Archiv des Autors: Klaus Wößner

Anschläge auf die S4 – Fahrgäste bleiben im Zug eingesperrt

Wie Presse und Medien mehrfach berichtet haben, war die S4 innerhalb von 12 Tagen vom 5. bis zum 16. Oktober 2023 fast im Tagesrhythmus Ziel mehrerer Anschläge: E-Roller, Fahrräder und eine Holzplatte waren nahe der Station Favoritepark aufs Gleis geworfen worden. In fünf Fällen überrollte der Zug die Gegenstände, in zwei Fällen gelang dem Triebfahrzeugführer eine rechtzeitige Bremsung. Am 11. Oktober abends kurz vor 21:00 Uhr war ein Zug nach dem Überrollen eines E-Bikes anscheinend so kaputt, dass er nicht mehr weiterfahren konnte. Die Leidtragenden waren die ca. 100 Fahrgäste, die im Zug bleiben und dort – die Berichte zu diesem Vorfall waren unterschiedlich – zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Stunden bis zu ihrer Evakuierung ausharren mussten.

Nun besteht kein Zweifel, dass die Verantwortung für diesen Vorfall bei demjenigen liegt, der diesen dummen und letztlich lebensgefährlichen Anschlag verübt hat. Es ist zu hoffen, dass er gefunden und von der Justiz deutlich spürbar zur Verantwortung gezogen wird. Dass ein derartiger Anschlag zu einem mehrstündigen Zwangsaufenthalt der Fahrgäste im Zug, und für diese zu chaotischen, teilweise entwürdigenden Zuständen führt, ist allerdings absolut inakzeptabel.

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Ausdünnung des S-Bahn-Fahrplans ab Dezember 2023

Ausdünnung des S-Bahn-Fahrplans ab Dezember 2023

Mit Einschränkungen des S-Bahnverkehrs, mit Einzelausfällen von Zügen und auch mit Ausfällen ganzer Zwischentakte auf einigen Linien der Stuttgarter S-Bahn musste man schon längere Zeit umgehen. Als Gründe wurden genannt: Hoher Krankenstand bei den Triebfahrzeugführern, von denen man schon seit Jahren zu wenige hat und die man jetzt zügig auf die neue Leit- und Sicherungstechnik ETCS vorbereiten muss, daneben ausfallende Fahrzeuge, die man ebenso zügig auf ETCS aufrüsten muss.

Pünktlichkeitsentwicklung 2013-2023Parallel zu all diesem ist die Pünktlichkeit der S-Bahnzüge – nach einer kurzen Erholung während der Pandemiephase – kontinuierlich gefallen, um sich aktuell auf unbefriedigend niedrigem Niveau anscheinend zu stabilisieren. So ist mittlerweile selbst die 6-Minuten-Pünktlichkeit unter den Zielwert der 3-Minuten-Pünktlichkeit (94,5%) gefallen.

 

Die eigentlich logische Folge ist, dass derartige Ausfälle und Einschränkungen – wenn auch mit Verzögerung — auf den Fahrplan durchschlagen: So soll ab Dezember 2023 der 15-Minutentakt werktags nur noch bis 19:00 Uhr gelten, samstags soll es mit Ausnahme der S6 / S60 überhaupt keinen 15-Minutentakt mehr geben, Teckbahn und Schusterbahn sowie die S62 will man an andere Verkehrsunternehmen übergeben.

Gefühlt ist man mit der Stuttgarter S-Bahn derzeit auf einer Talsohle angekommen, und ehrlicherweise wissen wir nicht, ob sie womöglich noch tiefer wird. Auf dieser Fahrplan-Talsohle müssen wir laut Ankündigung – mindestens ein Jahr ausharren.

