Droht in Stuttgart der S-Bahn Kollaps?

Implodiert die Stuttgarter S-Bahn? Diese kritische und auch bange Frage stellte die renommierte Fachzeitschrift „Eisenbahn-Revue International“ vor gut zehn Jahren in einem Artikel in ihrer Ausgabe 6/2013. Kernaussagen des Artikels waren, dass die Stuttgarter S-Bahn mit steigenden Fahrgastzahlen an ihre Kapazitätsgrenzen stößt und dass Probleme mit neuen Zügen und Netzerweiterungen zu längeren Haltezeiten und mehr Verspätungen führen. Im Artikel wurde davor gewarnt, dass der Bau von Stuttgart 21 voraussichtlich zu weiterem Chaos und längeren Umsteigewegen führen wird. Trotz zunehmender Verspätungen und absehbarem Chaos hatte der Verband Region Stuttgart (VRS), selbst mehrheitlich glühender Verfechter von Stuttgart 21, damals kein Machtwort gegenüber der DB gesprochen, sondern sie gewähren lassen.

Diesen Artikel nahmen wir seinerzeit zum Anlass, die Informationsplattform S-Bahn-Chaos.de zu gründen. Einige Zeit später waren die Fahrzeugprobleme mit den Schiebetritten der damals noch neuen Baureihe 430 behoben und bei jährlichen Konferenzen, den sogenannten S-Bahn Gipfeln, wurden weitere Verbesserungen in Aussicht gestellt.

Damals wurden wir gefragt, ob es nun nicht an der Zeit wäre, den Namen S-Bahn-Chaos abzulegen und uns entweder umzubenennen oder gleich ganz aufzulösen. Wir haben das damals abgelehnt und der weitere Verlauf der Geschichte sollte uns recht geben. Denn bald darauf ging es mit der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der S-Bahn Stuttgart wieder bergab. Nur das Corona-Virus und die damit verbundenen Einschränkungen sorgten zwischenzeitlich noch einmal für eine Verschnaufpause. Das vergangene Jahr 2023 war dann schließlich das mit großem Abstand unpünktlichste Jahr der S-Bahn Stuttgart, wie die offiziellen Zahlen der DB Regio jetzt belegen.

Pünktlichkeitsverlauf S-Bahn Stuttgart 2013-2023 (Gleitender 12-Monate-Mittelwert)

Pünktlichkeitsverlauf S-Bahn Stuttgart 2013-2023 (Gleitender 12-Monate-Mittelwert)

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Anschläge auf die S4 – Fahrgäste bleiben im Zug eingesperrt

Wie Presse und Medien mehrfach berichtet haben, war die S4 innerhalb von 12 Tagen vom 5. bis zum 16. Oktober 2023 fast im Tagesrhythmus Ziel mehrerer Anschläge: E-Roller, Fahrräder und eine Holzplatte waren nahe der Station Favoritepark aufs Gleis geworfen worden. In fünf Fällen überrollte der Zug die Gegenstände, in zwei Fällen gelang dem Triebfahrzeugführer eine rechtzeitige Bremsung. Am 11. Oktober abends kurz vor 21:00 Uhr war ein Zug nach dem Überrollen eines E-Bikes anscheinend so kaputt, dass er nicht mehr weiterfahren konnte. Die Leidtragenden waren die ca. 100 Fahrgäste, die im Zug bleiben und dort – die Berichte zu diesem Vorfall waren unterschiedlich – zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Stunden bis zu ihrer Evakuierung ausharren mussten.

Nun besteht kein Zweifel, dass die Verantwortung für diesen Vorfall bei demjenigen liegt, der diesen dummen und letztlich lebensgefährlichen Anschlag verübt hat. Es ist zu hoffen, dass er gefunden und von der Justiz deutlich spürbar zur Verantwortung gezogen wird. Dass ein derartiger Anschlag zu einem mehrstündigen Zwangsaufenthalt der Fahrgäste im Zug, und für diese zu chaotischen, teilweise entwürdigenden Zuständen führt, ist allerdings absolut inakzeptabel.

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Tatsachenbericht einer genervten Pendlerin zum derzeitigen S-Bahn-Chaos…

Uns erreichte folgende Zuschrift einer genervten Pendlerin, die wir unkommentiert veröffentlichen. 


