Was wo klemmen wird – Übersicht über sperrungsreiche Monate

In der Sitzung des Verkehrsausschusses der Region Stuttgart vom 15.03.2023 standen neben anderen interessanten Themen die geplanten Sperrungen aufgrund der Installation der Leit- und Sicherungstechnik des digitalen Knotens Stuttgart im BrennpunktKlicken für Folienvortrag der DB. Darüber berichteten neben Rüdiger Weiß von der DB Netz auch Olaf Drescher von der Projektgesellschaft Stuttgart Ulm (DB PSU), die das Sperrkonzept gegen viel Kritik aller Regionalratsfraktionen verteidigen mussten.

In mehreren unmittelbar oder mit nur kurzem Abstand aufeinanderfolgenden Phasen sollen diverse Zulaufstrecken nach Stuttgart teilweise oder komplett gesperrt werden. Besonders betroffen werden ab 21. April zunächst die Achsen nach Waiblingen und Esslingen sein. Über die Bauphasen bis zum Ende der Sommerferien wollen wir hier einen Einblick geben. Nach den Sommerferien soll sich der Schwerpunkt der Bauarbeiten mit Behinderungen und Sperrungen auf den Bereich zwischen S-Vaihingen und Filderstadt sowie Böblingen richten, wodurch auch hier große Auswirkungen auf den Betrieb zu erwarten sind.

In der Sitzung wurden die Grobplanungen der DB Netz vorgestellt, die derzeit natürlich nur als ein Planungsstand und noch nicht als verbindliche Informationen anzusehen sind. Trotzdem möchten wir sie hier etwas genauer erläutern, weil sie einen guten Überblick geben, was im Zeitraum geschehen wird. Über unsere Meinung zu den kurzfristigen Bauarbeiten und der Kommunikation zwischen DB-Netz und den Fahrgästen sowie EVUs haben wir hier schon berichtet. In diesem Beitrag soll es um die konkreten Sperrphasen und ihre Ausgestaltung gehen.

Für den Zeitraum nach den Sommerferien sind die Planungen noch so unkonkret, dass es uns nicht sinnvoll erscheint, diese jetzt schon vorzustellen. Dazu wird es zu gegebener Zeit noch weitere Information geben.


Zeitraum 1:  21.04. bis 12.05.2023 — Sperrung Bad Cannstatt,  Gleise 5 – 8

In einem ersten Zeitraum vom 21.04. bis zum 12.05.2023 sollen im Bahnhof Bad Cannstatt die Gleise 5 bis 8 gesperrt sein. Diese Gleise dienen derzeit dem Regional- und Fernverkehr. Die Gleise 1 bis 4 hingegen, die im Regelbetrieb neben der S-Bahn nur durch eine geringe Zahl von Regionalbahnzügen genutzt werden, müssen während der Sperrung den kompletten Verkehr von S-Bahn, Regional- und Fernzügen übernehmen. Teilweise müssen Ausfahrten vom Cannstatt in den Hauptbahnhof dabei das Gegengleis kreuzen, was die Kapazität zusätzlich einschränkt. Außerdem wird für die Fahrten in Richtung Untertürkheim nur ein Teil der Gleise nutzbar sein, weil über die vorhandenen Weichenverbindungen nicht alle Gleise erreichbar sein werden.

  • Die S-Bahn Linien S1, S2 und S3 sollen in diesem Zeitraum nur im Halbstundentakt verkehren.

Weitaus schlimmer trifft es den Regional- und Fernverkehr:

  • MEX 12/MEX 18 mit Umleitung zwischen Esslingen und Ludwigsburg ohne Halt in Stuttgart über Stgt.-Münster (Schusterbahn)
  • MEX 13 entfällt zwischen Stuttgart und Waiblingen/Schorndorf komplett
  • MEX 16 im Stundentakt (derzeit Halbstundentakt)
  • MEX 19 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach (derzeit 60/30/30-Minuten Takt im Wechsel mit dem MEX 90)
  • MEX 90 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach
  • RE 5 entfällt zwischen Plochingen und Stuttgart
  • IRE 1 entfällt zwischen Stuttgart und Aalen komplett
  • IRE 6 verkehrt nur zwischen Tübingen und Sigmaringen/Aulendorf
  • Fernverkehr:
    • zweistündliche Fernverkehrsverbindung Nürnberg Karlsruhe (IC61)
    • stündlicher Fernverkehr von/nach München (voraussichtlich jeweils zweistündliche ICE-Linien nach Hamburg und Rhein-Ruhr)
    • Alle weiteren Züge bzw. Linien können Bad Cannstatt nicht mehr passieren. Für einen Teil wird geprüft, ob diese ohne Halt in Stuttgart über Stgt.-Münster umgeleitet werden können.

