Der S-Bahn Fahrplan nach Eröffnung von S21

Am Mittwoch, 21.09., findet eine Sitzung des Verkehrsausschusses der Region Stuttgart statt. Dort soll u.a. der Fahrplan vorgestellt werden, der bei der S-Bahn Stuttgart nach der ersten Inbetriebnahmestufe von Stuttgart 21, also nach derzeitiger Planung ab Dezember 2025, gelten soll. Nun könnte man denken, S21 würde die S-Bahn sowieso nur am Rande tangieren und alles würde beim alten bleiben. Von wegen: obwohl sich grundlegend tatsächlich wenig ändert, wird es deutliche Nachteile für die S-Bahn geben, die wir hier vorstellen möchten.

Doch warum braucht es überhaupt Änderungen im Netz? Aufgrund des neuen Haltes an der Mittnachtstraße brauchen alle Linien (außer die S62) in beide Richtungen zwei Minuten mehr Fahrzeit, die aufgrund von Trassenkonflikten mit dem Regional-/Fernverkehr nicht immer an den Außenästen angehängt werden kann.

S1: Herrenberg – Kirchheim (Teck)
Zwischen Herrenberg und Stuttgart bleiben die bisherigen Fahrzeiten erhalten. Auch der zweistündliche Trassenkonflikt mit dem IC zwischen Böblingen und Herrenberg, der seit dem letzten Fahrplanwechsel am 12.09. durch das Auslassen einiger Zwischenhalte der betroffenen S1-Züge entschärft wird, besteht weiterhin, auch wenn die Züge zukünftig in Vaihingen, Stuttgart-Nord oder Böblingen enden sollen. Zwischen Bad Cannstatt und Kirchheim/Teck verschieben sich die Fahrzeiten um zwei Minuten nach hinten (⇒ Kirchheim) bzw. vorne (⇒ Herrenberg). Dadurch verkürzt sich die Umsteigezeit zur Teckbahn um 2 und die Wendezeit in Kirchheim um 4 Minuten. Die Zwischentaktzüge sollen während der Zeit des 15-Minuten-Taktes dann neu bis Wendlingen verlängert werden, wodurch Wernau und Wendlingen einen Viertelstundentakt erhalten werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen jene Züge dann bis Nürtingen verlängert werden.

S2: Stuttgart-Vaihingen – Schorndorf
S3: Filderstadt – Backnang
Auf den Linien S2 und S3 wird es einen Linien- und Trassentausch geben. Die S2 soll zukünftig zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen in der Taktlage der S3 fahren und immer in Stuttgart-Vaihingen enden, die S3 im Gegenzug nach Filderstadt-Bernhausen und später nach Neuhausen fahren. In der Schwachverkehrszeit während des Halbstundentaktes soll die S2 analog zur heutigen S3 bis Flughafen/Messe verlängert werden, um für die Filderorte den bekannten 10/20-Minuten Takt sicherzustellen.
Auf dem Südast nach Backnang und Schorndorf sollen sich die Fahrzeiten dann um 5 Minuten verschieben (davon 2 Minuten durch den Halt an der Mittnachtstraße und 3 Minuten aufgrund von Standzeiten und zusätzlichem Puffer). Dadurch können die derzeit genutzten Trassen auf der dicht befahrenen Murr- und Remsbahn erhalten bleiben. Der Eckanschluss von Esslingen nach Waiblingen in Bad-Cannstatt verlängert sich um 4 Minuten, der von Schorndorf nach Backnang im 15 Minuten-Takt entfällt komplett.

S4: Schwabstraße – Backnang
S5: Böblingen – Bietigheim-Bissingen
Ab Schwabstraße werden die Fahrlagen dieser beiden Linien um 4-5 Minuten vorverlegt, wobei sich der Fahrzeitunterschied ab der Mittnachtstraße auf 2-3 Minuten reduziert. Die S4 tauscht Grund- und Zwischentaktlagen, verschiebt sich also um 15 Minuten, sodass in Backnang der Anschluss an den Metropolexpress verbessert wird.
In südlicher Richtung wird die S5 im Viertelstundentakt nach Vaihingen und im Halbstundentakt nach Böblingen verlängert. Eine weitere Verlängerung letzterer Züge bis Ehningen wird beabsichtigt, ist aber von Infrastrukturmaßnahmen abhängig.