Datum: 31.10.2023
Verbindung: S1 Stadtmitte Stuttgart -> Ötlingen
Uhrzeit: 16:23 Uhr (Abfahrt laut Fahrplan)

Witterung: regnerisch, windig, kühl

Rahmenbedingungen:

  • Die S1 fährt aufgrund von länger anhaltenden Bauarbeiten nur alle 30 Minuten
  • Es sind Herbstferien
  • Der 1. November ist ein Feiertag
  • Es ist Feierabend-/Ferienbetriebsamkeit, auch aufgrund dessen ist ein erhöhtes Pendler-  bzw. Fahrgastaufkommen zu verzeichnen
  • Der VfB Stuttgart spielt gegen Union Berlin; Anpfiff 18.00 Uhr
  • Ebenfalls aufgrund von Bauarbeiten fährt auch die Stadtbahn das Stadion nicht an, ein Ausweichen auf die S1 ist für viele die genutzte Alternative.

Erlebtes:

  • Mit ca. 20 Minuten Verspätung fährt die S1 – lediglich als Vollzug statt Langzug – an der Haltestelle Stadtmitte ein. Der Zug ist zum Bersten voll, die Ansage des Triebfahrzeugführers lautet “NICHT einsteigen, der Zug ist TOTAL überfüllt“. An ein Fortkommen ist nicht zu denken.
  • Die nächste Bahn fährt ebenfalls mit ca. 20 Minuten Verspätung ein. Diesmal tatsächlich ein Langzug. Leider aber das gleiche Szenario – total überfüllt, die Fahrgäste stehen aneinandergepresst und ohne jeglichen Abstand in den Gängen, die Türen lassen sich kaum schließen. Ansage des Triebfahrzeugführers wieder „NICHT einsteigen, TOTAL überfüllt“. Wieder ist kein Weiterkommen möglich.
  • Bei der nächsten Bahn, die ebenfalls mit ca. 20 Minuten Verspätung eintrifft, sieht es etwas besser aus. Zumindest ist ein Einstieg möglich und man muss sich nicht in die Achselhöhle eines fremden Fahrgastes quetschen. Nach 4 Stationen teilt der Triebfahrzeugführer aber leider überraschend mit, dass diese Bahn heute nur bis Plochingen fahren wird und man dort die nächstmögliche Verbindung Richtung Kirchheim wählen möge. (Freundlich, aber ohne einen Ton des Bedauerns, geschweige denn einer Entschuldigung).
  • Ausstieg in Plochingen – es regnet, ist sehr windig und mittlerweile ungemütlich kalt.
  • Die Ansage am Bahnsteig macht ein erhöhtes Fahrgastaufkommen und eine Verzögerung beim Ein- und Ausstieg für die Verspätung der nächsten Bahn verantwortlich. Unnötig zu erwähnen, dass das nur ein Symptom, nicht aber die Ursache ist.
  • Nach weiteren 25 Minuten Wartezeit fährt eine Bahn ein, die tatsächlich, mit allen Halten, bis Kirchheim fährt.

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Ausdünnung des S-Bahn-Fahrplans ab Dezember 2023

Ausdünnung des S-Bahn-Fahrplans ab Dezember 2023

Mit Einschränkungen des S-Bahnverkehrs, mit Einzelausfällen von Zügen und auch mit Ausfällen ganzer Zwischentakte auf einigen Linien der Stuttgarter S-Bahn musste man schon längere Zeit umgehen. Als Gründe wurden genannt: Hoher Krankenstand bei den Triebfahrzeugführern, von denen man schon seit Jahren zu wenige hat und die man jetzt zügig auf die neue Leit- und Sicherungstechnik ETCS vorbereiten muss, daneben ausfallende Fahrzeuge, die man ebenso zügig auf ETCS aufrüsten muss.

Pünktlichkeitsentwicklung 2013-2023Parallel zu all diesem ist die Pünktlichkeit der S-Bahnzüge – nach einer kurzen Erholung während der Pandemiephase – kontinuierlich gefallen, um sich aktuell auf unbefriedigend niedrigem Niveau anscheinend zu stabilisieren. So ist mittlerweile selbst die 6-Minuten-Pünktlichkeit unter den Zielwert der 3-Minuten-Pünktlichkeit (94,5%) gefallen.

 

Die eigentlich logische Folge ist, dass derartige Ausfälle und Einschränkungen – wenn auch mit Verzögerung — auf den Fahrplan durchschlagen: So soll ab Dezember 2023 der 15-Minutentakt werktags nur noch bis 19:00 Uhr gelten, samstags soll es mit Ausnahme der S6 / S60 überhaupt keinen 15-Minutentakt mehr geben, Teckbahn und Schusterbahn sowie die S62 will man an andere Verkehrsunternehmen übergeben.

Gefühlt ist man mit der Stuttgarter S-Bahn derzeit auf einer Talsohle angekommen, und ehrlicherweise wissen wir nicht, ob sie womöglich noch tiefer wird. Auf dieser Fahrplan-Talsohle müssen wir laut Ankündigung – mindestens ein Jahr ausharren.

