Wie schon in einem früheren Beitrag angedeutet, klammert sich der Verband Region Stuttgart, der Aufgabenträger der S-Bahn Stuttgart, an wenige Dinge, die die S-Bahn zuverlässiger machen sollen. Neben dem in dem genannten Artikel angeführten ETCS-Signalsystem hofft der VRS, dass Stuttgart 21 Verbesserungen bringen wird. Über die direkten Auswirkungen von Stuttgart 21 haben wir hier schon berichtet.
Dieses Projekt, das neben dem neuen Tiefbahnhof auch die Verbindung zum Flughafen und zur Neubaustrecke nach Ulm beinhaltet, wird von Bahn und Bund trotz aller bekannter Nachteile und Probleme geradezu durchgeboxt. Die gutgläubige Bevölkerung wird regelrecht getäuscht. Nicht nur die immer weiter steigenden Kosten von anfangs 2 Milliarden bis hin zu über 8 Milliarden Euro sind ein großes Problem. Auch die Kapazitätsangaben der Bahn sind fraglich. Zwar bescheinigte der Stresstest, der von der Bahn durchgeführt wurde, eine Kapazitätssteigerung; aber wurde der Stresstest unter realen Bedingungen durchgeführt?
Zugverspätungen wurden nur bis 5 Minuten berücksichtigt, Notfälle nicht berechnet, ja sogar die Simulationssoftware soll fehlerhaft gewesen sein.
Doch davon wussten die Bürger bei der Volksabstimmung nichts. Diese wurde im gesamten Bundesland durchgeführt, obwohl die Bauarbeiten nur einen Bruchteil der Menschen überhaupt tangieren. Sie beruhte auf völlig falschen Voraussetzungen und ist damit rechtlich umstritten.
Schon 1992 formulierte der Eisenbahnfachmann Eberhard Happe sehr deutliche Vorbehalte gegenüber dem S21-Tiefbahnhof. Wie jetzt bekannt wurde, gab es auch 2001 Bahn-interne Kritik am Projekt. Es galt, laut dem früheren Netzvorstand der DB, Dr. Thilo Sarrazin, sogar als „besonders unrentabel“ und es sei „völlig klar“ gewesen, dass die „Wirtschaftlichkeit des Projekts Stuttgart 21 in sich zusammenbrechen würde“.
Ob es, damit die Bahn das Projekt realisiert, beim großen Verkehrsvertrag für den Nahverkehr, der 2001 von der CDU-Regierung mit der Bahn zu überhöhten Preisen abgeschlossen wurde, vom Land ein Entgegenkommen gab, ist nicht klar, aber ziemlich wahrscheinlich.
Die GRÜNEN haben sich im Wahlkampf zur Landtagswahl 2011 strikt gegen Stuttgart 21 gestellt und die Wahlen nicht zuletzt auch deswegen gewonnen. Das von den GRÜNEN geführte Verkehrsministerium von Baden-Württemberg scheint nun alle Gelegenheiten zum Stopp von Stuttgart 21 verstreichen zu lassen. Es mag sein, dass dies durch die Koalitionspartner – zunächst SPD, später CDU – bedingt ist, die beide bis heute mehrheitlich glühende Verfechter und Verteidiger von Stuttgart 21 sind.
Gerade in den letzten Monaten, in denen öffentlich von steigenden Baukosten, Risiken beim Tunnelbau, wie in Rastatt, und Umweltproblemen gesprochen wurde, kam das Großprojekt bei der Deutschen Bahn ins Schwanken.
Trotzdem genehmigte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG Anfang des Jahres auch den neuen und womöglich nicht letzten Kostenrahmen für Stuttgart 21. Wer die zusätzlichen Kosten übernimmt, ist unklar. Selbst wenn das Land Baden-Württemberg hier keine zusätzlichen Zahlungen tätigen muss, fehlt das Geld der Bahn an anderer Stelle, oftmals für viel wichtigere Projekte im Land, wie beispielsweise die Elektrifizierung von Nebenbahnen oder ein Ausbau der S-Bahn. Immerhin scheint nun, nach 22 Jahren, der zweigleisige Ausbau der Gäubahn, der schon 1996 in einem Vertrag den sehr kooperativ gesonnenen Schweizern zugesichert wurde, zu kommen.
Auch der grüne Verkehrsminister Hermann sprach kürzlich in Bezug auf Stuttgart 21 von der „größten Fehlentscheidung der Eisenbahngeschichte“. Dann jedoch fügte er, obwohl dies nachweislich falsch ist, hinzu, dass ein Zurück angesichts des Baufortschritts – zwei Drittel aller Tunnel seien gebohrt – nicht mehr rentabel sei. Doch selbst die Bahn, die in einigen Berechnungen sogar den Abriss der Neubaustrecke, die selbstverständlich trotzdem sinnvoll und nötig ist, zu den Ausstiegskosten addiert hat, sagt, dass ein Ausstieg rund 6,3 Milliarden, also 1,9 Milliarden weniger als der Weiterbau kostet. Laut Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 würden bei einem sofortigen Umstieg nur etwa 1,5 Milliarden Euro an Ausstiegskosten anfallen. Zusätzlich wären 400 Millionen Euro für Vertragsabbrüche fällig. Selbst jetzt noch wäre damit ein Ausstieg bei beiden Berechnungen deutlich billiger, abgesehen davon, dass der Nutzen für die Bevölkerung wesentlich größer wäre. Die Baugruben sind, entgegen vieler Berichte der Befürworter eines Weiterbaus von Stuttgart 21, sehr wohl umzunutzen. Auch die Tunnel könnten für andere Zwecke, wie Straßentunnel, genutzt werden. Und in der Baugrube für den Tiefbahnhof könnten zum Beispiel eine Garage und ein neuer, zentraler Omnibusbahnhof entstehen.
Trotz dieser bekannten Fakten und laufender Verfahren wegen des Verdachts auf Untreue, und obwohl ganze Bauabschnitte, wie der Abstellbahnhof und die Filderstrecke, d.h. der Flughafenbahnhof und die Mitnutzung der Filderbahn zwischen Stuttgart-Rohr und Flughafen, noch nicht genehmigt sind, wird weitergebaut. Mindestens so lange, bis der Ausstieg tatsächlich teurer ist als der Weiterbau.
Siehe SPIEGEL 26/2019 Seite 103:
Hier wird der Stresstest erwähnt.
Er war ein Stück Papier und eine Gefälligkeit – fünf Züge pro Stunde und Gleis bedeutet
60:12=5 folglich sind aus Sicht des Bahnhofs nicht mehr als 12 Minuten Verspätung möglich!!!
Das erzählen Sie bitte mal einem Reisenden.
Kein Witz.
Im Stresstest stand wörtlich, dass der S-Bahn Verkehr zusammenbrechen M U S S !
VSA hatte parallel einen Gegenentwurf zum Projekt veröffentlicht, um das Gesicht zu wahren.
Es ging nicht anders.
Es war allen Experten klar, dass ca. 10 Milliarden Euro nötig sind, um die markantesten Fehler zu berichtigen. Die Gäubahn einfach verschwinden zu lassen z.B. geht gar nicht. Auch heute, Juni 2019, sind wichtige Teile noch nicht planfestgestellt (Gerüchte Küche)
Und so weiter…
Kapazität alt 120, neu 80:2=40, weil Wenden nicht möglich; wie soll ein Laie /Eisenbahn das begreifen.