S6: Schwabstraße – Renningen – Weil der Stadt
S60: Schwabstraße – Renningen – Böblingen
S62: Feuerbach – Weil der Stadt
Das althergebrachte Linienkonzept mit durchgehenden Grundtaktzügen zwischen Schwabstraße und Weil der Stadt (S6) und aus zwei Zugteilen bestehenden Zwischentaktzügen nach Weil der Stadt und Böblingen (S6/S60) bleibt erhalten. Wie auch die S4 und S5 fährt die S6/S60 in Schwabstraße 4-5 Minuten früher los. Aufgrund der Eingleisigkeit zwischen Malmsheim und Weil der Stadt muss sie jedoch auf diesem Abschnitt nochmal 2-3 Minuten „verbummeln“, die zu der schon heute bestehenden Standzeit in Renningen hinzukommt.
Der Über-Eck Umstieg zwischen Weil der Stadt und Böblingen in Renningen wird zukünftig nicht mehr erreicht, was neue Fragen zur Hermann Hesse Bahn aufwirft (dazu in einem weiteren Beitrag später mehr). Zusätzlich wird die S60 in der Fahrtrichtung von Renningen nach Böblingen um drei Minuten vorverlegt, während die Fahrlagen in der Gegenrichtung gleich bleiben, wodurch die Fahrplansymmetrie dort verloren geht.
Die S62 wird weiterhin nicht in den Stammstreckentunnel fahren, zukünftig aber in Feuerbach auf dem noch zu ertüchtigenden Gleis 130 enden. Außerdem werden die Halte Renningen und Neuwirtshaus zusätzlich bedient.


Das vorgestellte Fahrplankonzept bringt einige Probleme und wirft etliche Fragen auf.

Fangen wir mit den offensichtlichen Problemen an, die es beim heutigen Fahrplan nicht gibt:

  • Fahrzeitverlängerungen auf allen Linien, bei S2, S3, S6 und S60 sogar 5 Minuten
  • Entfall der guten Anschlüsse von S1-S3 auf S4-S6 und umgekehrt im Stammtunnel außerhalb der HVZ
  • Entfall des Über-Eck-Anschlusses in Waiblingen
  • Entfall des Über-Eck-Anschlusses in Renningen
  • asymmetrischer Fahrplan und damit Schwierigkeiten bei Anschlüssen auf Busse auf der Linie S60
  • Die geringere Wendezeit auf der stark belasteten Linie S1 in Kirchheim (Teck) von nur 9 Minuten ist problematisch

Des Weiteren haben wir einige Fragen, die vor allem fahrplantheoretischer Natur sind, aber auch große fahrgastrelevante Probleme mit sich bringen können:

  • wenn die S4 um 15 Minuten gedreht werden soll, die S5 jedoch nicht, würde das in der Nebenverkehrszeit einen 5/25-Minuten Takt nach Ludwigsburg ergeben. Dies stimmt jedoch nicht mit den am Anfang der Vorlage genannten Prämisse, dass „die saubere Taktüberlagerung auf Streckenabschnitten, die von mehreren Linien befahren werden, im
    5-/10- bzw. 20-Minuten-Raster“ Bestand haben soll.
  • wenn die S60 in Richtung Renningen ihre Anschlüsse in Böblingen behalten soll, die S6 aber im Grundsatz ihre Fahrlage behalten soll, passt es nicht, dass der Anschluss in Renningen verloren gehen soll. Ebenso ist schleierhaft, wie sich der Anschluss in der NVZ Richtung Stuttgart nennenswert verbessern soll, wenn die S60 die bisherige Fahrlage zwischen Böblingen und Renningen behalten soll.
  • Wenn der Anschluss zwischen S6 und S60 in Renningen tatsächlich verloren gehen würde, würde das das Konzept der Hermann Hesse Bahn in der HVZ, wo der „Deal“ mit dem VRS vorsieht, dass diese in der HVZ zugunsten der S62 schon in Weil der Stadt endet, ad absurdum geführt werden, da dann ein Umstieg in Richtung Böblingen ganz knapp verpasst werden würden. Zu klären wäre, ob zumindest in der Nebenverkehrszeit dieser Anschluss klappen würde.
  • Wenn die S5 in ihrer Fahrlage stadtauswärts um 5 Minuten nach hinten verlegt wird, fährt sie zwischen Schwabstraße und Böblingen nur 2 Minuten hinter der S1, womit es auf diesem Abschnitt einen 2/13-Minuten Takt geben wird.