Einiges spricht dafür, dass dieses eine Jahr nicht reichen wird. 2024, 2025 und mindestens erstes Halbjahr 2026 werden durch eine Doppelbelastung gekennzeichnet sein.
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Was die Fahrgäste nach der Stammstreckensperrung 2023 erwartet …

Eine hervorragende Zusammenfassung von Peter Schwarz vom Zeitungsverlag Waiblingen.

Der Zeitungsverlag Waiblingen erteilte unserem Portal freundlicherweise die Genehmigung zur Veröffentlichung des Artikels.


Bahn-Baustellen belasten Pendler: Enorm wichtige Strecke Aalen-Stuttgart gleich dreifach betroffen

https://www.zvw.de/rems-murr-kreis/bahn-baustellen-belasten-pendler-enorm-wichtige-strecke-aalen-stuttgart-gleich-dreifach-betroffen_arid-698800

Von Peter Schwarz (Zeitungsverlag Waiblingen, zvw.de)

Die Deutsche Bahn (DB) hat für die Baustellenzeit im September den nächsten Notplan vorgelegt: Bahnreisende müssen weitere Einschränkungen schlucken. Aber damit ist die Malaise nicht vorbei: Auch zwischen Oktober und Februar stehen Arbeiten an. Was kommt auf uns zu? Die Analyse.

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Ende der Streckensperrung zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt

In der Nacht zum Samstag, den 29.07.2023 soll die 11-wöchige Streckensperrung für den Schienenverkehr laut DB AG zwischen den Bahnhöfen Waiblingen und Bad Cannstatt zu Ende sein. Danach schließt sich unmittelbar die Stammstreckensperrung 2023 an. Das heißt für die S-Bahn weiterhin: nur 30 min Takt, auch in den Hauptverkehrszeiten.

Wir haben bewusst darauf verzichtet, während der Streckensperrung Beiträge oder Kommentare zu veröffentlichen, obwohl uns manches unter den Nägeln brannte. Hier hat insbesondere der Zeitungsverlag Waiblingen immer wieder kritisch von den negativen Beobachtungen der Reisenden berichtet.

Der Hammer: der VVS hat bereits am Mi, 26.7. bei einer Störung der Stadtbahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Fellbach empfohlen, in Fellbach auf die S2 oder S3 umzusteigen. Leider fuhren die S-Bahnen während der Zeit der Streckenvollsperrung zwischen Waiblingen überhaupt nicht und solche womöglich automatischen Textbausteine aus ‚Normalzeiten‘ sollten im Interesse einer zuverlässigen Information der Fahrgäste unbedingt vermieden werden.

Ein Reisendenlenker hat mir gestern ein ‚Herzchen‘ der S-Bahn-Stuttgart resp. der DB überreicht, mit dem sich die S-Bahn bei allen bedankt. Weiterlesen

Faschingscherz der Bürgeraktion ‚Unsere Schwarzwaldbahn‘ zum Fehlstart der S62

Der  misslungene Start der Verstärkerlinie S62 zwischen Weil der Stadt und Zuffenhausen hat die Aktivisten der Bürgeraktion ‚Unsere Schwarzwaldbahn‘ (B.A.U.S.) zu einem Faschingsscherz inspiriert, diesen Fehlstart mit dem Vorschlag eines S62-Schienenersatzverkehrs zu Fuß satirisch aufs Korn zu nehmen. Und ganz mit Bezug zu den aktuell häufigen Verspätungen und Störungen bei der S-Bahn kam auch der Faschingsscherz um eine Woche später, und leider sind auch wir mit dessen Veröffentlichung auf unserer Internetseite ziemlich spät dran..  

SEV zu Fuß

SEV zu Fuß – © B.A.U.S. 2023

Die groß angekündigte sogenannte „Express“-S-Bahn S62 gibt auch reichlich Anlass zu humorvoller Spitzfindigkeit, nachdem sie nur wenige Tage, also hauptsächlich gar nicht gefahren war. Da sahen sich die Aktivisten der B.A.U.S. wohl regelrecht zu einer Reaktion genötigt, da sie ja bekanntermaßen keine Freunde der Stuttgarter S-Bahn sind, wenn diese ihren Weg über Weil der Stadt hinaus bis nach Calw ZOB nehmen sollte. Weiterlesen

Pfaffensteigtunnel — wirklich ein Grund zur Freude für die S-Bahn?