Zeitraum 2:  12.05. bis 09.06.2023 — Sperrung Bad Cannstatt <-> Waiblingen

In einem zweiten Zeitraum vom 12.05. bis zum 09.06.2023 wird die Strecke zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen komplett gesperrt. Keines der 4 Streckengleise kann in diesem Zeitraum befahren werden, so dass außer event. Bauzügen auch kein Schienengüterverkehr auf der Tangentiale zwischen Nürnberger Straße und Augsburger Straße stattfinden kann.

  • Die Linie S1 verkehrt aufgrund der hohen Gleisbelegung in Bad Cannstatt nur im Halbstundentakt
  • Die Linien S2 und S3 verkehren im Halbstundentakt zwischen Vaihingen/Filderstadt und Bad Cannstatt (Gleise 1 – 4) sowie zwischen Waiblingen und Backnang/Schorndorf

Regional- und Fernverkehr:

  • MEX 12/MEX 18 regulär
  • MEX 13 entfällt zwischen Stuttgart und Waiblingen komplett
  • MEX 16 regulär
  • MEX 19 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach (derzeit 60/30/30-Minuten Takt im Wechsel mit dem MEX 90)
  • MEX 90 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach
  • RE 5 regulär
  • IRE 1 entfällt zwischen Stuttgart und Aalen komplett (derzeit Zweistundentakt)
  • IRE 6 regulär
  • Fernverkehr:
    • Fernverkehr nach Ulm/München fährt regulär
    • ICLinie 61 Nürnberg Karlsruhe fällt entweder aus oder wird umgeleitet über Schwäbisch Hall, Backnang und Marbach nach Ludwigsburg, dort wird die Verträglichkeit mit dem S-Bahn- und Regionalverkehr noch geprüft.

Zeitraum 3:  09.06. bis 29.07.2023 — Sperrung Bad Cannstatt, Gleise 2 – 7

In einem dritten Zeitraum vom 09.06. bis zum 29.07.2023 wird es voraussichtlich besonders schlimm kommen. Dann werden in Bad Cannstatt die Gleise 4 – 7 komplett gesperrt sein, auf den Gleisen 2 und 3 ist Verkehr nur in Richtung Stuttgart möglich. Hinzu kommt, dass die S-Bahnzüge der S1 von Stuttgart kommend das in Richtung Untertürkheim noch befahrbare Gleis 8 in Bad Cannstatt nur sehr umständlich erreichen und sie von Gleis 8 aus in Richtung Esslingen frühestens in Esslingen-Mettingen aufs S-Bahngleis zurückwechseln können.

Dementsprechend ist nur noch wenig Verkehr möglich:

  • Die Linie S1 verkehrt im Halbstundentakt. In Richtung Herrenberg können alle Halte bedient werden. In Richtung Kirchheim/T müssen die Halte Neckarpark und Obertürkheim ausfallen, für Untertürkheim wird ein Halt auf den Regionalgleisen geprüft.
  • Die Linien S2 und S3 verkehren nur im Halbstundentakt und entfallen zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen komplett. Eine Umleitung einer Linie im Halbstundentakt mit Richtungswechsel in Esslingen wird geprüft. Diese würde in Richtung Waiblingen überall halten können, in Richtung Stuttgart müssten die Halte Sommerrain und Nürnberger Straße entfallen.

Regional- und Fernverkehr:

  • MEX 12/MEX 18 im Stundentakt (derzeit Halbstundentakt)
  • MEX 13 entfällt zwischen Stuttgart und Waiblingen komplett
  • MEX 16 im Stundentakt (derzeit Halbstundentakt)
  • MEX 19 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach (derzeit 60/30/30-Minuten Takt im Wechsel mit dem MEX 90)
  • MEX 90 im Zweistundentakt mit Umleitung zwischen Backnang und Stuttgart über Marbach
  • RE 5 vsl. mit Ausfall von/bis Plochingen
  • IRE 1 vsl. mit Ausfall zwischen Stuttgart und Aalen
  • IRE 6 vsl. mit Ausfall zwischen Stuttgart und Tübingen
  • Fernverkehr:
    • zweistündliche FV-Linie 61 Nürnberg Karlsruhe mit Umleitung über Esslingen mit dortigem Richtungswechsel und Stgt.-Münster ohne Halt in Stuttgart Hbf
    • stündlicher Fernverkehr von/nach München (vsl. jeweils zweistündliche ICE-Linien nach Hamburg und Rhein-Ruhr)
    • Alle weiteren Linien müssen können Bad Cannstatt nicht mehr passieren. Für einen Teil wird geprüft, ob diese ohne Halt in Stuttgart über Stgt.-Münster umgeleitet werden können.

