Vorschau auf den S-Bahn-Gipfel am 13.4.2016

Am Mittwoch 13.4.2016 findet um 15:30 im Sitzungssaal des Verband Region Stuttgart (VRS) in der Kronenstraße eine öffentliche Sitzung des VRS-Verkehrsausschusses statt. Dieser trägt dieses Mal wieder den Beinamen S-Bahn-Gipfel, weil er im wesentlichen S-Bahn-Themen behandelt. Die Sitzungsunterlagen stehen auf der Webseite des VRS zum Download bereit.

Unter anderem sind folgende Tagesordungspunkte vorgesehen:

  1. Qualitätsbericht S-Bahn und Abrechnung des Verkehrsvertrags
  2. Bericht von DB-Regio, DB Netz, DB Station&Service und VVS zur Verbesserung der S-Bahn-Qualität und der Fahrgastinformation

Bericht für 2015 zur Betriebsleistung mit gewährten Ausgleichszahlungen und Beurteilung der Qualität gemäß Verkehrsvertrag:

  • Betriebsleistung: 10,4 Mio. Fahrplankilometer
  • Ausgleichsleistung: 79,1 Mio. Euro

Bonus-Malus-Regelung

Im Verkehrsvertrag ist zwischen Region und der DB Regio AG eine Bonus-Malus-Regelung im Zusammenhang mit den Qualitätsmessungen vereinbart. Für das Jahr 2015 hat die DB Regio AG daraus eine Zahlung in Höhe von 230.716 € (in 2014 222.168 € ) an die Region zu leisten.

Hinweis:
Bemerkenswert ist, dass die aus der Bonus-Malus-Regelung resultierenden Zahlungen während der Bauzeit von Stuttgart 21 grundsätzlich auf die vor Baubeginn erreichten Qualitätswerte festgelegt sind und nicht unmittelbar mit den Ergebnissen der aktuellen Pünktlichkeit korrelieren.

Zusammenfassung der Zahlungen von DB Regio an die Region

Gemäß Sitzungsvorlage beläuft sich die Pönalezahlung für das Jahr 2015 von DB Regio an die Region auf insgesamt 2.445.264 Euro, davon

  • Bonus-Malus-Regelung 230.716 €
  • Zugausfälle 2.214.548 €

Pünktlichkeit 2014/2015 gemäß Sitzungsvorlage

Zielwert 2014 2015
Pünktlichkeit (Gesamt-VZ*)
< 3 Min. verspätet 94,5 % 85,8 % 88,5 %
< 6 Min. verspätet 98,0 % 95,6 % 96,7 %
Pünktlichkeit (HVZ**)
< 3 Min. verspätet 91,5 % 75,2 % 80,8 %
< 6 Min. verspätet 98,0 % 92,8 % 94,7 %
Sauberkeit 92,0 % 94,9 % 95,6 %

* Gesamt-Verkehrszeit, ** Hauptverkehrszeit

Bewertung durch die Fahrgäste (Schulnotensystem) gemäß Sitzungsvorlage

Zielwert 2014 2015
Pünktlichkeit 2,5 3,2 3,2
Sicherheit 2,5 2,0 1,9
Information
…im Regelfall 2,5 2,6 2,6
… bei Verspätungen 2,5 3,1 3,1
Sauberkeit 2,5 2,5 2,4

Die Pünktlichkeit hat sich im Jahr 2015 gegenüber dem Tiefpunkt in 2014 tatsächlich positiv entwickelt und wir hoffen sehr, dass sich diese erfreuliche Entwicklung weiter fortsetzt. Inwieweit diese bessere Pünktlichkeit durch häufigere, vorzeitige Wenden ‚erkauft‘ wurde, ist für uns leider nicht ermittelbar.