Ein Rückblick in die Historie zeigt, dass die S21-Planung auf den Fildern zunächst eine ziemlich mickrige Lösung vorsah: die S-Bahn sollte sich im Flughafen-Terminalbahnhof für beide Richtungen mit einem Gleis begnügen und das heutige zweite Gleis an die Gäubahnzüge abgeben. Auch eine im Jahr 2015 gefundene Kompromisslösung „Drittes Gleis“ bekam in mehreren Gutachten bescheinigt, dass der Mischverkehr von S-Bahn-, Regional- und Fernzügen zwischen Rohr und Flughafen zu Problemen führen würde.

Vor etwa zwei Jahren wurde für die zukünftige Führung der Gäubahn zwischen Böblingen und Flughafen ein ca. 12 Kilometer langer Tunnel ins Gespräch gebracht – heute unter dem Begriff Pfaffensteigtunnel geführt, benannt nach dem Gewann, nahe dem der Tunnel bei Böblingen-Mönchsbrunnen von der Gäubahnstrecke abzweigen würde. Darauf gab es in den Gemeinden an der S-Bahnstrecke Rohr – Flughafen ein geradezu hörbares Aufatmen. Denn so müsste die S-Bahn auf den Fildern sich nicht die Gleise mit den Regional- und Fernzügen der Gäubahn teilen, und die Anwohner hätten keinen zusätzlichen Schienenlärm durchfahrender Züge zu ertragen.

Plan Pfaffensteigtunnel

aktuelle Planung des Pfaffensteigtunnels (c) DB Engineering & Consulting

Allerdings sind Zweifel anzumelden, ob der Pfaffensteigtunnel tatsächlich die „rettende Idee“ ist und die S-Bahn von den Restriktionen und Engpässen der bisherigen Planung verschont. Weiterlesen

Was wo klemmen wird – Übersicht über sperrungsreiche Monate

In der Sitzung des Verkehrsausschusses der Region Stuttgart vom 15.03.2023 standen neben anderen interessanten Themen die geplanten Sperrungen aufgrund der Installation der Leit- und Sicherungstechnik des digitalen Knotens Stuttgart im BrennpunktKlicken für Folienvortrag der DB. Darüber berichteten neben Rüdiger Weiß von der DB Netz auch Olaf Drescher von der Projektgesellschaft Stuttgart Ulm (DB PSU), die das Sperrkonzept gegen viel Kritik aller Regionalratsfraktionen verteidigen mussten.

In mehreren unmittelbar oder mit nur kurzem Abstand aufeinanderfolgenden Phasen sollen diverse Zulaufstrecken nach Stuttgart teilweise oder komplett gesperrt werden. Besonders betroffen werden ab 21. April zunächst die Achsen nach Waiblingen und Esslingen sein. Über die Bauphasen bis zum Ende der Sommerferien wollen wir hier einen Einblick geben. Nach den Sommerferien soll sich der Schwerpunkt der Bauarbeiten mit Behinderungen und Sperrungen auf den Bereich zwischen S-Vaihingen und Filderstadt sowie Böblingen richten, wodurch auch hier große Auswirkungen auf den Betrieb zu erwarten sind.

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Der Offenbarungseid der DB – Vollsperrung der Rems- und Murrbahn für 4 Wochen

Darf das wirklich wahr sein, eine Vollsperrung der gesamten Bahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen vom 12.5. bis 9.6. also für die Dauer von 4 Wochen? Also bereits in gut fünf Wochen, ohne dass ein konkreter Sperrfahrplan vorliegt und man sich infolgedessen über einen Ersatzverkehr noch gar nicht verständigt haben kann. Dass danach bis zum 29.7. nur noch Teilsperrungen erforderlich sind, beruhigt nicht wirklich.

Gleissperrung

Gleissperrung ©2023 S-Bahn-Chaos

Und für das Spätjahr 2023 sind vergleichbare Sperrungen auch für den Bereich Vaihingen – Böblingen / Flughafen angekündigt. Hierzu werden wir in nächster Zeit einen weiteren Beitrag veröffentlichen, aber uns in diesem Beitrag zunächst nur auf den Raum Bad Cannstatt – Waiblingen konzentrieren.

Hat man etwa erst jetzt bemerkt, dass digitale Stellwerke auch verkabelt werden müssen? Oder geht es in Wirklichkeit nur um die Erneuerung der in die Jahre gekommenen konventionellen Signalisierung? De facto scheint man unverständlicherweise ausgeblendet zu haben, dass die Ausrüstung des Fahrzeugmaterials mit ETCS/ATO auf offenbar so kritischem Weg ist und ernstlich länger dauern wird, sodass man auch nach Dezember 2025 auf konventionelle Signaltechnik nicht verzichten kann. Jetzt besteht der Zugzwang, hunderte Kilometer Kabel für die konventionelle Technik verlegen zu müssen. Anscheinend will man das jetzt — ohne Rücksicht auf Verluste? – über die Bühne peitschen.

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