Archiv der Kategorie: Stuttgart 21

Pfaffensteigtunnel — wirklich ein Grund zur Freude für die S-Bahn?

Ein Rückblick in die Historie zeigt, dass die S21-Planung auf den Fildern zunächst eine ziemlich mickrige Lösung vorsah: die S-Bahn sollte sich im Flughafen-Terminalbahnhof für beide Richtungen mit einem Gleis begnügen und das heutige zweite Gleis an die Gäubahnzüge abgeben. Auch eine im Jahr 2015 gefundene Kompromisslösung „Drittes Gleis“ bekam in mehreren Gutachten bescheinigt, dass der Mischverkehr von S-Bahn-, Regional- und Fernzügen zwischen Rohr und Flughafen zu Problemen führen würde.

Vor etwa zwei Jahren wurde für die zukünftige Führung der Gäubahn zwischen Böblingen und Flughafen ein ca. 12 Kilometer langer Tunnel ins Gespräch gebracht – heute unter dem Begriff Pfaffensteigtunnel geführt, benannt nach dem Gewann, nahe dem der Tunnel bei Böblingen-Mönchsbrunnen von der Gäubahnstrecke abzweigen würde. Darauf gab es in den Gemeinden an der S-Bahnstrecke Rohr – Flughafen ein geradezu hörbares Aufatmen. Denn so müsste die S-Bahn auf den Fildern sich nicht die Gleise mit den Regional- und Fernzügen der Gäubahn teilen, und die Anwohner hätten keinen zusätzlichen Schienenlärm durchfahrender Züge zu ertragen.

Plan Pfaffensteigtunnel

aktuelle Planung des Pfaffensteigtunnels (c) DB Engineering & Consulting

Allerdings sind Zweifel anzumelden, ob der Pfaffensteigtunnel tatsächlich die „rettende Idee“ ist und die S-Bahn von den Restriktionen und Engpässen der bisherigen Planung verschont. Weiterlesen

Was wo klemmen wird – Übersicht über sperrungsreiche Monate

In der Sitzung des Verkehrsausschusses der Region Stuttgart vom 15.03.2023 standen neben anderen interessanten Themen die geplanten Sperrungen aufgrund der Installation der Leit- und Sicherungstechnik des digitalen Knotens Stuttgart im BrennpunktKlicken für Folienvortrag der DB. Darüber berichteten neben Rüdiger Weiß von der DB Netz auch Olaf Drescher von der Projektgesellschaft Stuttgart Ulm (DB PSU), die das Sperrkonzept gegen viel Kritik aller Regionalratsfraktionen verteidigen mussten.

In mehreren unmittelbar oder mit nur kurzem Abstand aufeinanderfolgenden Phasen sollen diverse Zulaufstrecken nach Stuttgart teilweise oder komplett gesperrt werden. Besonders betroffen werden ab 21. April zunächst die Achsen nach Waiblingen und Esslingen sein. Über die Bauphasen bis zum Ende der Sommerferien wollen wir hier einen Einblick geben. Nach den Sommerferien soll sich der Schwerpunkt der Bauarbeiten mit Behinderungen und Sperrungen auf den Bereich zwischen S-Vaihingen und Filderstadt sowie Böblingen richten, wodurch auch hier große Auswirkungen auf den Betrieb zu erwarten sind.

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Der Offenbarungseid der DB – Vollsperrung der Rems- und Murrbahn für 4 Wochen

Darf das wirklich wahr sein, eine Vollsperrung der gesamten Bahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen vom 12.5. bis 9.6. also für die Dauer von 4 Wochen? Also bereits in gut fünf Wochen, ohne dass ein konkreter Sperrfahrplan vorliegt und man sich infolgedessen über einen Ersatzverkehr noch gar nicht verständigt haben kann. Dass danach bis zum 29.7. nur noch Teilsperrungen erforderlich sind, beruhigt nicht wirklich.

Gleissperrung

Gleissperrung ©2023 S-Bahn-Chaos

Und für das Spätjahr 2023 sind vergleichbare Sperrungen auch für den Bereich Vaihingen – Böblingen / Flughafen angekündigt. Hierzu werden wir in nächster Zeit einen weiteren Beitrag veröffentlichen, aber uns in diesem Beitrag zunächst nur auf den Raum Bad Cannstatt – Waiblingen konzentrieren.