Noch gibt es keinerlei Grund in Euphorie verfallen, denn eine ähnlich positive Entwicklung war schon mal im Jahr 2011 zu verzeichnen und damals folgten drei Jahre der stetigen Verschlechterung. Außerdem ist diese Steigerung der Pünktlichkeit so gering, dass sie von den Fahrgästen subjektiv noch nicht positiv wahrgenommen wird, wie die Bewertung der Fahrgäste zeigt.

In den folgenden Diagrammen ist zu sehen, wie weit man sich in den letzten Jahren von den vertraglich vereinbarten Sollwerten entfernt hat, deshalb müssen nun mehrere Jahre der Verbesserung folgen, um die entstandene Qualitätslücke wieder zu schließen.

Pünktlichkeit 2004-2015 zur GVZ

Pünktlichkeit 2004-2015 zur GVZ

Pünktlichkeit 2004-2015 zur HVZ

Pünktlichkeit 2004-2015 zur HVZ

Die zweigleisige Stammstrecke ist bei dem gegebenen Fahrgastaufkommen in der HVZ mit einem Zugabstand von 2,5 min einfach unterdimensioniert. Man hätte schon längst gegensteuern müssen und zwar nicht mit Klein-Klein wie etwa ETCS-Ausrüstung, der Hoffnung, dass mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 alles besser wird, weil dann 20% weniger mit der S-Bahn fahren würden usw., sondern mit einer zweiten oder einer 4-gleisigen Stammstrecke, des Ringschlusses auf den Fildern oder der Erweiterung mit zusätzlichen Tangentiallinien wie z.B. mehr Verkehre auf der Schusterbahn, aber natürlich nicht nur zwischen Untertürkheim und Kornwestheim, sondern z.B. zwischen Plochingen/Esslingen und Ludwigsburg, der sofortigen Realisierung der T-Spange (direkte S-Bahn-Verbindung Bad-Cannstatt – Feuerbach) statt einen weiteren Stammstrecken-Haltepunkt Mittnachtstraße einzufügen und bei dessen Realisierung einen der Geburtsfehler (O-Ton VCD) der Stuttgarter S-Bahn zu wiederholen, nämlich die Außenäste bereits vor der ersten Haltestelle der Stammstrecke zusammenzuführen.

Zugausfälle

Die Anzahl der Zugausfälle ist im Jahr 2015 gegenüber 2014 angestiegen.

Darstellung der Zugausfälle in Kilometern

Jahr 2014 2015
Grund Baustellen Störfälle Baustellen Störfälle
Ausfallkilometer  97.994  269.179   69.409  318.344
Summe 367.173 387.753

Von  den bestellten 10,4 Mio Fahrplankilometern sind damit in 2015 ca. 3,7% ausgefallen.

Die Ausfallgründe verteilen sich nach der vorgelegten Statistik der DB wie folgt:

  • 50 % auf den Lokführerstreik
  • 19 % auf geplante Bauarbeiten, die zur Gewährleistung der Infrastrukturverfügbarkeit erforderlich sind
  • 11 % auf den Einfluss von Dritten (Notarzteinsätze, Personen im Gleisbereich, Behördliche Maßnahmen o.ä.)
  • 12 % (43.838 Ausfallkilometer) auf die DB Netz AG, davon 3/4 Weichenstörungen und Störungen an der Leit- und Sicherungstechnik (Stellwerkstörungen, Signalstörungen)
  • 7 % (26.520 Ausfallkilometer) auf den Verantwortungsbereich der DB Regio, davon sind 3/4 Fahrzeugstörungen, die zwar in der Anzahl zurückgegangen sind, in ihrer Wirkung jedoch mehr Ausfallkilometer herbeiführten.

Zitat: Damit waren in 2015 mehr als 80 % der Zugausfälle nicht direkt durch die Verkehrsunternehmen beeinflussbar.

Ausfallgründe 2015

Ausfallgründe 2015

Der Lokführerstreik hat in 2015 in der Tat zu vielen Ausfällen geführt, weil an den Streiktagen jede Linie nur noch einmal pro Stunde und Richtung verkehrte.

