollgerät halten.

Innerhalb des VVS fahren Busse diverser Busunternehmen. Einen guten Überblick gibt die Liste der VVS Verkehrsunternehmen. Neben vielen kleinere Busunternehmen dominieren die DB Bahn Regiobus Stuttgart (RBS), sowie die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Aufgrund dieser Vielfalt ist auch davon auszugehen, dass es zwischen den einzelnen Busunternehmen Unterschiede bei der Hardware, Software und Konfiguration der Kontrollgeräte gibt:

  • Laut unseren Beobachtungen und den erhaltenen Rückmeldungen wird in RBS Bussen bei den Einstiegskontrollen zumindest teilweise auf die polygoCards geschrieben, ohne dass wegen der Zeitkarten hierfür beim VVS eine Notwendigkeit gäbe. Der VVS ist sich dessen wohl bewusst und möchte aus diesem Grund das Schreiben auf die polygoCards deaktiviert lassen.
    Der Grund für das Schreiben von Fahrtransaktionen dürfte sein, dass die RBS-Busse auch in den Verkehrsverbünden „KreisVerkehr Schwäbisch Hall“ und HNV verkehren. Dort kommt die KOLIBRICARD zum Einsatz, die mittels CICO funktioniert. Die Check-Ins und Check-Outs werden dort für Abrechnungszwecke benötigt, zentral gespeichert und zu Kontrollzwecken auch auf die Karten geschrieben. Mit der mytraQ App können Kunden dann selbst Ihre Fahrten auslesen und kontrollieren (siehe Seite 6 links im PDF des HNV). Aber auch dort gilt: Jeder der eine solche Karte in die Finger bekommt kann sie auch auslesen.
    Da die Karten nur maximal 10 Transaktionen, also 5 Fahrten speichern können, hat die Speicherung auf der Karte wahrscheinlich primär den Zweck, dass ein Kontrolleur im Bus auch offline überprüfen kann, ob ein Fahrgast beim Einstieg in den Bus ordnungsgemäß einen Check-In durchgeführt hat und somit im Besitz eines Fahrscheins ist.
  • Die SSB bestreitet jemals auf die polygoCards geschrieben zu haben. Das deckt sich bislang mit unseren Beobachtungen und einer Aussage des VVS.
  • In Bussen der Omnibus-Verkehr Ruoff GmbH (OVR) wurde zumindest bis Januar 2016 auf Karte geschrieben, seither nach unseren Erkenntnissen nicht mehr.
  • Schreibzugriffe konnten wir bei der „Omnibus Dannenmann Linien- und Reiseverkehr GmbH“ zumindest aktuell nicht feststellen.

Bei der Fahrkartenkontrolle durch einen Kontrolleur

Bislang ist uns kein Fall bekannt, bei dem bei einer Fahrkartenkontrolle durch einen Kontrolleur etwas auf die polygoCard geschrieben wurde. Eine Notwendigkeit für eine solche Schreiboperation gäbe es auch nicht. Es fällt allerdings auf, dass die eingesetzten Kontrollgeräte zuweilen nicht funktionieren oder zu lange zum Erreichen der Betriebsbereitschaft benötigen, falls das Gerät zuerst hochgefahren werden muss.

Fazit und Aufruf

So unterschiedlich wie in manch anderen Verkehrsverbünden scheint die Situation beim VVS nicht zu sein. Wenn der VVS die Schreibzugriffe beim RBS deaktivieren lässt, sollte die Problematik entschäft sein. Hierzu fehlt aber bislang eine offizielle Aussage des VVS.

Ungelöst ist bisher, wie die bereits auf die polygoCard geschriebenen Daten gelöscht werden können. Andere Verkehrsverbünde bieten hierfür einen Service an. Der VVS schweigt offiziell zur gesamten Problematik, Transparenz sieht anders aus.

Wie Sie diesem Beitrag entnehmen konnten, fehlen uns noch Erfahrungen bzw. Rückmeldungen bezüglich diverser Busunternehmen. Falls Sie auf Ihrer polygoCard Transaktionen entdecken, die entweder im Widerspruch zu den gemachten Aussagen stehen oder diese ergänzen, bitte wir Sie um Rückmeldung per Kommentarfunktion in diesem Blog oder per Twitter an @earlybird445.

5 Gedanken zu „Wer speichert was auf der PolygoCard?

  1. Jakob Licina

    Ich habe leider kein NFC-fähiges Handy, um diese Dinge überprüfen zu können, kann aber noch anmerken, dass ich jeden Morgen auf der Linie 60 in Fellbach mit OVR, SSB und / oder Dannemann zur Schule und auch wieder zurück fahre. Nicht jeder Busfahrer besteht darauf, dass die Karte an das Lesegerät gehalten wird. Oft wird sie nicht erkannt und man muss es einige Male probieren, oder es dauert sehr lange. Gerade morgens, wenn Schüler unterwegs sind, wird das eher lasch gesehen.

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  2. Earl Y. Bird Beitragsautor

    Der VVS hat mittlerweile seine Informationsseite zur polygoCard (http://www.vvs.de/polygocard/) überarbeitet.

    Die bisher unter der Überschrift „Wie wird die polygoCard kontrolliert?“ zu lesenden Aussagen, dass keine Fahrten, Bewegungsprofile und personenbezogene Daten gespeichert werden, sind verschwunden. Stattdessen wurde die Seite darunter, unter der Überschrift „Welche Daten sind auf der Karte gespeichert und wie werden diese geschützt?“, um detailliertere Infos zu den auf den Karten enthaltenen Daten, deren Schutz und den gespeicherten Transaktionen ergänzt. Die dort veröffentlichten Informationen bestätigen weitgehend unsere Beobachtungen.

    Nicht beantwortet werden die Fragen, ob auch bei Fahrscheinkontrollen durch Kontrolleure Daten auf die Karte geschrieben werden (einer unserer Leser hatte dies gemeldet) und ob eine Löschung der auf Karte geschriebenen Fahrtransaktionen angeboten wird. Letzteres wird in anderen Verkehrsverbünden bereits praktiziert.

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  3. Earl Y. Bird Beitragsautor

    Wir wären sehr daran interessiert, einen Screenshot von einem Transaktionseintrag zu bekommen, der von einer Fahrscheinkontrolle durch einen Kontrolleur stammt, also nicht von der normalen Einstiegskontrolle vorne beim Busfahrer.

    Bitte senden Sie diesen an unsere, unter https://s-bahn-chaos.de/service/kontakt zu findende Kontakt E-Mail Adresse. Alternativ auch gerne per Twitter direkt an @earlybird445.
    Vielen Dank im vorraus!

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  4. Pingback: Aussagen des VVS zum Datenschutz bei der polygoCard | S-Bahn-Chaos in Stuttgart

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