Zeitraum 4: 29.07. bis 10.09.2023 — Sperrung Stammstrecke

Schon lange geplant und mit der S-Bahn Stuttgart abgestimmt sind die Sperrungen der Stammstrecke in den Sommerferien, die uns schon zwei Jahre begleiten und noch weiter begleiten werden. Änderungen zum bisherigen Konzept wird es geben, da aufgrund der augetretenen Radverschleiße kein Verkehr der S-Bahnzüge über die Panoramabahn stattfinden wird. Stattdessen soll ein halbstündlicher Pendelverkehr zwischen Stuttgart Hbf (oben) und Böblingen mit Doppelstockzügen gefahren werden.

  • alle S-Bahn Linien nur im Halbstundentakt
  • S1 zwischen Ehningen und S.-Vaihingen sowie zwischen S.-Hauptbahnhof (oben) und Kirchheim/T.
  • S2 zwischen Filderstadt und S.-Vaihingen sowie zwischen S.-Hauptbahnhof (oben) und Schorndorf. Zwischen S.-Vaihingen und Filderstadt wird ein Viertelstundentakt geprüft.
  • S3 zwischen S.-Hauptbahnhof (oben) und Backnang.
  • S4, S5 und S6 nur von/bis S.-Hauptbahnhof (oben)
  • S60 zwischen Zuffenhausen und Böblingen.
  • geringe Auswirkungen auf Regional- und Fernzüge (durch Belegung der Gleise 1-5 im Hauptbahnhof)

Über das Konzept für diese Sperrung der Stammstrecke und den darin vorgesehenen Schienenersatzverkehr wird es in Kürze einen weiteren Beitrag geben.


Danach folgen, wie oben schon gesagt, weitere Sperrphasen im Bereich Vaihingen, Filderstadt und Böblingen, die ebenfalls große Auswirkungen auf die S-Bahn haben werden. Dazu sind jedoch erst so wenige Details öffentlich bekannt, dass eine Vorstellung noch nicht sinnvoll erscheint. Zu gegebener Zeit wird es hierzu einen weiteren Artikel hier geben.

Zusammenfassend muss man sagen, dass es angesichts der über bisherige Ausmaße deutlich hinausgehenden Sperrungen schlicht unmöglich erscheint, nach so kurzfristiger Ankündigung vernünftige Ersatzverkehre zu planen und zu organisieren. Verschärfend wirkt, dass die unterschiedlichen Streckensperrungen mit äußerst enger zeitlicher Aufeinanderfolge wie eine Kaskade sowohl über die Fahrgäste, vor allem aber auch über das stressgeplagte und überlastete Personal der Verkehrsunternehmen hereinbrechen. Die EVU sind jedoch streng genommen ebenfalls Leidtragende der Situation, die DB-Netz und DB PSU verursacht haben. Daher darf man der S-Bahn Stuttgart und den anderen betroffenen Unternehmen (u.a. SWEG, Go Ahead und DB-Regio sowie DB-Fernverkehr) hier keinen Vorwurf machen. Mit Vorlaufzeit von nur etwas mehr als einem Monat dürfte solch ein Projekt nicht zufriedenstellend zu stemmen sein. Umso mehr sind wir gespannt, wie die Eisenbahnverkehrsunternehmen die jeweils unterschiedlichen Ersatzverkehrskonzepte ausgestalten und umsetzen werden und bleiben weiterhin am Geschehen dran und berichten …

2 Gedanken zu „Was wo klemmen wird – Übersicht über sperrungsreiche Monate

  1. Andreas

    Die Umleitung von MEX19/MEX90/RE90 über Marbach wäre nicht so schlimm, wenn die Züge wenigstens in Ludwigsburg oder Kornwestheim halten würden. Dann hätten diejenigen, die auf S4/S5/S6 umsteigen müssen, wenigstens einen annehmbaren Anschluss an die S-Bahn. Aber so muss man erst unnötigerweise bis zum Hbf fahren, dort den langen Fußweg zum Tiefbahnhof nehmen und dann fährt man mit der S-Bahn die gleiche Strecke wieder zurück.

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