Unser Ausfallzähler hat für das Jahr 2015 insgesamt 2.649 Komplettausfälle gezählt – und wir gehen davon aus, es geht bei der DB-Statistik nur um Komplettausfälle.

Hätte der Streik nicht stattgefunden und es hätte in den Monaten März-Mai auch nur jeweils die durchschnittlichen ca. 100 Ausfälle pro Monat gegeben, kommt man auf 1.246 Ausfälle, also ungefähr die Hälfte.

Monate           
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Summen
83 76 204 760 739 116 59 104 104 158 138 108 2649
83 76 100 100 100 116 59 104 104 158 138 108 1246

Was die Fahrzeugstörungen betrifft, wäre es interessant zu wissen wie sich diese im Einzelnen verteilen (Türstörungen, Bremsen o.ä.).

Wie kann die Pünktlichkeit weiter verbessert und die Ausfälle reduziert werden?

Zum Schluss wollen wir ein paar Handlungsfelder aufzeigen, die in Zukunft wichtige Beiträge zu einer weiteren Verbesserung der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der S-Bahn Stuttgart leisten könnten. Diese ist nicht zuletzt deshalb dringend erforderlich, weil mit der Aktivierung der neuen Schiebetritte an allen Zügen der Baureihe 430 mittelfristig ein für die Pünktlichkeit negativer Effekt zum Tragen kommen wird.

Im Jahr 2016 sollen zehn weitere Fahrzeuge der neuen Baureihe 430 geliefert werden. Diese zusätzlichen Fahrzeuge können sinnvoll eingesetzt einiges bewirken. Die Linien S2 und S3 sind nicht zuletzt deswegen die unpünktlichsten der S-Bahn Stuttgart, weil ihre Wendezeiten sehr knapp bemessen sind. Verspätung schaukeln sich deshalb auf und können oft nur durch vorzeitige Wenden abgebaut werden. Deshalb sollen die neuen Fahrzeuge für die Durchführung von überschlagenen Wenden an diesen Stationen zum Einsatz kommen.

Untersuchungen haben ergeben, dass der Blockabschnitt zwischen Stuttgart-Schwabstraße und Stuttgart-Vaihingen unnötig lang ist. Dies führt dazu, dass die von Süden kommenden S-Bahnzüge in einem großen Abstand in den Tunnel der Stammstrecke einfahren müssen. Durch eine Aufteilung dieses zu langen Blockabschnitts in zwei kürzere, sinkt der Abstand und die Leitungsfähigkeit nimmt zu. Das der VRS für diese relativ einfach zu realisierende Erhöhung der Leistungsfähigkeit aber ausgerechnet die kompletten Pönalemittel des Jahres 2015 in Höhe von 2.445.264 Euro reinvestieren will, leuchtet uns nicht ein.

Die DB Netz AG hat damit begonnen die Weichen auf den Strecken der S-Bahn Stuttgart mit einem Weichendiagnosesystem auszustatten. Durch Sensoren an den Weichen und durch eine Überwachung des Motorstroms sollen sich anbahnende Defekte frühzeitig erkennen und rechtzeitig vor einem Ausfall beheben lassen. Bis alle Weichen damit ausgestattet sind wird noch einige Zeit vergehen. Um die Wirksamkeit der Maßnahme verifizieren zu können, müsste die Bahn eine aussagekräftige Statistik zu Weichenstörungen vorlegen.

Die Stammstrecke ist am höchsten ausgelastet und die planmäßigen Haltezeiten werden vor allem in der HVZ häufig überschritten. Hier sollte alle Anstrengungen unternommen werden, um das Ein- und Aussteigen zu optimieren. Jeder Fahrgast kann hier mithelfen den Fahrgastwechsel auf möglichst viele Türen zu verteilen und so zu beschleunigen. Die Basis hierfür ist eine deutliche und verständliche Kennzeichnung der Haltebereiche für Kurz, Voll- und Langzügen, sowie deren korrekte Ankündigung auf den Anzeigen an den Bahnsteigen.

