S-Bahn-Machbarkeitsstudie

In der öffentlichen Verkehrsausschusssitzung des Verbands Region Stuttgart (VRS) am 22.5.2019 wurde die lang erwartete, vom VRS beauftragte S-Bahn-Machbarkeitsstudie mit den Arbeitspaketen

AP1: 15-Minuten-Takt in den Außenbereichen
AP2: Schusterbahn
AP3: Kapazitätssteigerungen

von den Auftragnehmern, dem Verkehrswissenschaftlichen Institut (VWI) und der DB Engineering & Consulting (DB E&C) präsentiert.

Inhaltlich wurden Betriebskonzepte erstellt, der Fahrzeugbedarf ermittelt, der erforderliche Ausbau der Infrastruktur identifiziert und die verkehrlichen Wirkungen berechnet.

Die Präsentation der  S-Bahn-Machbarkeitsstudie (29 Seiten) steht bei den entsprechenden Sitzungsdokumenten des VRS nicht als Download zur Verfügung, wohl aber auf der S-Bahn-Seite des VRS. Ungeachtet dessen können Sie die Studie auf Wunsch auch als PDF von unserer Seite herunterladen.

Hier eine Zusammenfassung der aus unserer Sicht wichtigsten Punkte.

15-Minuten-Takt in den Außenbereichen

Der 15-Minuten-Takt ist in den Außenbereichen wegen Eingleisigkeit bzw. anderer Zwangspunkte auf einigen Außenstrecken derzeit nicht konsequent erreichbar.

S1 Plochingen-Kirchheim/Teck

Die S-Bahn zweigt bekanntlich in Wendlingen von der Hauptstrecke (Güterverkehr und Regionalverkehr in Richtung Nürtingen) nach Kirchheim/Teck ab. In Wendlingen gibt es auf der S-Bahn-Strecke mehrere schienengleiche Bahnübergänge, die schon beim heutigen 30-Minuten-Takt für große Staus sorgen. Außerdem ist nach der Inbetriebnahme der Neubaustrecke (NBS Wendlingen-Ulm) und vor der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 zusätzlich mit einem Teil des Fernverkehrs und vermutlich auch des Regionalverkehrs Richtung Ulm zwischen Plochingen und Wendlingen zu rechnen, der nach derzeitigem Planungsstand über die nur eingleisige sog. Güterzugkurve in die NBS eingeschleift werden soll und daher einen engeren Takt der S-Bahn quasi unmöglich macht, solange S21 nicht in Betrieb geht und der Fernverkehr nicht über den Flughafen geführt wird. Es gibt weiterhin Überlegungen, den 15-Minuten-Takt nur bis Wendlingen zu fahren und im Wechsel jede zweite Fahrt nach Kirchheim/T bzw.  Nürtingen zu führen. Das hätte den Vorteil, dass auch Nürtingen und Oberboihingen einen S-Bahn-Anschluss bekämen, den die Gemeinden bestimmt nicht ablehnen würden, zumal in Zukunft über die unlängst beschlossene große Wendlinger Kurve sogar die Möglichkeit bestünde, mit der S-Bahn ohne Umstieg direkt zum Flughafen zu kommen. Vor der Inbetriebnahme von S21 ist die Anbindung von Nürtingen an das S-Bahn-Netz allerdings illusorisch.

S2/S3 Vaihingen-Flughafen

Da im derzeitigen Stand die S3 auf dem Stadteinwärtsgleis am Flughafen aus Richtung Vaihingen ankommt und dort wendet, fährt man dort einen ‚Stottertakt‘, d.h. sowohl die S2 und S3 fahren zwar nur im Halbstundentakt, aber versetzt, so dass der Zugabstand von und nach Stuttgart 10/20 Minuten beträgt. Und schon hat ein findiger (?) Kopf die idee gehabt, dass man bei S21 in den 10 Minuten dazwischen auch einen Gäubahnzug schieben könnte. Wenn nur die lästigen Verspätungen nicht wären, würde das sogar gehen.