Einiges spricht dafür, dass dieses eine Jahr nicht reichen wird. 2024, 2025 und mindestens erstes Halbjahr 2026 werden durch eine Doppelbelastung gekennzeichnet sein.
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Faschingscherz der Bürgeraktion ‚Unsere Schwarzwaldbahn‘ zum Fehlstart der S62

Der  misslungene Start der Verstärkerlinie S62 zwischen Weil der Stadt und Zuffenhausen hat die Aktivisten der Bürgeraktion ‚Unsere Schwarzwaldbahn‘ (B.A.U.S.) zu einem Faschingsscherz inspiriert, diesen Fehlstart mit dem Vorschlag eines S62-Schienenersatzverkehrs zu Fuß satirisch aufs Korn zu nehmen. Und ganz mit Bezug zu den aktuell häufigen Verspätungen und Störungen bei der S-Bahn kam auch der Faschingsscherz um eine Woche später, und leider sind auch wir mit dessen Veröffentlichung auf unserer Internetseite ziemlich spät dran..  

SEV zu Fuß

SEV zu Fuß – © B.A.U.S. 2023

Die groß angekündigte sogenannte „Express“-S-Bahn S62 gibt auch reichlich Anlass zu humorvoller Spitzfindigkeit, nachdem sie nur wenige Tage, also hauptsächlich gar nicht gefahren war. Da sahen sich die Aktivisten der B.A.U.S. wohl regelrecht zu einer Reaktion genötigt, da sie ja bekanntermaßen keine Freunde der Stuttgarter S-Bahn sind, wenn diese ihren Weg über Weil der Stadt hinaus bis nach Calw ZOB nehmen sollte. Weiterlesen

Pfaffensteigtunnel — wirklich ein Grund zur Freude für die S-Bahn?

Ein Rückblick in die Historie zeigt, dass die S21-Planung auf den Fildern zunächst eine ziemlich mickrige Lösung vorsah: die S-Bahn sollte sich im Flughafen-Terminalbahnhof für beide Richtungen mit einem Gleis begnügen und das heutige zweite Gleis an die Gäubahnzüge abgeben. Auch eine im Jahr 2015 gefundene Kompromisslösung „Drittes Gleis“ bekam in mehreren Gutachten bescheinigt, dass der Mischverkehr von S-Bahn-, Regional- und Fernzügen zwischen Rohr und Flughafen zu Problemen führen würde.

Vor etwa zwei Jahren wurde für die zukünftige Führung der Gäubahn zwischen Böblingen und Flughafen ein ca. 12 Kilometer langer Tunnel ins Gespräch gebracht – heute unter dem Begriff Pfaffensteigtunnel geführt, benannt nach dem Gewann, nahe dem der Tunnel bei Böblingen-Mönchsbrunnen von der Gäubahnstrecke abzweigen würde. Darauf gab es in den Gemeinden an der S-Bahnstrecke Rohr – Flughafen ein geradezu hörbares Aufatmen. Denn so müsste die S-Bahn auf den Fildern sich nicht die Gleise mit den Regional- und Fernzügen der Gäubahn teilen, und die Anwohner hätten keinen zusätzlichen Schienenlärm durchfahrender Züge zu ertragen.

Plan Pfaffensteigtunnel

aktuelle Planung des Pfaffensteigtunnels (c) DB Engineering & Consulting

Allerdings sind Zweifel anzumelden, ob der Pfaffensteigtunnel tatsächlich die „rettende Idee“ ist und die S-Bahn von den Restriktionen und Engpässen der bisherigen Planung verschont. Weiterlesen

Im Störfall: Umstieg von der S-Bahn auf die Stadtbahn?

Im Störfall: Umstieg von der S-Bahn auf die Stadtbahn?

Vor einigen Wochen am 26./27.09.2022 war in der Stuttgarter Zeitung ein ausführlicher Artikel mit der markanten Überschrift „S-Bahn setzt im Notfall auf die Stadtbahn“ (Artikel derzeit noch vorhanden) zu lesen. Darin wurde über das im regionalen Verkehrsausschuss am 21.09.2022 von der DB Netz AG vorgestellte Störfallkonzept für eine Sperrung der dann erweiterten S-Bahn-Stammstrecke S-Vaihingen – Hbf – Mittnachtstraße berichtet, wie es sich die DB Netze ab September 2025, also kurz vor der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 vorstellt. Zu diesem Zeitpunkt soll die Gäubahn-Panoramastrecke nach derzeitiger offizieller Planung auf dem Abschnitt Viadukt Nordbahnhof – Hbf stillgelegt, vom Bahnverkehr entwidmet und teilweise bereits abgebaut sein. Sie stünde als Umleitungsstrecke für die S-Bahn somit allenfalls noch zwischen Abzweigung Feuerbach, nahe Nordbahnhof und S-Vaihingen zur Verfügung.