Ein weiteres Problem, das nicht zu vernachlässigen ist, wäre die fehlende Umleitungsstrecke bei Sperrung der Stammstrecke. Dadurch dass der Verband Region Stuttgart den „Linientausch“, also die Verlängerung der S4-S6/S60 nach Herrenberg, Filderstadt und Vaihingen bei Rücknahme der S1-S3 zur Schwabstraße, vehement ablehnt, ist ein Umleiten über die Panoramabahn und den Nordgüterbahnhof (wie die S15 während der Stammtunnelsperrung) nicht mehr möglich. Im Störungsfall wäre somit zwischen Vaihingen und Hauptbahnhof keine Verbindung möglich. Das ist insbesondere mit dem Hintergrund der in Vahingen/Böblingen endenden Regional- und Fernzüge kritisch.


Viele der Probleme gäbe es nicht, wenn man den Linientausch zumindest in Erwägung ziehen würde. Dadurch könnte man die Fahrzeiten und Trassen auf den Linien S4-S6/S60 und dem Südast der bisherigen S1-S3 (dann S4-S6) genau gleich bleiben lassen, inklusive aller Anschlüsse. Auch nach Bad Cannstatt könnte man mit kleiner Verschiebung (Drehung aller Linien über Cannstatt um 15 Minuten) vermutlich alle Anschlüsse und Fahrlagen erhalten.

Wir fordern den VRS und die DB auf, den genauen Fahrplan offenzulegen, damit die Fragen geklärt werden können. Außerdem fordern wir, zu prüfen, inwiefern das Konzept so verbessert werden kann, dass die negativen Folgen, vor allem der Anschlussverlust an der Schwabstraße, in Waiblingen und in Renningen, verhindert werden.

S-Bahn-Linen-Netz ab 2025

S-Bahn-Linen-Netz ab 2025.

Die Unterlagen des VRS über dieses Thema können Sie von hier herunterladen. Ebenso das ab 2025 geplante S-Bahn-Liniennetz.

Klicken Sie auf das nebenstehende Minibildchen um es in einem neuen Fenster vergrößert darzustellen.

Quelle: Verband Region Stuttgart (VRS)

 

3 Gedanken zu „Der S-Bahn Fahrplan nach Eröffnung von S21

  1. D.

    Im Nordnetz werden die Taktlagen Grundtakt/Zwischentakt auf der S4, S5 und S6/60 gedreht. Damit sollten sich bereits einige der aufgeworfenen Fragen aufklären lassen.

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  2. Aileen

    Super Beitrag, vielen herzlichen Dank!
    Eine andere wichtige Bemerkung: Der „Ringschluss“ der S3 und S4 in Backnang funktioniert nur auf Papier. Wenn man in Backnang aus der S3 aussteigt und in die S4 einsteigen möchte, darf man 30 Minuten warten, da die S4 in der Minute Richtung Stuttgart losfährt, in der die S3 aus Stuttgart ankommt.
    Dies könnte man vermeiden, indem man die S3 und S4 am gleichen Gleisbett ankommen lässt (wie z.B. in Böblingen bei Begegnung der S1 und S60) – dann würde auch 1 Minute Umstiegszeit reichen.
    Hat man sich das nicht überlegt, als man diesen absurden Ringschluss geplant hat, dass dieser nur auf Papier sinnvoll ist?
    Außerdem erschließt sich mir nicht, wieso nicht einfach ein Linientausch ab Schwabstraße durchgeführt wird. Durch den neuen Bahnhof Mittnachtstraße verschiebt sich die Fahrtzeit bei allen Linien um 2 Minuten; der Takt in der Stammstrecke ist aktuell auf 2 Minuten zwischen den Linien. Ein Linientausch würde niemanden benachteiligen, das S-Bahn-Netz nicht komplett durcheinander bringen und alles wäre okay.
    Wieso muss man sich das Ganze komplizierter machen? Wir S-Bahn-Fahrer/innen werden seit Jahren in den Sommerferien durch die Stammstreckensperrung schon genug bestraft und das nur dafür, dass Nicht-Stuttgarter/innen einen besseren Regional- und Fernbahnhof haben. Der ansässige Verkehr durch S-Bahn wird komplett ignoriert.
    So kann man sich auch selber zerstören als Verkehrsverbund.

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