S4 Marbach-Backnang

Wegen der Eingleisigkeit und dem zusätzlichen Güterverkehr auf der Murrbahn problematisch. Die Investitionen wären sehr hoch und rechnen sich eigentlich nicht, weil der Bedarf an einer Taktverdichtung insbesondere mit Langzügen nicht besonders groß ist, sodass man erwägt, den Takt zwar zu verdichten, aber die Garnituren in Marbach weiterhin zu schwächen bzw. zu stärken, weil sonst das Angebot weit über den Bedarf hinausginge. Allerdings sind auf jeden Fall Zugkreuzungen in Kirchberg und Burgstall zu ermöglichen.

S60 Böblingen-Renningen

Die zwar zweigleisige Strecke ist stark durch das Mercedes-Benz-Werk Sindelfingen bedingten Güterverkehr in Richtung Leonberg-Kornwestheim belastet. Relativ hohe Investitionen sind notwendig um die durch das Fahrgastaufkommen durchaus zu rechtfertigende Vorhaben zu stemmen.

Dazu gehören eine zweite Bahnsteigkante für Zugbegegnung in Sindelfingen mit Weichenverbindungen für Zugkreuzung und Weiterfahrt nach Böblingen, der Anpassung der Bahnsteighöhen Gleis 4 in Böblingen, Verlängerung Abstellgleis 253 für Vollzüge in Böblingen und eine Blockverdichtung zwischen Renningen Süd und Magstadt.

Die Maßnahmen in Böblingen können auch im Zusammenhang mit der geplanten Weiterführung einer oder 2 Nordlinien von Schwabstraße über Vaihingen nach Böblingen und ggf. nach Ehningen gesehen werden.

Schusterbahn

Während der VRS bis heute an der Ertüchtigung der Schusterbahn kein vitales Interesse gezeigt hat, sehen die Gutachter an dieser Tangentiallinie großes Potenzial und haben gleich mehrere Entwicklungsstufen untersucht. In der ersten Stufe, die man quasi sofort realisieren könnte, soll lediglich ein ganztägiger Halbstundentakt wie bisher zwischen Stuttgart-Untertürkheim und Kornwestheim installiert werden. Dazu sind nur geringe Investitionen erforderlich. Der Grund wieso der VRS hier bisher mit ‚kein Bedarf‘ abwinkt, ist klar. Die Fahrgäste, die mit der Schusterbahn (R11) in nur 15 Minuten umsteigefrei  zwischen den Endpunkten verkehren, fahren nicht mit der S-Bahn, d.h. sie werden vom Erfolgsmodell S-Bahn, deren Aufgabenträger der VRS ist, abgezogen und das führt zu einem Rückgang der S-Bahn-Fahrgäste auf dieser Relation. In der Studie wird empfohlen, die Schusterbahn, deren Aufgabenträger ebenfalls der VRS ist,  zunächst im Osten bis Esslingen bzw. Plochingen zu verlängern, was wegen einer dafür erforderlichen Weichenverbindung allerdings erst nach der Inbetriebnahme von S21 möglich ist. Die geschätzten Investitionen für die gesamte Ertüchtigung (erforderliche Bahnsteigerhöhungen auf der Schusterbahn) und Osterweiterung belaufen sich auf ca. 25 Mio €.

Danach soll sie auch im Norden bis Ludwigsburg bzw. Bietigheim-Bissingen weitergeführt werden. Dafür ist allerdings ein Überwerfungsbauwerk in Kornwestheim erforderlich. Die Investitionskosten betragen hierfür zwar weitere ca. 50 Mio €, aber man sollte nie vergessen, dass die Schusterbahnstrecke als Umleitungsstrecke gebraucht wird, wenn nach der Inbetriebnahme von S21 der Bahnhof oder ein Tunnel aus irgendeinem Grund gesperrt werden muss. Da sind die 50 Mio € wirklich nur noch ein Nasenwasser gegenüber den Kosten für S21.

Kapazitätssteigerungen

Einige Maßnahmen wurden vom VRS bekanntlich bereits beschlossen:

  • Zeitliche Ausweitung des 15-min-Taktes sowie Schließung der 15-min-Lücke zwischen Morgen- und Nachmittag-HVZ
  • Vollständige Langzugbildung in der HVZ
  • Verlängerung von vier S-Bahn-Fahrten pro Stunde der Nordlinien von der Schwabstraße bis nach Vaihingen, zwei davon sollen weiter nach Böblingen und ggf. bis nach Ehningen geführt werden
  • Schaffung einer beschleunigten Verstärker-Linie auf der S6 zwischen Weil der Stadt und Feuerbach.