Hier reibt man sich zunächst vielleicht verwundert die Augen: Stadtbahn statt S-Bahn? Es ist im Grunde begrüßenswert, wenn mit einem Vorlauf von fast drei Jahren ein Störfallkonzept entworfen wird. Aber so viel schon vorweg: das Konzept erscheint unrealistisch.
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Erneutes S-Bahn-Chaos – und was man daraus lernen könnte

Hbf(oben) 02.08.2022

Am 2.8. ist die Welt noch in Ordnung: S1 fährt noch vom Hbf oben nach Herrenberg

Unseren vorigen Beitrag hatten wir mit „S-Bahn-Chaos – Renaissance“ überschrieben, nachdem auch in diesen Sommerferien das S-Bahn-Ersatzkonzept zur Abfederung der baubedingten Sperrung der Stammstrecke schon nach kurzer Zeit durch erneute Probleme mit bzw. auf der Panoramastrecke über den Haufen geworfen wurde.

Am letzten Tag der Gültigkeit meines 9-Euro-Tickets fuhr ich öffentlich von Vaihingen zum Stuttgarter Flughafen. Nein, nicht wie bisher immer mit der S-Bahn, sondern mit der Stadtbahn U3 bis Möhringen und dann erstmalig mit der U6 ganz durch bis Flughafen/Messe Endstation. Es ist gut gelaufen. Die U6 war trotz vieler Reisender mit reichlich großem Gepäck durch ihre Länge als 80-Meter-Zug auf diesem Streckenabschnitt keineswegs überfüllt und bot ausreichend Sitzplatz.

Zur Rückfahrt zog es mich guter alter Gewohnheit gemäß in die S-Bahn, die mich nur bis Vaihingen bringen konnte, was mir ja klar war. Bei den ersten Schritten im Flughafenterminal zur S-Bahn nahm ich mir dann aber vor, mich gedanklich in einen Reisenden zu versetzen, der vor zwei oder drei Wochen von hier seine Urlaubsreise mit dem Flugzeug angetreten hatte und soeben zurück gekommen war.

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Verstärkung zwischen Weil der Stadt und Zuffenhausen durch die S62

Zum 12.12.2021 gab es einen neuen Jahresfahrplan im öffentlichen Linienverkehr. Dieser Fahrplan wirft seinen Schatten schon weit voraus auf den 12.09.2022, an dem die zusätzliche S-Bahnlinie S62 das Verkehrsangebot zwischen Weil der Stadt und Zuffenhausen verstärken soll.

Auslöser dafür war, dass der Regionalverband in einer Verkehrsuntersuchung für den Streckenabschnitt zwischen Leon­berg und Feuerbach in der Hauptverkehrszeit ein nicht ausreichendes Platzangebot festgestellt hatte. Wenig später errechnete das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart, dass eine verstärkende S-Bahnlinie zwischen Weil der Stadt und Feuerbach einen deutlichen Zugewinn an Fahrgästen erbringen werde.