2 Gedanken zu „Vorschau auf den S-Bahn-Gipfel am 13.4.2016

  1. Andre Prätorius

    Ehrlich gesagt weiß ich nicht warum sich so viele über Verspätungen beschweren. Ich bin Lokführer und fahre mit der S-Bahn zum Dienst. Dabei muss ich jeden Tag einiges erleben/ feststellen: Öfters sind die Fahrgäste selbst Schuld. Da bleibt man in Lichtschranken stehen , Türen schließen dadurch nicht. Dann kommt die übliche Durchsage und den Reisenden „entfläucht“ ein “ scheiß Bahn“. Sich schließende Türen werden ignoriert und ewig aufgehalten weil ja noch jemand kommen könnte.
    Nicht zu vergessen die Luftballons welche plötzlich wegfliegen und in der Oberleitung landen. Obwohl es auf Bahngelände ausdrücklich verboten ist diese Ballons mit zu führen. Natürlich gibt es auch sehr oft andere Störungen (Stellwerk, Fahrzeug), aber viele Verspätungen werden eben auch von den Reisenden selbst verursacht.

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    1. Ulli Fetzer Beitragsautor

      Sehr geehrter Herr Prätorius,

      Sie haben natürlich recht, dass oft die Fahrgäste an den Verspätungen schuld sind. Erst in dieser Woche konnte ich beobachten wie an der S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte eine S4 nach Backnang stand und eine Gruppe Erstklässler mit Ihren Lehrerinnen auf die noch geöffnete hintere Tür zurannte, einstieg und die Tür blockierte, weil sich noch Nachzügler auf der Rolltreppe zum Bahnsteig befanden. Als die letztlich auch einstiegen, war noch eine weitere Gruppe Nachzügler auf der Treppe unterwegs, auch auf die wurde gewartet. Als auch die endlich an der Tür waren, es waren inzwischen schätzungsweise 2 min vergangen, bemerkten die Lehrerinnen, dass sie in den falschen Zug eingestiegen waren und die Gruppe stieg ganz gemütlich wieder aus und der Zug konnte endlich abfahren. Ich habe die Lehrerinnen auf den Vorfall angesprochen, sie hatten aber überhaupt kein Verständnis für meine Intervention. Das ist leider kein Einzelfall.

      Viele Verspätungen und Zugausfälle werden durch die marode Infrastruktur und den Mischverkehr, häufig schon auf den Außenästen, verursacht, weil oftmals S-Bahn-Gleise oder wenigstens Ausweichstellen fehlen. Auch polizeiliche Ermittlungen o.ä. könnten häufig deutlich schneller vonstatten gehen, es muss nicht sein, dass zuerst die Bundespolizei aus Stuttgart anrücken muss, wenn Personen im Gleis sind. Aber Zugausfälle wegen Personalmangel, das geht überhaupt nicht.

      Außerhalb der VVS-Zonen 10 und 20 ist das Angebot an Anschlüssen meist nicht so dicht wie im SSB-Bereich gesät, so dass schon eine 5-Minuten Verspätung zum Anschlussverlust von 30 Minuten oder 1 Stunde führen kann, sofern es überhaupt noch eine Fahrtmöglichkeit mit dem ÖPNV gibt. Da kommt dann schon ‚Freude‘ auf.

      Was die Luftballone und sonstige Vorschriften betrifft, müsste halt viel mehr schon am Bahnsteigzugang kontrolliert werden. Bei 400.000 Fahrten am Tag hätten es die Fahrgäste eigentlich schon verdient!

      Allerdings habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn der Tf bei Verspätungen beschimpft wird. Er hat am wenigsten Schuld. Aber den Letzten beißen halt die Hunde, das ist leider so.

      Ulli Fetzer, S-Bahn-Chaos.de

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