Hat man etwa erst jetzt bemerkt, dass digitale Stellwerke auch verkabelt werden müssen? Oder geht es in Wirklichkeit nur um die Erneuerung der in die Jahre gekommenen konventionellen Signalisierung? De facto scheint man unverständlicherweise ausgeblendet zu haben, dass die Ausrüstung des Fahrzeugmaterials mit ETCS/ATO auf offenbar so kritischem Weg ist und ernstlich länger dauern wird, sodass man auch nach Dezember 2025 auf konventionelle Signaltechnik nicht verzichten kann. Jetzt besteht der Zugzwang, hunderte Kilometer Kabel für die konventionelle Technik verlegen zu müssen. Anscheinend will man das jetzt — ohne Rücksicht auf Verluste? – über die Bühne peitschen.

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Der S-Bahn Fahrplan nach Eröffnung von S21

Am Mittwoch, 21.09., findet eine Sitzung des Verkehrsausschusses der Region Stuttgart statt. Dort soll u.a. der Fahrplan vorgestellt werden, der bei der S-Bahn Stuttgart nach der ersten Inbetriebnahmestufe von Stuttgart 21, also nach derzeitiger Planung ab Dezember 2025, gelten soll. Nun könnte man denken, S21 würde die S-Bahn sowieso nur am Rande tangieren und alles würde beim alten bleiben. Von wegen: obwohl sich grundlegend tatsächlich wenig ändert, wird es deutliche Nachteile für die S-Bahn geben, die wir hier vorstellen möchten.

Doch warum braucht es überhaupt Änderungen im Netz? Aufgrund des neuen Haltes an der Mittnachtstraße brauchen alle Linien (außer die S62) in beide Richtungen zwei Minuten mehr Fahrzeit, die aufgrund von Trassenkonflikten mit dem Regional-/Fernverkehr nicht immer an den Außenästen angehängt werden kann.

S1: Herrenberg – Kirchheim (Teck)
Zwischen Herrenberg und Stuttgart bleiben die bisherigen Fahrzeiten erhalten. Auch der zweistündliche Trassenkonflikt mit dem IC zwischen Böblingen und Herrenberg, der seit dem letzten Fahrplanwechsel am 12.09. durch das Auslassen einiger Zwischenhalte der betroffenen S1-Züge entschärft wird, besteht weiterhin, auch wenn die Züge zukünftig in Vaihingen, Stuttgart-Nord oder Böblingen enden sollen. Zwischen Bad Cannstatt und Kirchheim/Teck verschieben sich die Fahrzeiten um zwei Minuten nach hinten (⇒ Kirchheim) bzw. vorne (⇒ Herrenberg). Dadurch verkürzt sich die Umsteigezeit zur Teckbahn um 2 und die Wendezeit in Kirchheim um 4 Minuten. Die Zwischentaktzüge sollen während der Zeit des 15-Minuten-Taktes dann neu bis Wendlingen verlängert werden, wodurch Wernau und Wendlingen einen Viertelstundentakt erhalten werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen jene Züge dann bis Nürtingen verlängert werden.

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„Fernwanderwege“ im Hauptbahnhof oder „Vom Umsteigen wird abgeraten“

Fortsetzung von
Unser Kommentar zum Gastbeitrag ‚Unzumutbare Wegführung am Hauptbahnhof‘

„Fernwanderwege“ im Hauptbahnhof oder „Vom Umsteigen wird abgeraten“

Bitte beachten: da sich die Bauzustände im Detail fast täglich etwas ändern, können manche Fotos bereits überholt sein.

Wer am Hauptbahnhof von der Stadtbahn, Bussen oder S-Bahn in Regional- oder Fernzüge oder umgekehrt umsteigen möchte, muss gut zu Fuß sein. Wenn man Gepäck bei sich hat und statt im Laufschritt die Treppe zu nehmen auf Aufzug und Rolltreppe angewiesen ist, braucht man mindestens 10 – 12 Minuten, bis man vom S-Bahnsteig seinen Einstiegsplatz auf dem Bahnsteig im Kopfbahnhof erreicht hat. Das ist schon einige Zeit so, wird sich demnächst aber weiter verschlechtern.

2011 war von DB Station und Service Südwest noch hochheilig versprochen werden, immer zwei Übergänge zwischen Bahnhofshalle und Querbahnsteig vorzuhalten. Nach derzeitiger Planung soll im Februar oder März 2022 der einzige noch verbliebene Übergang zwischen dem Querbahnsteig bei Gleis 15-16 und der Wandelhalle abgebaut und durch einen neuen Übergang etwa 100 Meter (!) weiter östlich ersetzt werden. Um den Bauablauf bei S21 nicht zu stören bzw. zu verlängern, sei dies unumgänglich.

