Nach dem Rückblick auf das Jahr 2016 wollen wir nun einen Ausblick auf das angebrochene Jahr 2017 wagen. Welche Veränderungen stehen an und wie werden sie sich aus unserer Sicht auf die Qualität der S-Bahn Stuttgart auswirken?
Die Rückkehr der Schiebetritte auf breiter Front
Mit der Einführung der neuen Fahrzeuge der Baureihe ET 430 im Juli 2013 wurden als besonderes technisches Schmankerl Schiebetritte eingeführt, die vor dem Öffnen der Tür ausfahren, um den Spalt zwischen Fahrzeug und Bahnsteig zu überbrücken. Diese Schiebetritte fuhren teilweise nicht mehr ein und führten durch liegengebliebene S-Bahnzüge mehrfach zu großen Störungen im S-Bahnnetz. Diese Störanfälligkeit zwang die DB Regio dazu, die Schiebetritte stillzulegen.
Der Hersteller musste die Mechanik, Elektronik und Software der Schiebetritte komplett überarbeiten und nach ausgiebigen Tests wurde beschlossen, die Schiebetritte in allen Zügen dieser Baureihe auszutauschen. Ab ca. Mitte des Jahres 2017 sollen wieder alle Schiebetritte im Einsatz sein.
Bei den zahlreichen Testfahrten im regulären Betrieb und somit unter realistischen Bedingungen, ist es nach unseren Erkenntnissen zu keinen größeren Störungen mehr gekommen. Man will allerdings nichts überstürzen, sondern mit wenigen Fahrzeugen weiter testen, wie sich die Schiebetritte bei Winterwetter (Eis, Schnee, Dreck) verhalten. Wir sind sehr gespannt, wie die Tests verlaufen werden und ob der produktive Einsatz in allen Fahrzeugen wie geplant möglich sein wird.
Aber nicht nur Störungen einzelner Schiebetritte können negative Auswirkungen auf die Pünktlichkeit haben, sondern schon die um ca. 4 Sekunden längere Abfertigungszeit pro Halt. Da die Schiebetritte bei den Fahrzeugen der Linien S1, S2 und S3 zum Einsatz kommen, welche eh schon die Schlusslichter bei der Pünktlichkeit sind, drohen selbst störungsfrei funktionierende Schiebetritte die Pünktlichkeit dieser Linien noch zu verschlechtern.
Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge
Im Dezember 2014 beschloss der Verband Region Stuttgart (VRS) zehn zusätzliche Fahrzeuge der neuen Baureihe ET 430 zu beschaffen. Einige davon werden seit Dezember 2016 auf den Zwischentakten der Linien S2 und S3 zu den Hauptverkehrszeiten (HVZ) eingesetzt, um mehr Kapazität zu bieten.
Ab dem Frühjahr sollen die restlichen neuen Fahrzeuge auf der Linie S2 zum Einsatz kommen, um an den Endstationen in Schorndorf zu den Haupverkehrszeiten und in Filderstadt ganztägig überschlagene Wenden zu ermöglichen. Hierbei stehen den Zügen so großzügige Wendezeiten zur Verfügung, dass sie ihre Rückfahrt normalerweise auch dann noch pünktlich antreten können, wenn sie zuvor mit großer Verspätung angekommen sind. Bislang wenden verspätete Züge der Linie S2 nämlich häufig schon vorzeitig in Grunbach oder Vaihingen, um dort wieder pünktlich in ihre Rückfahrt eingeschleust zu werden und nicht eine Dauer-Verspätung vor sich her zu schieben.
Die überschlagenen Wenden an beiden Enden der Linie werden dazu führen, dass auch verspätete Züge bis zur Endstation fahren können und vorzeitige Wenden nur noch in Ausnahmefällen mit sehr großen Verspätungen vorkommen. Dies vermindert zwar keine Verspätung, die die Züge auf ihrer Fahrtstrecke aufnehmen. Dafür müssen die Fahrgäste zur Endstation oder bis kurz davor aber nicht vorzeitig aussteigen und auf den nächsten — hoffentlich nicht ebenfalls vorzeitig wendenden Zug — warten. Fahrgäste von der Endstation oder kurz danach in Richtung Innenstadt werden es in jedem Fall besser haben, denn die Züge werden pünktlich starten können und fallen überdies nicht durch vorzeitige Wenden ganz aus.
Versuch einer Pünktlichkeitsvorhersage für 2017
Wir sind uns bewusst, dass eine Vorhersage schwierig ist, da die Entwicklung im Jahr 2017 jetzt noch nicht verlässlich absehbar ist. Dennoch wollen wir mit den derzeitigen Informationen eine Vorhersage wagen und schätzen die Pünktlichkeitsentwicklung wie folgt ein:
Linien S1 und S3:
Verschlechterung der Pünktlichkeit mit Wiederinbetriebnahme der Schiebetritte.
Linie S2:
Verschlechterung der Pünktlichkeit mit Wiederinbetriebnahme der Schiebetritte, andererseits Verbesserungen durch überschlagene Wenden an den Endstationen. Diese Verbesserungen könnten die gesamte Pünktlichkeit der S2 eventuell stabil halten, verbessern aber wohl nicht.
Linien S4, S5 und S6/S60:
Leichte Verschlechterung der Pünktlichkeit durch den allgemeinen negativen Trend (siehe Rückblick auf das Jahr 2016).
S-Bahn-Gipfel 2017
Voraussichtlich Mitte des Jahres wird es im Rahmen der turnusmäßigen Sitzungen des VRS Verkehrsausschusses wieder einen sogenannten S-Bahn-Gipfel geben. Wir erwarten, dass die Regionalräte aller Fraktionen wie schon in den vergangenen Jahren vom Betreiber der S-Bahn, der DB Regio, deutliche Verbesserungen der Pünktlichkeit einfordern werden und sich nicht mehr so einfach wie bisher mit Versprechungen zufrieden geben, die sich in den letzten Jahren im Bereich der Netz-Infrastruktur per Saldo nicht erfüllt haben.