Nachdem die Einführung der zusätzlichen Linie S62 in der Hauptverkehrszeit beschlossen war, wurde sie etwas vollmundig sogar als „Sprinter-„ oder „Express“-S-Bahn angekündigt. Wenn man sich den für sie vorgesehenen Fahrplan etwas genauer ansieht, stellt sich im Kontext „Sprinter“ und im Vergleich zur S6 einiges darin doch recht eigenartig dar:

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Erkenntnisse und Lehren aus der S-Bahnsperrung

Mit dem Ende der Sommerferien wurde die erste von drei Etappen der Renovierung und Modernisierung der S-Bahnstrecke Hauptbahnhof – Vaihingen abgeschlossen, zwei weitere Etappen werden in den Sommerferien 2022 und 2023 folgen. In vorhergehenden Beiträgen haben wir über die Erfahrungen aus der ersten Etappe berichtet. Mit dem jetzigen Beitrag möchten wir mit zwei Fragen den Blick in die Zukunft richten:

  1. Was können wir aus den Erfahrungen während der ersten Etappe für die beiden folgenden Etappen lernen?
  2. Was müssen wir tun, um bei Sperrungen dieser Strecke in der weiteren Zukunft die Funktionsfähigkeit des Schienennahverkehrs im Raum Stuttgart zu garantieren?

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Die erzwungene Evakuierung einer S-Bahn

Am Samstag, 28.09.2019, dem ersten Volksfestsamstag des Jahres 2019, kam um ca. 14:07 Uhr ein S-Bahnzug der Linie S2 nach Schorndorf nach seiner Abfahrt in der S-Bahnstation Stuttgart Hbf (tief) auf der Ausfahrrampe aus dem Tunnel zum Halten, der vordere Teil des Zuges schon im Freien, der hintere noch im Tunnel. Offenbar hat es einen technischen Fehler im Kupplungssystem gegeben, und bei einem solchen sorgt in der Regel schon die Sicherungstechnik dafür, dass der Zug zwangsweise angehalten wird. Der Triebwagenführer bemühte sich natürlich sofort um die Auffindung und Behebung des Fehlers und versuchte den Zug erneut zu starten, was ihm aber nicht gelang. Per Durchsage informierte er die Fahrgäste mehrfach und teilte ihnen mit, dass sie ruhig bleiben sollten, da keinerlei Gefahr für sie bestünde und versuchte weiterhin, selbst bzw. zusammen mit der Einsatzleitung bahnintern eine Lösung zu finden.

Als es noch immer nicht weiter ging, rief ein Fahrgast ca. um 14:27 Uhr über die Notrufnummer die Polizei an. Anscheinend war die Luft in dem gut besetzten Zug etwas stickig geworden. Dass laut Angabe eines Fahrgastes auch noch ein oder mehrere Fahrgäste zu rauchen begannen, tat dazu ein Übriges. Die Bundespolizei war bis zu dem Anruf des Fahrgastes über den Vorfall anscheinend noch nicht informiert. Sie warnte die Fahrgäste dann aber pflichtgemäß vor dem Ausstieg auf freier Strecke, weil dies natürlich mit Lebensgefahr verbunden ist. Denn auf dem unmittelbar daneben liegenden Gleis fuhren noch S-Bahnzüge in entgegengesetzter Richtung zum Hauptbahnhof.

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Sperrung der S-Bahn-Strecke Echterdingen ↔ Bernhausen ist abzulehnen – ein Nachtrag

Wir haben vor kurzem über die von Stuttgart 21 wegen Umbaus im Flughafen-Terminalbahnhof ins Auge gefasste Totalsperrung der S-Bahnstrecke Echterdingen ↔ Bernhausen berichtet.

S-Bahn-Station Flughafen-Messe

S-Bahn-Station Flughafen-Messe

Darin haben wir heftig gezweifelt, ob diese Sperrung wirklich notwendig ist. Nachdem es mit Umbauten oder Anbauten an bestehende Tunnel – auch im Projekt Stuttgart 21 – durchaus Erfahrungen gibt, haben wir dazu nachgefragt. So hatte es beim vergleichbaren Umbau des Stadtbahntunnels unter der Heilbronner Straße beim Hauptbahnhof keine monatelange Sperrung gegeben. Auch bei der Verlegung des Stadtbahntunnels unter der Willy-Brandt-Straße wird es dies nicht geben. Beim „Hineinhören“ in die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), die die Umbauten unter der Heilbronner Straße und Willy-Brandt-Straße verantworten, erfährt man dazu etwas.
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