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Unser Kommentar zum Gastbeitrag ‚Unzumutbare Wegführung am Hauptbahnhof‘

Zum Gastbeitrag

Es ist schon ein starkes Stück, den Reisenden und Pendlern vernünftige und ausreichend viele Wege durch oder über die Baustelle zu verweigern mit der Begründung, man riskiere sonst eine weitere Verschiebung der Inbetriebnahme des S21-Bahnhofs. Vor Beginn der S21-Bauarbeiten führte der Weg mit Rolltreppen direkt vom Querbahnsteig Hauptbahnhof ins S-Bahngeschoss. Bis August 2021 gab es wenigstens noch zwei barrierefreie Brücken vom Querbahnsteig des Kopfbahnhofs über die S21-Baustelle in die Wandelhalle im Bonatzbau. Schon dadurch wurde die Mindest-Gehzeit zwischen S-Bahn und den Bahnhofsgleisen gegenüber früher bereits verdoppelt. Sven Hantel, der vormalige Leiter DB Station & Service Südwest hatte schon 2011 versprochen, dass während der gesamten Bauzeit immer zwei ebene Übergänge über die Baugrube zur Verfügung stehen →Youtube-Video. Die S21-Planung scheint mittlerweile so abgehoben, dass sie sich über frühere Zusagen einfach hinwegsetzt anstatt sie rechtzeitig und vernünftig einzuplanen.

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Gastbeitrag: Unzumutbar lange Wege am Hauptbahnhof

Dieser Beitrag gehört zwar nicht unbedingt zum primären Themenbereich von S-Bahn-Chaos.de, aber da wir uns für die oft leidgeplagten Fahrgäste im öffentlichen Verkehr einsetzen, haben wir uns entschlossen, dieses Thema aufzugreifen, denn was man sich seitens der Verantwortlichen derzeit erlaubt, geht einfach zu weit.

Ein Leser (mit übrigens sehr guter Kondition) hat uns einen E-Mail Dialog zwischen ihm und dem Verband Region Stuttgart (VRS), dem VVS, dem DB-Kundendialog-Baden-Württemberg und dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg weitergeleitet und um Veröffentlichung gebeten. Dem kommen wir gerne nach und werden ihn im Anschluss in einem oder mehreren Nachfolgebeiträgen kommentieren.

Außer vom VRS – und verspätet dem DB-Kundendialog – kam bis heute, 11.11.2021, keine weitere Antwort.

An den VRS schrieb er:

Betreff: Hauptbahnhof unzumutbar lange Wege…

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 20. und 21.10.21 machte ich Erfahrung beim Umsteigen zwischen S-Bahn im Hauptbahnhof (tief) und den Zügen im Hauptbahnhof (oben). Vor Beginn der Bauarbeiten für Stuttgart 21 waren es von der S-Bahn zu den Gleisen oben teilweise unter 100 m. Nun ist die Luftlinie ca. 170 m, aber durch die ganzen Querelen, Umwege, Baustellenabsperrungen sind es derzeit über 600 m. Das sind selbst für mich, der nicht zum ersten Mal dort war, mit großen schnellen Schritten 6-7 min Fußweg.

Es muss allerhöchste Priorität haben, diese Umwege schleunigst abzubauen, auch um nicht mehr Fahrgäste abzuschrecken. Und wenn neue Wege quer durch die S21-Baustelle errichtet werden (oder gar eine Rutsche zum S-Bahnsteig Hbf ;-).
Wie lange muss die Sperrung beim Technikgebäude am Nordausgang des Bahnhofs sein? Ist es möglich einen 2. Personenaufzug von den S-Bahnsteigen zur Bahnsteighalle im Bonatzbau noch vor Fertigstellung der NBS Stgt-Ulm und S21 zu errichten? Dieser einzige Aufzug ist schon immer sehr gefragt und sehr wichtig, hat aber lange Wartezeiten.

Bisher hat der Leser erst eine Antwort vom VRS erhalten, der Kundendialog der DB hat nach der ‚Prüfung‘ des Sachverhalts etwas später geantwortet.

Der VRS antwortete:

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Erkenntnisse und Lehren aus der S-Bahnsperrung

Mit dem Ende der Sommerferien wurde die erste von drei Etappen der Renovierung und Modernisierung der S-Bahnstrecke Hauptbahnhof – Vaihingen abgeschlossen, zwei weitere Etappen werden in den Sommerferien 2022 und 2023 folgen. In vorhergehenden Beiträgen haben wir über die Erfahrungen aus der ersten Etappe berichtet. Mit dem jetzigen Beitrag möchten wir mit zwei Fragen den Blick in die Zukunft richten:

  1. Was können wir aus den Erfahrungen während der ersten Etappe für die beiden folgenden Etappen lernen?
  2. Was müssen wir tun, um bei Sperrungen dieser Strecke in der weiteren Zukunft die Funktionsfähigkeit des Schienennahverkehrs im Raum Stuttgart zu garantieren?

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Die S-Bahn und der Deutschlandtakt – Änderungen auf den heutigen Linien S1 – S3

In einem früheren Beitrag haben wir einen Überblick gegeben, welche Änderungen sich bei der S-Bahn aus dem dritten Entwurf des Zielfahrplans Deutschlandtakt ergeben würden. Wie angekündigt, wollen wir nun auch auf die durchaus umfangreichen Änderungen auf den einzelnen Linien zu sprechen kommen, die in dem Entwurf verzeichnet sind.

Von Seiten des Verbands Region Stuttgart, dem Aufgabenträger der S-Bahn Stuttgart, der Änderungen am Fahrplan und an den Linien beauftragen und genehmigen müsste, sind bisher allerdings keine Planungen an die Öffentlichkeit gekommen, das S-Bahnnetz und die S-Bahnfahrpläne entsprechend dem Zielfahrplanentwurf umzugestalten. Es ist daher offen, ob die dort vorgesehenen Änderungen ganz oder in Teilen wirklich umgesetzt werden.

Das S-Bahn-Netz soll sich insofern deutlich ändern, als die S1 und S3 im Süden ihre Linienäste tauschen. Die S1 soll nach Neuhausen, die S3 im Gegenzug nach Herrenberg fahren. Jede zweite S4 soll in der Hauptverkehrszeit (HVZ) über Schwabstraße hinaus bis Böblingen verlängert werden. Die bisher auf der einen Seite an der Schwabstraße endende S60 soll bis Vaihingen verlängert werden. Auf der anderen Seite soll sie wie die heutige gekoppelte S6/S60 in Renningen geteilt („geflügelt“), ein Zugteil wie bisher nach Böblingen und der andere Zugteil über Weil der Stadt hinaus bis Calw verlängert werden.
Das geplante Liniennetz haben wir schon im ersten Deutschlandtakt-Beitrag gezeichnet und vorgestellt.

Voraussichtliches Liniennetz der S-Bahn Stuttgart bei Realisierung des Deutschlandtakt-Zielfahrplans 3. Version.

Dass der neue Fahrplanentwurf einige Veränderungen für die S-Bahn bringen wird, war abzusehen. Dass diese aber auf den hier betrachteten Linien S1-S3 und den später näher analysierten Linien S4-S6, S60 und S61 so weitreichend ausfallen, hat uns erstaunt.

Die Linien S1-S3 wollen wir nun in diesem Beitrag genauer vorstellen. Da zukünftig auch jede zweite S4 und die S60 weiter Richtung Vaihingen oder Böblingen fahren sollen, werden uns auch diese Linien am Rande beschäftigen. Eine genaue Vorstellung der sogenannten „Nordlinien“ S4-S6 und S60 folgt dann in einem späteren Beitrag.

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Die S-Bahn und der Deutschlandtakt – eine Übersicht

Der Deutschlandtakt soll ein deutschlandweit geltender integraler Taktfahrplan werden, bei dem Regional- und Fernzugfahrpläne so gut wie möglich aufeinander abgestimmt sind.
Bei einem integralen Taktfahrplan (ITF) kommen vertaktete Züge in einem Knotenbahnhof immer ein paar Minuten vor der sogenannten Knotenzeit, idealerweise :00 und :30, an und fahren wenige Minuten danach wieder ab. Dadurch ergeben sich theoretisch von allen Richtungen in alle anderen Richtungen gute Umsteigezeiten.

Prinzip des ITF in Form einer Uhr an einem Knotenbahnhof mit den Knotenzeiten :00 und :30. Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Wolfgang Hesse, von ihm ‚Rosette‘ genannt.

In der Schweiz beispielsweise existiert ein derartiges Konzept seit vielen Jahren und wird immer weiter verbessert.
Bis 2030 soll ein solcher Fahrplan auch in Deutschland etappenweise eingeführt werden und die Bahnverbindungen verbessern und aufeinander abstimmen.

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