3 Gedanken zu „S-Bahn-Machbarkeitsstudie

  1. Stevo

    Ich habe mehrmals gelesen, dass das Angebot über den Bedarf hinausginge. Wann raffen die eigentlich, dass das der falsche Ansatz ist und das es für ein vernünftiges Angebot jederzeit auch Bedarf gibt. Beispiel: Wer einmal seinen Flug verpasst hat, weil er versäumt hat, die 20 Minuten (plus Verspätung) einzuplanen, die er am Bahnsteig herumlungern muss, wird sicher nie wieder versuchen, mit der S-Bahn den Flughafen zu erreichen. Beispiel 2: Für Kollegen die in Kirchheim/T wohnen steht außer Frage, dass 30 Minuten Wartezeit plus 1 h Fahrtzeit plus Fußweg keine Option zum Pkw ist, zumal die S1 zwischen Esslingen und Stadtmitte infolge der Auslastung eher einem Viehtransporter gleicht. Würde man für diese Herrschaften ein entsprechendes Angebot bereitstellen, würde das auch angenommen. Noch schlimmer ist das bei der SSB: Solange nicht einmal die Außenbezirke von Stuttgart vernünftig eingebunden werden und Busse nach 20 h (!) nur noch im 30 Minuten-Takt fahren, werden die betroffenen Bürger auch die übrigen (in der Innenstadt ja recht passablen) Angebote nicht beanspruchen. Die Grünen behaupten ja gern: Wer Straßen säht werde Verkehr ernten. Im Umkehrschluss ist es aber so: Wer Bahn und Busse säht, wird Fahrgäste ernten.

    Antworten
  2. Susanne

    Machbarkeit der Verspätungen und Zugausfälle?
    S6 Renningen – Weil der Stadt
    Wie soll bitte in einen 15 min Takt mit Gegenbahn ebenfalls im 15 min Takt eine „Schnellbahn“ fahren, wenn die planmäßigen Bahnen in der HVZ viele mit 5 bis 10 oder mehr min Verspätung fahren, wenn in den zugfreien Minuten auch noch Züge Richtung Weil der Stadt durchfahren, die aufs Abstellgleis kommen? Mal ganz abgesehen davon, dass die Bahn davon träumt in diesen Zeitplan auch noch die Hermann-Hesse-Bahn bis Renningen einzuplanen? Und das auf einer Strecke, die nicht durchgehend zweigleisig ist! Wir sind in einem Aussenbezirk und nicht der Hauptbahnhof!!
    S60 Renningen – Böblingen
    Da ist die Rede von einem 15 min Takt! Wie wäre es denn einfach mal mit längeren (doppelten) Zügen zumindest in den HVZ und einer Bahn die vor 5.09 fährt (offiziell als fahrplanmäßige Bahn und nicht als Leerfahrt wie im Moment) für die Schichtarbeiter auf der Hulb? Vorausgesetzt natürlich, sie fährt planmässig und die Fahrgäste stehen nicht morgens um 5 Uhr auf dem kalten Bahnsteig und versuchen per Handy ihrem Chef /Kollegen klar zu machen, dass die S60 mal wieder später kommt oder sogar ganz ausfällt.

    Antworten
  3. Siegfried Müller

    Anmerkung zur Schusterbahn.
    Als Pendler würde ich ohne Schusterbahn mit dem PKW nach Stuttgart und ins Geschäft fahren. Die Umgehung des Hauptbahnhofes ermöglicht einen sehr störungsfreien Betrieb. In Kornwestheim kommt dann auch bei Chaos irgendwann eine S-Bahn zum weiterfahren.
    Eine Verlängerung der Strecken und Erhöhung des Tages sehe ich sehr positiv.
    Eine direkte Verbindung zwischen Bietigheim und Untertürkheim würde sicherlich viele Kollegen vom Daimler zum Umsteigen auf die Schusterbahn bewegen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert